Kinderpornografie im Internet - Bilanz drei Jahre nach der ersten landesweiten Operation
(ots)Bern, 01.09.2005. Mit der Auslösung der Operation Genesis im September 2002 erhielt die Strafverfolgung der Kinderpornografie im Internet eine neue Dimension. Drei Jahre danach sind die Fälle in den Kantonen grösstenteils erstinstanzlich abgeschlossen. Die Operation brachte zudem wichtige Erkenntnisse für die Arbeit von Polizei und Justiz, welche inzwischen umgesetzt sind und angewendet werden. Punktuelle Gesetzesrevisionen sind noch in Arbeit.
Bei der Operation Genesis waren 1092 Hausdurchsuchungen durchgeführt worden. Gegen 2000 Computer, 35'000 Datenträger und 14'000 Videos wurden sichergestellt und mussten in der Folge ausgewertet werden. Insgesamt ergingen in den Kantonen in erster Instanz 198 Urteile mit bedingter Freiheitsstrafe und 226 Bussenentscheide. Die Freiheitsstrafen reichen bis zu acht Monaten, die Bussen bis zu einem Betrag von 25'000 Franken. Zudem wurde den Verurteilten in vielen Fällen Verfahrenskosten in der Höhe von mehreren Tausend Franken auferlegt. In einzelnen Kantonen wurden die beschlagnahmten Computersysteme eingezogen und verkauft; der Erlös ging zum Beispiel an die Organisation «Kinderschutz Schweiz». In vielen Fällen wurden auch psychotherapeutische Behandlungen oder Schutzaufsicht angeordnet.
Von den 893 vorliegenden Strafentscheiden führten mithin rund 47 Prozent zu einer Verurteilung in erster Instanz. 53 Prozent der bisher erledigten Verfahren wurden eingestellt. Hauptgrund für die 469 Einstellungen war fehlendes Beweismaterial für den strafbaren Besitz von Kinderpornografie, wobei in vielen Fällen ersichtlich wurde, dass sich illegales Material in den temporären Files befand, was auf Grund der damaligen Rechtsprechung indes nicht als Besitz gewertet wurde. Die Erfahrungen, welche bei der Operation Genesis auf polizeilich- operationeller Ebene gemacht wurden, sind von einer Arbeitsgruppe aller Beteiligten unter der Leitung der Bundeskriminalpolizei (BKP) systematisch ausgewertet worden. Die entsprechenden Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen konnten im September 2004, nach verschiedenen kleineren Aktionen, bei einer weiteren nationalen Operation namens Falcon ein erstes Mal praktisch erprobt werden. Dabei zeigte sich, dass die getroffenen Massnahmen griffen.
Im Rahmen von Falcon wurden schweizweit rund 400 Verdächtigte überprüft. Bisher liegen 200 erstinstanzliche Strafentscheide zu Falcon vor. In 68 Prozent dieser Fälle erfolgten Verurteilungen: 67 bedingte Freiheitsstrafen von bis zu drei Monaten und 70 Bussen von bis zu 18'000 Franken. 63 Verfahren wurden eingestellt.
Die Art und Weise des für Falcon vereinbarten, eng koordinierten gemeinsamen Vorgehens von Bund und Kantonen hat sich bewährt und dient denn auch künftig als Muster für weitere ähnliche Operationen. Wichtigste Punkte dabei:
Vorbereitung: Dank dem Ende 2003 gebildeten Kommissariat Pädophilie, Menschenhandel und Menschenschmuggel (PMM) kann die BKP, gemeinsam mit den Spezialisten der Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (KOBIK), in der Vorbereitungsphase wichtige Vorarbeit zugunsten der Kantone leisten. Zeitliche Koordination: Die Polizeiaktion mit den beteiligten Kantonen findet in einem abgestimmten, möglichst engen Zeitfenster statt. Standardisierung: Die Informationserhebung während der Operation und damit die Auswertung nach der Operation erfolgt nach einheitlichen Kriterien.
Neben diesen polizeilich-operationellen Verbesserungen sind auch Anpassungen des Rechts geplant. So soll die strafrechtliche Verantwortung der Provider speziell geregelt werden, Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalpolizei sollen frühzeitig erste dringend erforderliche Ermittlungen durchführen können, namentlich zur zentralen Erhebung von Informationen. Die Vernehmlassung zu den entsprechenden Vorschlägen wird zurzeit ausgewertet.
Insgesamt haben in den letzten drei Jahren koordinierte Polizeiaktionen gegen Kinderpornografie zur Überprüfung von über 1'550 Verdächtigten geführt. Das Kommissariat PMM der BKP verzeichnet jährlich rund 700 Geschäftseingänge betreffend Kinderpornografie.
Weitere Auskünfte: Guido Balmer, Mediendienst fedpol, Tel. 031 / 324 13 91
Notiz an die Redaktionen: Am Donnerstag, 08.09.05, orientiert die Fachstelle «Schweizerische Kriminalprävention» an einer Pressekonferenz um 10 Uhr im Hotel Allegro in Bern über den Start einer nationalen Präventionskampagne gegen Kinderpornografie im Internet.