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Eidg. Steuerverwaltung ESTV

Expertenbericht zur rechtsformneutralen Unternehmensbesteuerung

Bern (ots)

Die vom Vorsteher des EFD im Januar 2000 eingesetzte
Expertenkommission "rechtsformneutrale Unternehmensbesteuerung" (ERU)
hat ihren Bericht abgeliefert. Gestützt auf einen umfassenden
Vergleich der Steuer- und Abgabebelastung von Kapitalgesellschaften
und Personenunternehmungen schlägt die Kommission eine tiefgreifende
Umgestaltung des schweizerischen Unternehmenssteuerrechts vor. Das
EFD wird nun die Vorschläge zusammen mit den Kantonen vertieft
prüfen. Eine vollständige Umsetzung ist wegen möglicher grosser
Ausfälle bei den AHV- Beiträgen kaum realisierbar. Hingegen kann die
Umsetzung gewichtiger Einzelvorschläge die Struktur der
Unternehmensbesteuerung signifikant verbessern.
Verschiedene politische Vorstösse, namentlich zur wirtschaftlichen
Doppelbelastung Aktiengesellschaft/Aktionär und zur Besteuerung von
Gewinnen bei der Uebergabe von Personenunternehmen veranlassten den
Chef des Eidg. Finanzdepartementes, Herrn Bundesrat Kaspar Villiger,
Anfangs letzten Jahres die Expertenkommission ERU unter der Leitung
von Herrn Prof. Xavier Oberson von der Universität Genf einzusetzen.
Die elfköpfige Expertenkommission setzte sich zusammen aus Vertretern
der Wissenschaft, der Privatwirtschaft, der Kantone und der
Eidgenössischen Steuerverwaltung.
Die ERU erhielt den Auftrag, das gesamte schweizerische
Unternehmenssteuerrecht umfassend zu überprüfen. Besondere Beachtung
sollte sie der wirtschaftlichen Doppelbelastung schenken. Die
Kommission hatte Lösungsvorschläge für eine rechtsformneutrale
Besteuerung der Einkünfte aus Unternehmungen zu erarbeiten und dabei
besonders die kleinen und mittleren Unternehmen zu berücksichtigen.
Die Kommission erarbeitete zunächst einen Vergleich der gesamten
Steuer- und Abgabebelastung von körperschaftlich organisierten
Unternehmen und ihrer Beteiligten einerseits und der Inhaber von
Personenunternehmen andererseits. Anschliessend wurde im Rahmen einer
rechtsvergleichenden Studie die Situation im Ausland und insbesondere
in unseren Nachbarstaaten und in den USA untersucht.
Die Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung und die
steuerliche Gleichbehandlung von Ausschüttungen einerseits und
Gewinnen aus der Veräusserung von massgeblichen Beteiligungen an
einer Kapitalgesellschaft andererseits stellte einen Schwerpunkt der
Arbeiten der ERU dar. Ein anderer Schwerpunkt lag in der Erarbeitung
des Konzepts für eine schweizerische Unternehmenssteuer, die -
unabhängig von der gewählten Rechtsform - das Unternehmen selber
belastet und damit insbesondere die unterschiedliche steuerliche
Behandlung der reinvestierten Gewinne aufhebt. Ein weiterer Teil der
Arbeiten war der rechtsformneutralen Förderung des Risikokapitals
gewidmet.
Vorschläge der Kommission
Die Expertenkommission ERU empfiehlt die folgenden wichtigsten
Massnahmen im Hinblick auf eine rechtsformneutrale
Unternehmensbesteuerung:
  • die Einführung einer Unternehmenssteuer zu einem proportionalen, festen Satz, verbunden mit einem "Teileinkünfteverfahren", d.h. einer teilweisen, z.B 60-prozentigen, Besteuerung der Erträge aus Beteiligung und der Gewinne aus Veräusserung von massgeblichen Beteiligungen;
