2. IT-Marketingtag in Luzern
Bern (ots)
An den 2. IT-Marketingtag in Luzern des Aktionsprogramms soft[net] strömten über 300 IT-Anbieter und Anwender. Elf Referenten wollten die IT-Profis dazu anregen, sich noch besser zu vermarkten. Laut drei Kundenbefragungen schlagen Schweizer Anbieter ihre ausländische Konkurrenz zwar häufig punkto Preis/Leistung, Qualität und Service, in Sachen Onlineangebot und Werbung fallen sie aber meist ab.
Der 2. IT Marketingtag wurde vom nationalen Aktionsprogramm soft[net] (http://www.softnet.ch) und vom Mobilkommunikationsdienst Orange gesponsert.
Hauptreferent Thomas Rudolph, Professor für internationales Handelsmanagement an der Universität St. Gallen, zeigte den Teilnehmern in anschaulichen Übungen auf, dass sie bei ihrer Positionierung im Markt den Mut zum Simplifzieren aufbringen müssen. Man müsse sich für eine von drei Differenzierungsfaktoren entscheiden: Produkt, Service oder Preis. Der Kunde könne sich nämlich nur wenig Information merken. Dies veranschaulichend fragte Rudolph das Plenum nach dem ersten Mann auf dem Mond, dem höchsten Berg und der Schweizer Nummer eins im Foodsektor. Darauf fragte er nach dem zweiten Mann auf dem Mond, dem zweithöchsten Berg und der Schweizer Nummer zwei im Foodsektor. Da blieb es still im Saal. Von einer Preisstrategie rät der Professor allen KMU unter den IT-Anbietern ab. Sie sollten sich besser eine attraktive Nische suchen, und dort konsequent den wichtigsten Produktvorteil oder einen überlegenen Service kommunizieren.
soft[net]-Programmleiter Beat Hotz, Vizedirektor des Bundesamt für Berufsbildung und Technologie (BBT), bezeichnet die Schweizer ICT-Branche (Information & Communication Technologies) mit 24 Mrd Euro Umsatz als gewichtigen Wirtschaftsfaktor, der auch andere Branchen wie Finanz, Maschinen oder Tourismus im Kern völlig verändere. Chancen für Schweizer Anbieter sieht auch er vor allem in Nischen wie z.B. kundenspezifische Anwendungen. Er empfiehlt den IT-Anbietern und Anwendern, die ausgewählten Kompetenz-Netzwerke der Fachhochschulen zu nutzen wie etwa eBusiness & eGovernment, Knowledge Management, Embedded & Distributed Systems und Software Engineering.
Verkaufstrainer Harry Holzheu zog das Publikum mit seiner körperlichen Präsenz sogleich in seinen Bann. Er brauchte keine Powerpointpräsentation, denn sein Anliegen war mehr Herz und Gefühl. Das Credo des früheren IBM-Verkäufers von Schreibmaschinen: Versuche nicht zu verkaufen, sondern lasse kaufen. Voraussetzung dazu sei, dass der Verkäufer sein Produkt wahrhaftig darstelle, sich selber möge und vor allem den Kunden möge. Nur mit diesem Ethos stimme die Mimik und Gestik, die den Empfänger mehr beeinflusse als das Gesagte. Die Stufe zwei heisse Pathos oder Einfühlungsvermögen. Holzheu rief die IT-Profis dazu auf, täglich mindestens einen Kunden anzurufen und einfach so zu fragen, wie es ihm gehe. Wer sich ehrlich dafür interessiere, dem erzähle der Kunde fast alles. Jetzt meinte er sei die Zeit gekommen für Stufe drei, den Logos. Der Verkäufer solle den Kunden offen fragen, was ihm ein Kauf bringe und welche Risiken bei einem Nichtkauf eintreten könnten.
