Gewerkschaft SYNA: Keine Senkung des BVG-Mindeszinssatzes auf Kosten der Arbeitnehmenden
Zürich (ots)
Zuerst muss der Bundesrat über die Bücher!
Der Präsident der Gewerkschaft SYNA, Max Haas, fordert den Bundesrat auf, auf seinen Entscheid, den Mindestzinssatz im Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) auf den 1. Oktober 2002 von vier auf voraussichtlich drei Prozent zu senken, zurück zu kommen und allfälligen Handlungsbedarf durch eine Situationsanlayse zu belegen.
Bevor ein so schwerwiegender Entscheid zulasten der Arbeitnehmenden gefällt wird, muss mit Fakten belegt werden, dass dieser überhaupt gerechtfertigt ist. Vor allem die grossen Versicherungsgesellschaften, die während der Boomjahre als Verwalterinnen der Sammelstiftungen erkleckliche Summen aus den Börsengeschäften eingestrichen haben, dürfen sich heute, knapp zwei Jahre nach dem Einbruch an der Börse, nicht dem Verdacht aussetzen, ihre verfehlte Expansionspolitik auf dem Buckel von Rentnern zu korrigieren. Damit würde der Bundesrat zulasten der arbeitnehmenden Bevölkerung eine Art "Raubritter-Kapitalismus" tolerieren.
Zur Haltung von BR Metzler: Es tönt etwas hilflos, wenn Bundesrätin Metzler in einem Interview aussagt, der jetzige Zinssatz müsse nicht ewig 3% bleiben. Es sei die Frage gestattet, weshalb dann 4% rund 17 Jahre bestehen blieben, obwohl die Gewinnsituation an den Börsen eine Erhöhung des Satzes problemlos erlaubt hätte. - SYNA hat nichts gegen einen flexiblen Zinssatz, nur darf dieser keine Einbahnstrasse nach unten sein.
Zur Haltung von BR Villiger: Wenn Bundesrat Villiger festhält, bei einem Autounfall könnten auch keine langen Analysen gemacht werden, wirkt diese Argumentation hilflos. Selbst da kommt ein Schadenexperte und nimmt den Schaden seriös auf, bevor mit einer Reparatur begonnen wird.
Zur Position G. Bührer: Wenn sich der freisinnige Parteipräsident vorbehaltlos hinter die angekündigte Zinssenkung seines Parteikollegen Villiger stellt, ist dies zwar verständlich, aber auch pikant: Gerold Bührer ist VR der in Schieflage geratenen Rentenanstalt.
Die Gewerkschaft SYNA fordert deshalb den Bundesrat dazu auf, eine paritätische Kommission zu bilden, deren Aufgabe es ist, eine Situationsanalyse zu verfassen. Ziel dieser Analyse muss sein, Rechenschaft darüber zu erhalten, was mit den BVG-Geldern der Versicherungsnehmenden während der vergangen 10 Jahre - und insbesondere während des Börsenbooms - passiert ist.
Vor allem gilt es folgende Fragen durch Fakten zu beantworten und zu klären:
1. Börsengewinne: Was haben die treuhänderisch tätigen Sammelstiftungen bzw. deren Verwalter, Ämter und Stellen mit den ihnen anvertrauten Geldern während der Boomjahre an den Börsen gemacht?
2. Mittelflüsse: Kann der Verdacht entkräftet werden, dass Banken, Finanzgesellschaften und Versicherungen an den Börsen über Anlagegeschäften mit BVG-Geldern Gewinne erzielt haben, die nicht an die Versicherungsnehmenden weiter gegeben worden sind?
3. Teuerung und Festlegung des Mindestzinssatzes: Trifft es zu, dass die Festlegung des Mindestzinssatzes der BVG-Gelder von 4% in eine Zeit zurück geht, wo die Teuerung noch viel höher war als heute, zum Teil über diesen 4% lag?
4. Kontrollorgan: Weshalb werden die Pensionskassen nicht durch eine neutrale, evtl. staatliche Stelle auf ihre Geschäftsführung hin überprüft?
Fazit: Keine vorschnelle Revision des BVG. Erst wenn der Bundesrat diese Fragen sorgfältig geprüft und beantwortet hat, und erst wenn sicher gestellt ist, dass eine Rentenkürzung in der 2. Säule nicht handstreichartig zulasten der Arbeitnehmenden beschlossen werden kann, kann die 1. Revision des BVG überhaupt ins Auge gefasst werden. Eine Revision im heutigen Stadium zu vollziehen, wäre voreilig, unverantwortlich und macht keinen Sinn.
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