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Umbau des Publikationssystems hin zu Open Access: Studie schlägt pragmatisches Szenario vor

Bern (ots)

Eine Studie hat Szenarien für den Umbau des wissenschaftlichen Publikationswesens in der Schweiz hin zu "Open Access" (OA) erarbeitet. Sie empfiehlt ein Modell, das einen pragmatischen und flexiblen Weg einschlägt, um öffentlich finanzierte Forschung künftig ohne Zeitverzug frei und kostenlos zugänglich zu machen. Die Studie wurde vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) zusammen mit dem Programm "Wissenschaftliche Information" (SUK P-2) von swissuniversities lanciert.

Die Bibliotheken der Schweizer Hochschulen haben 2015 insgesamt 70 Millionen Franken für Lizenzen und Abonnemente an Verlage ausgegeben, um über 2,5 Millionen wissenschaftliche Artikel zugänglich zu machen. Hinzu kommen 6 Millionen Franken von Forschenden für Publikationsgebühren (Article Processing Charges), um ihre Ergebnisse in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlichen zu können. Dies geht aus einer ersten Erhebung der Finanzflüsse im Schweizer Hochschulwesen hervor.

Szenarien für den Umbau zu Open Access

Mit öffentlichen Mitteln geförderte Forschungsresultate sollten auch gut öffentlich und kostenfrei zugänglich sein - basierend auf diesem Leitsatz sind auf europäischer Ebene Bestrebungen im Gange, das heutige Publikationssystem in Richtung "Open Access" (OA) umzubauen. Die vom SNF zusammen mit SUK P-2 (Programm von swissuniversities) in Auftrag gegebene Finanzflussanalyse liefert nun Daten zu den Umbaukosten für einen sofortigen freien, kostenlosen und elektronischen Zugang zu öffentlich finanzierten Publikationen bis 2024. Darauf basierend skizziert sie mögliche Szenarien für einen entsprechenden Umbau des Schweizer Publikationssystems und zeigt die finanziellen Auswirkungen auf. Alleine in der Schweiz werden jährlich über 30'000 wissenschaftliche Artikel veröffentlicht. Während der Anteil der publizierten Artikel, die frei und kostenlos elektronisch zugänglich sind, heute international 21 Prozent beträgt, liegt er in der Schweiz bei überdurchschnittlichen 30 Prozent.

Von Einsparungen bis zu deutlichen Mehrkosten

Die Finanzflussanalyse unterscheidet grundsätzlich die Kosten für verschiedene Szenarien zur Umsetzung von Open Access. Kosteneinsparungen von jährlich über 2 Millionen Franken brächte gemäss dem Bericht der "blaue Weg": Die Postprint-Versionen aller Artikel werden nach einer bestimmten Embargoperiode in kostenlos und öffentlich zugänglichen Repositorien an den Hochschulen abgelegt. Am anderen Ende der Skala steht der "goldene Weg": Die sofortige Freischaltung eines Artikels in einer wissenschaftlichen OA-Zeitschrift, die in der Regel nach Entrichtung einer Publikationsgebühr durch die Autorin oder den Autor oder einen anderen Geldgeber (Hochschule, Forschungsförderungsinstitution) erfolgt. Dies würde der Schweiz heute bei einer vollständigen Umsetzung jährliche Mehrkosten von rund 27 Millionen Franken verursachen. Noch höher fielen die Mehrkosten aus, wenn in einem "hybriden" OA-Modell zusätzlich zu den Gebühren für die OA-Schaltung eines Artikels in einer ansonsten nicht kostenlos zugänglichen Zeitschrift auch noch Lizenzgebühren anfallen würden, also quasi zweimal für den Artikel bezahlt werden müsste.

Mischmodell als pragmatischer und flexibler Weg

Die Kosten für die verschiedenen Szenarien wurden von den Autoren der Studie, Cambridge Economic Policy Associates Ltd., jeweils mit den aktuellen Standardkosten verglichen. Die effektiven Kosten für die Schweiz hängen stark davon ab, wie schnell weltweit auf den "goldenen Weg" von Open Access umgestellt wird. Als vergleichsweise kleiner Forschungsplatz sinken die Kosten für die Schweiz in allen Szenarien grundsätzlich, je schneller weltweit 50 Prozent "goldener Weg" erreicht werden. Die Autoren empfehlen in ihrem Bericht ein Mischmodell, das sowohl den "blauen Weg" als auch den "goldenen Weg" von Open Access ermöglicht. Dieses pragmatische und flexible Modell für den Umbau des Publikationssystems hin zu Open Access würde gemäss ihren Berechnungen die zusätzlichen Kosten in der Schweiz auf 13 Millionen Franken jährlich begrenzen. Die konsequente Umsetzung eines solchen Modells wäre ein Signal an die anderen Staaten, dass die Schweiz es ernst meint damit, öffentlich finanzierte Forschung ohne Zeitverzug öffentlich zugänglich zu machen.

Gemeinsamer Aktionsplan notwendig

Die Autoren empfehlen weiter, die Datenqualität bezüglich der physischen und finanziellen Flüsse im Publikationssystem massgeblich zu verbessern. Zudem seien für die Koordination der OA-Aktivitäten eine nationale Strategie wie auch ein entsprechender Aktionsplan notwendig - hier laufen in der Schweiz unter Federführung von swissuniversities bereits entsprechende Bestrebungen. Ebenfalls soll sich die Schweiz weiterhin aktiv in die internationalen Diskussionen einbringen. Mittelfristig werden die Kosten für den Umbau hin zu Open Access stark davon abhängen, ob es gelingt, national und international gemeinsame Verhandlungspositionen gegenüber den grossen Verlagshäusern aufzubauen. Darüber hinaus sind im eigenen Land die erforderlichen Infrastrukturen aufzubauen und die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit ins Boot zu holen.

Der SNF und swissuniversities nehmen die Resultate der Studie zur Kenntnis. Im Rahmen der Nationalen Strategie und des Aktionsplans zu OA werden die potenziellen Szenarien für den Umbau in der Schweiz diskutiert.

Financial Flows in Swiss Publishing - Final Report http://www.snf.ch/SiteCollectionDocuments/Financial_Flows_in_Swiss_Publishing_CEPA_Final_Report_2016-11-17.pdf

Zenodo - Open Science platform of CERN: Financial Flows in Swiss Publishing - Final Report https://zenodo.org/record/167337

Kontakt:

Schweizerischer Nationalfonds:
Ingrid Kissling-Näf
Leiterin Abteilung Geistes- und Sozialwissenschaften,
Tel. 031 308 22 56, E-Mail: ingrid.kissling@snf.ch

Programm "Wissenschaftliche Information" (SUK P-2,
swissuniversities):
Gabi Schneider, Stellvertretende Programmleiterin
Tel. 061 267 29 90, E-Mail: gabi.schneider@swissuniversities.ch

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