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Nationalfonds: Auf Stammzellen setzen Mediziner grosse Hoffnungen

Riehen (ots)

Im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms 46
"Implantate und Transplantate" spielen die Chancen der
Stammzellenforschung eine wichtige  Rolle. Dabei geht es vor allem um
die Anwendung der Technik für die Behandlung von Verletzungen wie
beim Herzinfarkt oder um den Ersatz von zerstörten Nervenfasern. Auf
einer Tagung in Bern wurden die Forschungsergebnisse präsentiert.
Auf Stammzellen setzt die moderne Medizin grosse Hoffnungen. Sie
sind in der Lage, sich in viele verschiedene Zelltypen zu
differenzieren. Mit ihrer Hilfe könnten nicht mehr funktionierende
Zellen ersetzt oder zerstörtes Gewebe repariert werden, so die
Hoffnung von Medizinern. Stammzellen werden entweder aus dem
Organismus von Erwachsenen gewonnen oder aus embryonalem Gewebe, das
zum Beispiel bei Abtreibungen anfällt. Im Rahmen des NFP 46 haben
sich Wissenschafter intensiv mit dem Einsatz von Stammzellen zur
Therapie verschiedener Krankheiten beschäftigt. Dabei erscheinen auch
Behandlungen möglich, die vor wenigen Jahren noch als vollkommen
ausgeschlossen galten. Der Nutzen des Einsatzes der
Stammzellen-Therapie bei einer im Durchschnitt immer älter werdenden
Bevölkerung, die zum Beispiel immer mehr unter Ausfallerscheinungen
des Nervensystems leidet, wäre sehr gross.
Nerven lassen sich regenieren
Lange Zeit gingen Mediziner davon aus, dass das menschliche
Nervensystem kaum zu reparieren ist, wenn Nervenbahnen einmal
zerstört sind. Das ist etwa bei der Alzheimer-, Huntington- oder
Parkinson-Krankheit der Fall. Die "Amyotrophic Lateral Sclerosis"
(ALS) zum Beispiel befällt jene Nerven, die die Muskelaktivität
steuern. ALS führt innerhalb weniger Jahre
zum Tod: Die Atemmuskulatur der Erkrankten wird gelähmt.  Im
Rahmen des NFP 46 hat sich Ann Kato, Professorin an der Medizinischen
Fakultät der Universität Genf mit den Grundlagen einer
Stammzellentherapie für den Einsatz im Nervensystem beschäftigt. Sie
hat untersucht, ob sich Stammzellen zu Motorneuronen entwickeln und
degenerierte Nerven ersetzen  können, wenn man sie im Rückenmark
implantiert. Motoneurone sind die Nervenzellen, die die Signale aus
dem Gehirn an die Muskelzellen weiterleiten. Untersuchungen von Ann
Kato haben bereits gezeigt, dass implantierte Stammzellen tatsächlich
überleben und sich zu Motoneuronen entwickeln können.
Ersatz für tote Herzmuskeln
Bessere Therapiemethoden sind auch bei Herzkreislauferkrankungen,
wie etwa dem Herzinfarkt notwenig. Durch einen Infarkt bleibt der
Herzmuskel irreparabel geschädigt zurück. Auch hier könnten
Stammzellen zu Einsatz kommen, wie die Forschungsarbeiten von Marisa
E. Jaconi von der Universität Genf im Rahmen des NFP 46 zeigen. Ihre
Forschungsgruppe will Stammzellen, die sich in Zellkultur zu
Vorläufern der Muskelzellen des Herzens entwickeln können, in die
geschädigte Region des Herzmuskels einpflanzen. Dort, so die
Vorstellung der Forscherin, könnten sie neue Muskelzellen bilden, die
die Funktion der zerstörten Herzmuskelzellen übernehmen. Die
Resultate in ersten Tierversuchen zeigen, dass der Ansatz Erfolg
versprechend ist.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch Charles Bader, der die
Stammzellen für die Behandlungen von Sportverletzungen wie
Muskelrissen einsetzen will. Im Rahmen seines NFP 46
