FOCUS: Bernd Runge war kein Opfer, Bernd Runge war ein Täter - Nachrichtenmagazin hat in der Stasi-Affäre von Bernd Runge journalistisch sauber gearbeitet
München (ots)
Das Münchner Nachrichtenmagazin FOCUS weist in der Stasi-Affäre um Bernd Runge die Darstellung des Condé Nast-Managers entschieden zurück. Der Deutschland-Chef des US-Mediengiganten hatte sich am Montag in einem weitgestreuten Brief an FOCUS für seine jahrelange Arbeit für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR öffentlich zu rechtfertigen versucht. Das Nachrichtenmagazin zeigt nun auf, dass es in der Stasi-Affäre stets journalistisch sauber gearbeitet hat und hält folgende Fakten fest:
Auf unseren ausführlichen und mit unbestrittenen Dokumenten belegten Bericht über die früheren Spitzelaktivitäten des derzeitigen CondéNast-Geschäftsführers Bernd Runge hat dieser mit einem von ihm so genannten "Offenen Brief" reagiert. Dieser Offene Brief ist in Wahrheit das Gegenteil von offen, sondern ein dreister Versuch, Tatsachen zu verdunkeln, zu vernebeln und zu verschleiern.
Bernd Runge bestreitet zwar nicht seine Aktivität als IM (Inoffizieller Mitarbeiter) für das Ministerium für Staatssicherheit, versucht aber, durch einen Schwall von Behauptungen die Öffentlichkeit zu desinformieren, indem er bestreitet, was FOCUS gar nicht behauptet hat, in dem er Petitessen in den Vordergrund zu schieben versucht und die Recherchen von FOCUS-Redakteuren diskreditiert.
Geradezu peinlich ist, dass Runge über "Grundsätze eines demokratischen Journalismus" theoretisiert. Diese Pose ist völlig unglaubwürdig für einen Menschen, der unseren Beruf systematisch missbraucht hat, sich Berufskollegen, DDR-Opositionellen und Privatpersonen in der Maske des Journalisten genähert hat, um sie auszuspionieren und zu denunzieren.
Journalisten recherchieren und sammeln Informationen, um sie für ihre Leser zu veröffentlichen und nicht, um sie als Dossiers und Belastungsmaterial an Geheimdienste zu übergeben.
Energisch widersprochen werden muss auch Runges Versuch, seinen Spitzeljob zu verharmlosen mit der Bemerkung "jeder DDR-Angestellte unabhängig von Branche und Job" hätte Berichte anzufertigen. Mit diesem Satz will Bernd Runge seine IM-Tätigkeit quasi als Massenschicksal verharmlosen. Tatsächlich gehörte er zu den auserwählten im Unrechtssystem DDR, die sich als IM haben registrieren und immer wieder bezahlen lassen. Die Quittungen, die er mit seinem Tarnnamen "Olden" unterzeichnet hat, liegen FOCUS vor. Runge kann sich auch nicht als verführter Jugendlicher stilisieren. Zwar hat er schon als 20jähriger Student in Moskau laut MfS-Unterlagen "Personeneinschätzungen von Mitstundenten" geliefert, aber der "IM Olden" war 28 Jahre alt und nannte sich Diplom- Journalist, als er von Budapest aus gegen Geld Bekannte und Unbekannte ausschnüffelte.
Diesen Kernvorwurf bestreitet Runge nicht, versucht aber, davon abzulenken. Deshalb einige Anmerkungen.
Runge bestreitet in seinem Offenen Brief, dass er zum Reisebüro der DDR habe wechseln wollen, weil er sich von dieser Tätigkeit mehr versprach als von der beim ADN.
Dazu zitieren wir aus dem Treff-Bericht vom 02.12.1988. "Zum Treff erschien der IM pünktlich, die Unterhaltung wurde in einem Cafe im Burgviertel von Budapest durchgeführt".
"Zu 3. Der IM wiederholte nochmals die Bitte, mit den Genossen des MfS in Berlin zu sprechen und folgendes zur Kenntnis zu geben. Im Oktober 1988 hatte der IM mehrere Gespräche mit dem Generaldirektor des Reisebüros der DDR, Genosse Dannat, Horst. Bei den Unterhaltungen machte Genosse D. dem IM den Vorschlag, nach Beendigung seines Auslandseinsatzes im Jahre 1992/93 eine Tätigkeit im Reisebüro aufzunehmen. Der jetzige Pressechef des Reisebüros geht 1992 in Rente und da könnte der IM diese Stelle übernehmen".
"Meinung des IM: IM schätzt ein, dass evtl. diese Arbeit interessanter und abwechslungsreicher ist wie die beim ADN. Er wäre daran interessiert, diese Tätigkeit nach seinem Einsatz in Budapest aufzunehmen. Da diese Aufgabenstellung auch mit Reisen ins Ausland verbunden ist, könnte er sich vorstellen, diese Tätigkeit mit Aufgaben für das MfS zu verbinden. Er bittet die Genossen in Berlin, ihre Meinung zu diesem Problem mitzuteilen."
Nächster Punkt: FOCUS hat nicht geschrieben, Runge habe bei Einstellungsgesprächen oder anderen Gesprächen seine Herkunft oder seine SED-Mitgliedschaft geleugnet oder verheimlicht.
