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Schweizerisches Rotes Kreuz / Croix-Rouge Suisse

Rotkreuz-Symposium: «Am Rande des Nervenzusammenbruchs - Risiken und mögliche Auswege für Eltern unter Druck»

Bern (ots)

Elternsein ist ein Risikoberuf. Vor allem wegen dem
Stress, der damit verbunden ist. Diesem Thema widmete sich am 
Mittwoch, 17. November das Rotkreuz-Symposium «Am Rande des 
Nervenzusammenbruchs»: Expertinnen und Experten analysierten die 
Gründe für diesen Stress und die damit verbundenen Risiken, vor allem
für die Gesundheit der Familie, und zeigten Präventionsmassnahmen und
mögliche Auswege auf.
Die Dienste für Kinderbetreuung zu Hause der 
Rotkreuz-Kantonalverbände werden zunehmend von Eltern in Anspruch 
genommen, die mit ihren Kräften am Ende sind (62% der jährlich 70 000
Einsatzstunden). Um der immer häufigeren elterlichen Erschöpfung zu 
begegnen, hat das Schweizerische Rote Kreuz 2010 die Aktion 
«Verschnaufpause» lanciert: Sie ermöglicht Müttern und Vätern, ein 
paar Stunden lang aufzutanken, während sich die Kinderbetreuung des 
Roten Kreuzes zu einem symbolischen Preis um den Nachwuchs kümmert. 
Der Druck, der auf Eltern lastet, wurde am Mittwoch, 17. November 
auch an einem Rotkreuz-Symposium thematisiert. Über 220 Personen 
besuchten diese Tagung in Bern, die von Annemarie Huber-Hotz, der 
Vizepräsidenten des SRK, eröffnet wurde.
(Un)ausgeglichene Work-Life-Balance
Welche Faktoren lösen bei Müttern und Vätern Stress aus? 
Elternsein ist eine anspruchsvolle Aufgabe, bei der aus verschiedenen
Gründen Druck entstehen kann: tägliche Herausforderungen, auftretende
Konflikte, Komplexität der Erziehungsaufgaben, Krankheit eines 
Familienmitglieds, die grosse Zahl von Kindern, die prekäre 
Einkommenssituation, mangelnde Unterstützung und Anerkennung oder 
auch eine perfektionistische Haltung. In einem Punkt sind sich die 
Fachleute jedoch einig: Ganz weit oben auf dieser Liste steht die 
Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienleben. Über ein Drittel der 
Erwerbstätigen in unserem Land gibt an, es sei schwierig, Beruf und 
Familie unter einen Hut zu bringen, wie Olivier Hämmig vom Institut 
für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich betonte. Die 
Zahl der Kinder, der Grad der Autonomie am Arbeitsplatz sowie das 
Arbeitsvolumen erhöhen das Risiko, dass die Work-Life-Balance aus dem
Lot gerät.
Derartige Rollenkonflikte wirken sich negativ auf die Gesundheit und 
auf das Wohlbefinden aus: Eltern, bei denen Arbeits- und Privatleben 
nicht im Einklang stehen, leiden vermehrt an Schlaflosigkeit, 
Erschöpfungssymptomen oder Rückenschmerzen. Doch diese Konflikte 
haben auch negative Folgen für die Wirtschaft, da am Arbeitsplatz 
häufiger Absenzen auftreten. Gemäss Olivier Hämmig wäre eine 
ausgeglichene Work-Life-Balance des Personals auch im Interesse der 
Unternehmen. Sie sollten deshalb entsprechende Massnahmen treffen, 
zum Beispiel flexiblere Arbeitszeiten oder Arbeitsorte.
Ausbaden müssen es die Kinder
Stress gefährdet die Gesundheit der Eltern, hat aber auch Folgen 
für die Kinder. Mütter und Väter, die unter Druck stehen, können 
ausrasten, ihre Kinder anschreien, bestrafen, beschimpfen oder sie 
gar schlagen. In der Schweiz werden jedes Jahr 1700 Kinder unter 2,5 
Jahren mit einem Gegenstand geschlagen, wie Yves Hänggi, Psychologe 