Forschungsprogramm verwendete der Wissenschafter der Universität Genf
Myoblasten, die Vorläuferzellen der Muskelzellen. Die Idee Baders:
Die Myoblasten sollen in den Bereich einer Muskelverletzung
implantiert werden und dort die Muskelfasern neu aufbauen. Auch für
die Behandlung des Herzinfarkts lässt sich Baders Methode einsetzen.
In einer ersten Phase konnte der Wissenschafter zeigen, dass die
implantierten Myoblasten tatsächlich im Organismus überleben.
Ersatzteile für die Netzhaut des Menschen
Für die Behandlung der Degeneration der Netzhaut bietet sich der
Einsatz von Stammzellen ebenfalls an, wie Forschungsarbeiten im
Rahmen des NFP 46 zeigen. Die Idee Nervenzellen in der Netzhaut zu
ersetzen oder regenerieren zu lassem ist bereits mehrere Jahrzehnte
alt. Erst in den letzten Jahren wurden entscheidende Fortschritte
gemacht. Im NFP 46 beschäftigt sich die Arbeitsgruppe von Yvan
Arsenijevic vom Jules Gonin Augenspital in Lausanne mit den
Möglichkeiten Nervenzellen in der Netzhaut zu ersetzen oder sie
gezielt wiederzubeleben. Den Genfer Forschern ist es gelungen,
Stammzellen aus dem Auge von Menschen im Labor zu züchten und sich
differenzieren zu lassen. Die Stammzellen erwiesen sich als äusserst
vielseitig. Aus ihnen entstanden die beiden Typen von Netzhautzellen:
solche die entweder farbiges Licht oder jene die nur Hell-Dunkel
wahrnehmen können. Mittlerweile ist es den Forschern gelungen die
Nervenzellen dazu zu bringen, sich über eine grössere Fläche
auszudehnen; eine Kolonie ist bis auf eine Grösse von 75
Quadratzentimetern herangewachsen. Damit könnten sie die Aufgabe der
natürlichen Netzhaut übernehmen.
Erste Versuche an lebenden Organismen haben Arsenijevic und seine
Kollegen an Labormäusen gemacht. Die verlieren durch einen
genetischen Schaden mit dem Alter die lichtempfindlichen Nervenzellen
im der Netzhaut. In einer sehr schwierigen Operation schafften es die
Wissenschafter, Stammzellen in die nur zwischen zwei und drei
Millimeter grossen Augen der Mäuse einzupflanzen. Obwohl es
menschliche Zellen waren, haben sie im Mäuseorganismus überlebt. Die
Forscher konnten sie am Rand der Netzhaut nachweisen. In die Netzhaut
selbst waren sie allerdings nicht eingewandert.
Behandlung von Babies vor der Geburt
Eine grosse Rolle der Transplantation von Stammzellen versprechen
sich Wissenschafter bei der Behandlung von Ungeborenen. Es gibt eine
Vielzahl genetischer Defekte von denen Menschen betroffen sein
können. Die Ursache ist meist klein, die Auswirkung aber oft
gravierend. Allein die Fähigkeit des Organismus ein Enzym zu
produzieren, kann dazu führen, dass ein Kind stirbt oder schwer
behindert zur Welt kommt. Ob die Transplantation von Stammzellen
schon vor der Geburt hier eine Hilfe bieten könnte, ist Gegenstand
zahlreicher Forschungsanstrengungen von verschiedenen Gruppen
weltweit. In der Schweiz forscht die Arbeitsgruppe von Wolfgang
Holzgreve von der Universität Basel mit Unterstützung des NFP 46 auf
diesem Gebiet. Die Forscher wollen herausfinden, ob es möglich ist,
Stammzellen in einen ungeborenen Fötus einzubringen und ob sie sich
im Empfängerorganismus etablieren und vermehren. IN Versuchen mit
Schafen zeigte sich dieser Weg erfolgreich.

Kontakt:

Dr. M.E. Hauck
Umsetzungsbeauftragter "Implantate und Transplantate"
Rainallee 37
4125 Riehen
Tel.: +41/61/603'91'08
Fax: +41/61/603'91'09
E-Mail: implementation@nfp46.ch

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