FOCUS hat geschrieben: "In seinem Lebenslauf für westliche Verleger unterschlug er die Spitzeltätigkeit." Am Montag hat sein früherer Chef Axel Ganz von Gruner und Jahr in der Süddeutschen Zeitung erklärt: "Ich habe ihn gefragt, ob er Mitglied in der Partei gewesen ist. Das hat er verneint". Darüber hinaus hat Runge in seinen schriftlichen Lebensläufen und auch auf Befragen auf seine Tätigkeit in den 80er Jahren am liebsten gar keine oder nur minimale Auskünfte gegeben.
Runge behauptet in seiner Erklärung auch falsch, FOCUS habe einen Zusammenhang suggerieren wollen zwischen seinem Abschied beim Jahreszeiten-Verlag und seiner Spitzeltätigkeit. Das ist falsch. Aus dem FOCUS-Text geht hervor, dass der Verleger Thomas Ganske sich von Runge fristlos getrennt hat, weil er sich in geschäftlichen Angelegenheiten von seinem Angestellten hintergangen fühlte.
Unwahr ist auch, dass es "zu keiner Zeit" ein Gesprächsangebot von FOCUS an Runge gegeben hatte. Im Gegenteil, FOCUS hat vielerlei Anstrengungen unternommen, um Runge die Chance zu einer Stellungnahme zu geben. Jan von Flocken hat zwei Fax-Schreiben an zwei verschiedene Verlagsadressen von Condé Nast geschickt, ohne eine Antwort zu erhalten. Andere FOCUS-Redakteure haben Condé Nast-Mitarbeiter telefonisch gebeten, ihren Geschäftsführer Bernd Runge dringend zu kontaktieren, da FOCUS mit ihm in einer wichtigen Angelegenheit sprechen wolle.
Jan von Flocken hat am Freitag gegen 18.45 Uhr auf Runges Funktelefon angerufen. Es meldete sich seine Ehefrau, die ja nach Aktenlage schon in den 80er Jahren in seine IM-Tätigkeit eingeweiht war. Nachdem Jan von Flocken sich als FOCUS-Mitarbeiter vorgestellt hatte, hörte er im Hintergrund ein auffälliges Getuschel. Danach behauptete die Ehefrau "ihr Mann sei gerade am anderen Telefon und könne nicht mit ihm reden". Seine Frage, wann denn ein Anruf passend sei, wurde mitten im Satz durch Abschalten des Telefons unterbrochen. Bei einem weiteren Anrufversuch - eine Minute später - war nur noch die Mailbox zu erreichen.
Unwahr ist auch die Behauptung Runges, FOCUS-Redakteure hätten versucht, seinen 16-jährigen Sohn über die Sprechanlage seines Privathauses "massiv unter Druck zu setzen". Richtig ist vielmehr, dass die FOCUS-Redakteure Frank Fleschner und Stefan Ruzas am Freitag gegen 19 Uhr zum Haus Runges fuhren, um ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Über die Sprechanlage meldete sich ein Mann, der sich auf Nachfrage als "Herr Runge" zweimal identifizierte, nachdem sich beide Redakteure mit Namen und als FOCUS-Mitarbeiter vorgestellt hatten. Sie schilderten den geplanten FOCUS-Bericht und baten um Beantwortung des mitgebrachten Fragenkatalogs. Daraufhin kam die Antwort: "Das kann ich leider nicht machen." Die Redakteure warfen daraufhin die Liste mit den Fragen in den Briefkasten Runges und wiesen Herrn Runge in diesem Zusammenhang nochmals auf die Möglichkeit zur Stellungnahme hin. Darauf kam erneut die Antwort: "Das kann ich leider nicht machen."
Alle diese Versuche belegen, wie intensiv FOCUS versucht hat, Runge zu Wort kommen zu lassen. Der Beitrag in FOCUS war auch zu dieser Zeit keineswegs - wie Runge faktenfrei spekuliert - schon fertig. Rungesche Äusserungen hätten noch die ganze Nacht berücksichtigt werden können, über die ihm genannten 21.00 Uhr hinaus. Der zuständige Redakteur hat bis 1.30 Uhr nachts an dem Thema gearbeitet und war zu erreichen unter den Nummern, die wir Runge angeboten haben.
Unsinn ist auch Runges Behauptung, es sei versucht worden, seine Schwester mit einem "überfallartigen Anruf zu schocken". Da die Schwester als Opfer ihres Bruders in den Akten immer wieder auftaucht, war es journalistische Pflicht, sie zu fragen, ob sie von der Überwachung durch den Bruder etwas gewusst hat oder nicht.
Jan von Flocken hat sie deshalb nach einer längeren höflichen Vorrede am Telefon gefragt, ob sie sich noch an die Umstände ihrer Ausreise und an die Rolle ihres Bruders im Zusammenhang mit dem MfS erinnern könne. Auf diese Frage erklärte sie: "Ich sage kein Wort dazu." Dieser Satz steht im FOCUS-Bericht.
Weil Runge in seinem so genannten Offenen Brief über seinen Führungsoffizier lästert und ihm "Gedächtnisschwund" unterstellt, muss noch darauf hingewiesen werden, dass IM Runge und sein Stasi-Oberst über die professionelle Zusammenarbeit hinaus einen herzlichen und persönlichen Kontakt gepflegt haben. Geheimdienst-Experten schliessen dies aus der ungewöhnlichen Tatsache, dass einzelne Treffs zum Zweck der Übergabe der Informationen gegen alle Regeln sogar in Runges Wohnung stattgefunden haben.
Alle Recherchen und alle Fakten belegen zweifelsfrei: Bernd Runge war kein Opfer, Bernd Runge war ein Täter.
Kontakt Uwe Barfknecht Pressesprecher FOCUS Magazin Verlag GmbH Arabellastrasse 23 D-81925 München
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