am Institut für Familienforschung und -beratung der Universität 
Freiburg, hervorhob. Als Erklärung geben die Eltern nicht nur an, das
Kind habe nicht gehorcht, sondern auch, sie hätten sich gereizt und 
angespannt gefühlt. Bei der Erziehung ihrer Kinder stehen Mütter und 
Väter von verschiedenen Seiten unter Druck. Dieser Druck, der von der
Gesellschaft, den Medien, der Schule und dem direkten Umfeld ausgeübt
wird, wirkt sich erheblich darauf aus, ob Eltern mit ihrer Rolle 
klarkommen oder nicht.
Stress in der Familie lässt sich nicht vollständig vermeiden. Doch 
damit daraus kein gravierendes Problem entsteht, müssen ihn Eltern 
möglichst früh erkennen und bestehende Angebote in Anspruch nehmen: 
Betreuungsdienste, Horte, Online-Programme für Stressmanagement, 
Schulungen, Coaching usw.
Unter starkem Druck
Junge Mütter stehen unter besonders hohem Stress, vor allem bei 
ihrem ersten Kind. 60 bis 80% der Wöchnerinnen leiden am Baby-Blues 
(der sich auch auf die Männer auswirkt). 10 bis 15% der Mütter 
erkranken gar an einer postnatalen Depression. Maria Hofecker, 
Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, wies darauf hin, dass 
dieses psychische Leiden oft bagatellisiert werde. Obwohl genetische 
Faktoren und die hormonellen Veränderungen eine Rolle spielten, dürfe
auch der Einfluss von psychologischen Faktoren nicht vernachlässigt 
werden. Oft stellten Frauen hohe Anforderungen an sich selbst und 
neigten dazu, ihre Gefühle zu unterdrücken.
Umsorgte Wöchnerinnen
Um dem Stress nach der Geburt vorzubeugen, empfiehlt Elisabeth 
Kurth, Hebamme und Dozentin an der Zürcher Hochschule für angewandte 
Wissenschaften und an der Universität Basel, gesunde Mütter und ihre 
Säuglinge besser zu betreuen. Früher galt eine faule Wöchnerin als 
Segen für die Familie. Heute muss eine Frau nach der Geburt möglichst
rasch zu ihren Aufgaben zurückkehren. Zudem wird erwartet, dass sie 
glücklich ist. In einem Forschungsprojekt der Universität Basel 
sprachen sich die befragten Mütter für eine Begleitung aus, die ihnen
hilft, mit der Pflege ihres Kindes vertraut zu werden. Zudem haben 
internationale Studien gezeigt, dass eine nachgeburtliche Betreuung 
durch Fachpersonen zu Hause das Auftreten von Depressionssymptomen 
deutlich verringert.
Erschöpfung und elterlicher Stress sind keine Randerscheinung, und
es lässt sich kein typisches Profil der Eltern zeichnen, die davon 
betroffen sind. Jede Mutter und jeder Vater kann sich eines Tages in 
einer Stresssituation wiederfinden, die sie überfordert. Valérie 
Ugolini, Projektkoordinatorin der Kinderbetreuung zu Hause des Roten 
Kreuzes, bedauerte, dass den Schwierigkeiten, die mit der 
Verantwortung des Elternseins verbunden sind, zu oft keine Beachtung 
geschenkt wird, da sie als unvermeidlich gelten. Sie rief zu mehr 
Anerkennung für den «Elternberuf» auf.
Das Programm des Symposiums und die Referate können im Internet 
abgerufen werden: 
http://www.redcross.ch/info/dossier/dossier-de.php?dossier_id=43

Kontakt:

Weitere Informationen:

Valérie Ugolini, Projektkoordinatorin Kinderbetreuung zu Hause,
Nationales Sekretariat der Rotkreuz-Kantonalverbände, 031 387 73 22
(Mo bis Mi), oder
Christine Rüfenacht, Leiterin Kommunikation, 031 387 72 31 / 079 212
25 52.

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