  • der Unternehmenssteuer sollen zunächst die Kapitalgesellschaften und Genossenschaften, sowie diejenigen Personenunternehmungen unterstellt werden, die eine gewisse Grösse aufweisen. Weiter wird empfohlen, den kleineren Personenunternehmen ein Optionsrecht für die Unternehmenssteuer zu gewähren. Für kleine Kapitalgesellschaften soll zudem ein umgekehrtes Optionsrecht, d.h. für den Verzicht auf die Unterstellung unter die Unternehmenssteuer, geprüft werden;
  • als massgeblich sollen solche Beteiligungen gelten, die mindestens 5 Prozent des Kapitals oder des Vermögens einer der Unternehmssteuer unterliegenden Unternehmung und einen Wert von mindestens 100'000 Franken aufweisen;
  • die Kapitalsteuer der Kantone sollte aufgehoben werden;
  • die Steuerfreiheit der Kapitalgewinne auf nicht massgeblichen Beteiligungen soll beibehalten werden;
  • die kantonalen Vermögensteuern auf massgeblichen Beteiligungen sollten abgeschafft werden.
Mit der Einführung der vorgeschlagenen Massnahmen fänden die
Theorie der indirekten Teilliquidation und die Transponierungstheorie
sowie die von der Rechtsprechung entwickelten Regeln zum
gewerbsmässigen Wertschiftenhandel grundsätzlich keine Anwendung
mehr. Allerdings drängten sich gewisse übergangsrechtliche
Vorschriften auf.
Flankierende Massnahmen würden namentlich im Bereich des
Sozialversicherungsrechts notwendig, insbesondere im Zusammenhang mit
der vorgeschlagenen Einführung einer Unternehmenssteuer. Diese
Problematik kann jedoch nur in enger Zusammenarbeit zwischen Steuer-
und Sozialversicherungsbehörden angegangen werden.
Weiteres Vorgehen
Der ERU-Bericht wird nun im EFD unter der Leitung der Eidg.
Steuerverwaltung analysiert werden. Die Analyse erfolgt in enger
Zusammenarbeit mit den Kantonen, deren Steuern durch die
vorgeschlagenen Aenderungen stark betroffen wären.
Eine erste Durchsicht des Berichts zeigt, dass es sehr gut
gelungen ist, einen Gesamtüberblick über die wesentlichen Aspekte des
Unternehmenssteuerrechts zu schaffen, und dass die Stossrichtungen
einleuchten. Die Umsetzung aller Empfehlungen der ERU müsste jedoch
im Rahmen einer umfassenden Unternehmenssteuerreform geschehen.
Gerade bei der Besteuerung der Personengesellschaften sind aber
wichtige Fragen, insbesondere im Zusammenhang mit den
Sozialversicherungsbeiträgen, noch ungelöst. Das EFD und der
Bundesrat werden erst nach erfolgter Analyse und in Kenntnis der
Beurteilung durch die Kantone zu den Empfehlungen der ERU und zum
Ausmass einer Umsetzung der Vorschläge Stellung nehmen können.
Bereits heute ist jedoch klar festzuhalten, dass solche
Reformvorschläge keine Realisationschance haben, welche eine
merkliche Reduktion der AHV-Einnahmen zur Folge hätten.
Andere zentrale Aspekte der ERU-Empfehlungenzur Förderung des
Risikokapitals und zur Verbesserung von Strukturmängeln, wie etwa die
Beseitigung der wirtschaftlichen Doppelbelastung von
Aktiengesellschaft und Aktionär, die Unternehmensnachfolge sowie die
steuerliche Behandlung von Beteiligungsgewinnen, dürften dagegen
rasch und kostenneutral realisierbar sein. Der Bundesrat wird diese
Aspekte im Sinne erster Strukturverbesserungen voraussichtlich in
diesem Herbst diskutieren.

Kontakt:

Angelo Digeronimo, Tel. +41 31 322 71 58
Arthur Gross, Tel. +41 31 323 89 76
Hans-Jürg Neuhaus, +41 31 322 74 21
Eidg. Steuerverwaltung

Der vollständige Bericht der ERU (inkl. allen Anhängen und
Berechnungen) ist auf der Website der Eidg. Steuerverwaltung
http://www.estv.admin.ch abrufbar.

Eidgenössisches Finanzdepartement EFD
Kommunikation
CH-3003 Bern
Tel. +41 (0)31 322 60 33
Fax +41 (0)31 323 38 52
E-Mail: info@gs-efd.admin.ch
Internet: http://www.efd.admin.ch

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