Orange-Direktor René Burgener betonte, dass der Mobildienst wegen seines späten Markteintritts auf sehr markante Auftritte setzt. Wichtig sei die emotionale Kundenbindung. Ein Mobilkunde gebe in seiner Lebenszeit oft 60'000 bis 120'000 Franken aus, also etwa soviel wie für ein Luxusauto, und entsprechend müsse der Kunde vor, während und nach seinem Kaufentscheid auch behandelt werden. So werde etwa in den neuen Orange-Centers auch Swisscom-Kunden zuvorkommend geholfen. Die Mobilkommunikation entwickelt sich laut Burgener vom Netzwerk für mobile Individuen auf mobile Teams über mobile Abteilungen bis hin zu mobilen Firmen. Orange sieht sich als der Partner für Firmenlösungen.
Microsoft-Manager Pascal Comini erläuterte, warum und wie seine Firma gemeinsam mit Orange das Windows-Handy SPV (Sounds Pictures Video) lanciert hat. Weitere Geräte mit und ohne Schreibtastatur würden im Laufe des Jahres folgen.
Smart-Manager Jürgen Leibinn verriet dem Publikum, dass er dieses Jahr eine Orange-Collection des Autos "für zwei Personen und zwei Harassen Bier" lancieren werde. Er legte dar, dass eine Marke auf den Achsen Emotion/Ratio und exklusiv/billig eindeutig positioniert werden müsse. Smart stehe für emotional und exklusiv, daher lasse sich der Brand am besten mit ähnlich positionierten Marken kombinieren.
SAP-Marketingmanager Hansruedi Kuster legte am Beispiel seines Sponsorings des Gigathlon eindrücklich dar, wie dieser Event konsequent ins gesamte Marketingkonzept "The best run SAP" eingebunden war. Am Swisspower Gigathlon, bei dem Teams in fünf Tagen über 1000 km zurücklegten, nahmen 125 Teams aus dem SAP-Feld aktiv teil. Dies habe die emotionale Bindung zwischen Mitarbeitern, Partnern und Kunden extrem gefestigt.
Venturix-Mitgründer Nicolas Berg, Journalist und Gründer von sieben Unternehmen, berichtete den IT-Spezialisten, wie er seine Unternehmen jeweils in die Medien brachte. Zugleich sass er während sieben Jahren als IT- und Wirtschaftsjournalist auf der anderen Seite des Tisches und gewann dadurch Einblicke, was die Medien von den Firmen erwarten. Wer sich intensiv damit auseinandersetze und konsequent persönliche Beziehungen aufbaue, für den werde Medienarbeit zum effizientesten Marketing. Voraussetzung sei aber, dass Firma und Produkt wirklich innovativ sind und eine interessante Geschichte hergeben.
CSC-Berater Daniel Odermatt sass als früherer IT-Chef einer Versicherung ebenfalls schon auf beiden Seiten des Tisches. Er riet den IT-Verkäufern und Beratern, nicht mit Firmen- und Produktpräsentationen einzusteigen, sondern mit einem weissen Papier anzufangen und erst die Probleme und Bedürfnisse des Kunden und des Gesprächspartners zu ermitteln. Die so erkannten Themen liessen sich einteilen in Kostensenkung, Fleixibilität innerhalb Budget und Wertsteigerung - heute seien vor allem sofortige Kostensenkungen gefragt. Danach müsse der Verkäufer den zu schaffenden Nutzen und seine Umsetzungskompetenz nachweisen.
Peter Fehlmann, zuvor Pressesprecher von Miracle, CEO von New Miracle IPO und heute Head Investor Relations bei Synthes-Stratec, sprach über den Miracle case. Für ihn lohnt sich ein IPO nur zur Finanzierung von entweder einem neuen Produkt oder einer Markterschliessung, aber nicht von beidem. Der Heimmarkt sollte zuerst stabilisiert werden. Als öffentliche Firma verliere der Chef viel Zeit mit Analysten und Journalisten. Bei Rückschläge und Problemen gerate man zu rasch ins Rampenlicht und werde verwundbar. Im Fall Miracle seien offenbar strategische Fehler gemacht worden, doch strafbare Vorfälle habe es hier im Gegensatz zu anderen Fällen aus seiner Sicht nicht gegeben.
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Marcel Durst
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