Patentrecht: Interpharma für nationale Erschöpfung mit klarer Missbrauchsregel
Basel (ots)
Die forschenden Pharmafirmen begrüssen die Haltung des Bundesrates, an der nationalen Erschöpfung im Patentrecht festzuhalten. Für die Schweiz, ein Land ohne Rohstoffe, ist ein starker Innovationsschutz im internationalen Wettbewerb der Standorte überlebensnotwendig. Allerdings darf der Patentschutz nach Ansicht der Interpharma nicht zur missbräuchlichen Marktabschottung verwendet werden.
Nationale Erschöpfung gewährleistet Wettbewerbsfähigkeit
Die Pharmaindustrie ist direkt und indirekt für 101 000 Arbeitsplätze in der Schweiz verantwortlich. Die Schweizer Pharmafirmen investierten in der Schweiz im vergangenen Jahr 4.4 Milliarden Franken für Forschung und Entwicklung, rund sechsmal so viel wie sie in ihrem Heimmarkt umsetzten.
In ihrer dynamischen Entwicklung als Pharmastandort unterscheidet sich die Schweiz vom übrigen Europa. Ein starker Schutz des geistigen Eigentums ist für die starke Position der Schweiz im internationalen Standortwettbewerb von entscheidender Bedeutung.
In der Vernehmlassungsantwort zur Regelung der Erschöpfung im Patentrecht unterstützt die Interpharma deshalb die Beibehaltung der nationalen Erschöpfung ohne Ausnahmen. Ausser in einigen Ländern Südamerikas und Asiens ist sie weltweit Standard.
Doppelschutzregelung gegen Missbräuche
Die Pharmaindustrie hat kein Interesse daran, dass der Patentschutz missbräuchlich zur Marktabschottung genutzt wird. Sie tritt deshalb gegen den Missbrauch des Patentrechts durch den sogenannten Doppelschutz ein und unterstützt die bereits gutgeheissene Missbrauchsregelung. Demnach kann der Patentschutz nur geltend gemacht werden, wenn die patentierte Eigenschaft für das Produkt wesentlich ist. Das Prozessrisiko liegt aus Sicht der Interpharma beim Hersteller und nicht beim Importeur; unter der Doppelschutzklausel muss er glaubwürdig nachweisen, dass das von ihm beanspruchte Patent für sein (Marken)produkt wesentlich ist.
Die Interpharma ist der Meinung, dass die Missbrauchsregelung in ihrer Bedeutung noch unterschätzt wird. Gegebenenfalls wäre zu prüfen, wie die Klausel noch konkreter ausgestaltet werden könnte, damit sie bei den vom Detailhandel monierten Problemfällen im Markenbereich besser greift.
Sondersituation Pharma
In ihrer Stellungnahme zur Erschöpfungsfrage weist der Verband der forschenden pharmazeutischen Industrie auf die spezielle Situation im Pharmamarkt hin. Weil der Medikamentenpreis in der Schweiz wie in den meisten Ländern staatlich reguliert ist, führen Parallelimporte nicht zu einem Wettbewerb der Preise, sondern zu einem Wettbewerb der staatlichen Regulierungen. Es ist empirisch belegt, dass die Gesundheitssysteme und die Patienten in der Europäischen Union kaum von Parallelimporten profitieren, weil der grösste Teil der Preisdifferenz zwischen Ursprungs- und Zielland bei den Zwischenhändlern versickert.
Regionale Erschöpfung ist kein gangbarer Weg
Die regionale Erschöpfung ist für die Pharmaindustrie kein gangbarer Weg. Weil die Schweiz nicht Mitglied der Europäischen Union ist, kann die regionale Erschöpfung nur auf der Basis der Gegenseitigkeit eingeführt werden. Solche Verhandlungen würden konsequenterweise auch zu einem Systemwechsel von der internationalen zur regionalen Erschöpfung im Marken- und Urheberrecht führen. Zudem ist festzuhalten, dass innerhalb der EU namentlich die Parallelimporte von Medikamenten zunehmend kritisch beurteilt werden.
Internationale Erschöpfung setzt falsche Signale
Die forschende pharmazeutische Industrie lehnt die Einführung der internationalen Erschöpfung klar ab. Sie würde als Signal interpretiert, dass der politische Wille in Schweiz fehlt, Innovationen angemessen zu schützen. Mit der internationalen Erschöpfung würde die Schweiz ihr Patentrecht nicht länger an den weltweit führenden Industrienationen orientieren, sondern an Entwicklungsländer wie Bolivien, Ecuador oder Indonesien angleichen. Hinzu kommt, dass mit der Einführung der internationalen Erschöpfung die Gefahr von Fälschungen zunimmt; Parallelimporte sind immer Graumarktimporte, weil sowohl die Beschaffung als auch die Distribution an den offiziellen Handelskanälen vorbei erfolgt.
Kontakt:
Thomas Cueni
Generalsekretär Interpharma
Tel.: +41/79/322'58'17