Schweizerischer Nationalfonds / Fonds national suisse
SNF: Bild des Monats April 2006: Entdeckungsfreudige Roboter
Bern (ots)
Bild und Text unter: http://www.presseportal.ch/de/galerie.htx?type=obs
Drosophila beflügelt die Mikrorobotik
Traditionelle Forschungsroboter erschliessen heute routinemässig dem Menschen nicht zugängliche Gebiete. Mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds wenden Forschende des Instituts für Robotik und Intelligente Systeme der ETH Zürich dieselbe Strategie auch auf der mikroskopischen Ebene an. Sie erforschen den Flug der Taufliege Drosophila und hoffen, mit Hilfe ihrer Erkenntnisse kleine, fliegende Roboter entwickeln zu können. Auch die Medizin könnte von diesem Forschungsgebiet profitieren.
Sie ist klein, widerstandsfähig, vollkommen autonom und selbst- reproduzierend. Die Schwarzbäuchige Taufliege (Drosophila melanogaster) wird schon seit fast einem Jahrhundert von Biologen und Genetikern erforscht, weil sie nur gerade vier Chromosomen besitzt, eine rasche Generationsfolge aufweist, und viele Genmutationen zeigt. Doch obschon Drosophila ein verhältnismässig einfacher Organismus ist, verfügt das auch als Fruchtfliege bezeichnete Insekt über ein hoch entwickeltes Flugkontrollsystem. Trotz seiner geringen Körperlänge von nur drei Millimetern vermag der Winzling nämlich sowohl stabil zu fliegen als auch ausserordentlich schnelle und präzise Wendemanöver in der Luft durchzuführen.
Die Beantwortung der Frage, wie Drosophila das genau macht, könnte wesentlich zum Verständnis der hochkomplexen Verhaltensweisen biologischer Systeme beitragen. Forschende um Bradley Nelson vom Institut für Robotik und Intelligente Systeme (IRIS) der ETH Zürich haben deshalb mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds Mikrosensoren entwickelt, die im Stande sind, die beim flirrenden Muskelspiel der Taufliege erzeugten Trägheitskräfte zu messen.
Zu verstehen, welche Kräfte auf einzelne Körper- oder Bauteile einwirken, gehört zu den grössten Herausforderungen in der Mikrorobotik, erklärt Bradley Nelson. Bei Drosophila sind nur 18 Kontrollmuskeln für die Feinabstimmung der Flügelbewegungen beim Manövrieren verantwortlich. Mit Hilfe von sogenannten MEMS- Kraftsensoren (Micro-Electro-Mechanical System) sind die ETH- Forscher nun in der Lage, die beim Flug der Fruchtfliege auftretenden Kräfte in mehr als einer Dimension präzise und in Echtzeit zu messen. Bis zu 12000 mal pro Sekunde messen die winzigen Sensoren, die wie zwei ineinander verzahnte Kämme aufgebaut sind, die Kraftentwicklung von Drosophila. Parallel dazu werden die Testfliegen mit einer in der Schweiz entwickelten,neuartigen Hochgeschwindigkeitskamera gefilmt.
Erstmals wurden dadurch Aerodynamik und Trägheitskräfte von Fruchtfliegen im Flug gleichzeitig erfasst. Ziel der Forschung ist letztlich die Entschlüsselung des Zusammenspiels zwischen jedem Flügelschlag und den für die Flugkontrolle zuständigen Teilen des Gehirns der Fliegen. Die Auswertung der ermittelten Daten könnte für die Entwicklung flugfähiger Kleinstroboter von grosser Bedeutung sein.
Einsatz im menschlichen Körper Die zielgerichtet steuerbaren Mikroroboter der Zukunft, die am IRIS geplant werden, sollen sich allerdings nicht nur in die Luft erheben können. Die Forschenden entwickeln zur Zeit auch den Prototyp einer winzigen Sonde, die für den Einsatz im menschlichen Körper optimiert wurde.
Der von blossem Auge kaum noch erkennbare, steuerbare Mikroroboter soll im Auge oder inneren Organen von Patienten Messungen vornehmen und in Zukunft möglicherweise sogar punktgenau Medikamente verabreichen. Im Körper wird die Miniatursonde mittels starker Magnetfelder angetrieben und gesteuert, die von aussen auf das strömungsgünstig geformte Gefährt einwirken.
"Zur Zeit arbeiten wir daran, die Mikroroboter mit einer "Nutzlast" auszustatten", erklärt Bradley Nelson. Mediziner möchten die winzige, diagnostische Sonden dazu benutzen, Messwerte an ganz bestimmten Stellen des Körpers zu ermitteln. Das kleine Messgerät kann durch die Nadel einer Spritze initiiert werden und wird nach getaner Arbeit auf demselben Weg wieder aus dem Körper entfernt.
Eines der ersten Einsatzgebiete der neuartigen Technologie könnte das Innere des Auges sein. Einige Erkrankungen der Netzhaut werden durch ungenügende Sauerstoffversorgung verursacht. Bislang ist es jedoch noch nicht möglich, entsprechende Messungen des Sauerstoffgehalts im Inneren des Auges durchzuführen. Bradley Nelson und sein Team erwägen deshalb, ihr mikroskopisches Tauchgerät mit einem Sauerstoffsensor zu bestücken. Dass das Konzept nicht aus der Luft gegriffen ist, steht bereits fest. Erste Testfahrten im Glaskörper von Tieraugen verliefen erfolgreich.
Weitere Informationen: Prof. Dr. Bradley Nelson Institute of Robotics and Intelligent Systems CLA H 15.2 ETH Zentrum Tannenstrasse 3 CH-8092 Zürich Tel: +41 (0)44 632 55 49 Fax: +41 (0)44 632 10 78 E-Mail: bradley.nelson@iris.mavt.ethz.ch
Text und Bild dieser Medieninformation können auf der Nationalfonds- Homepage abgerufen werden http://www.snf.ch/medienmitteilung