FAW: Kluge Taktik verhindert kranke Äpfel
Jetzt sind sie wieder zu sehen: braun-olive Flecken auf den jungen Blättern von Apfelbäumen. Sie verheissen den Landwirten nichts Gutes, denn der Schorf ist die gefährlichste Pilzkrankheit in den Apfelkulturen. Die am häufigsten angebauten Sorten sind alle mittel bis stark schorfanfällig. Behält ein Obstbauer das Schorfrisiko nicht im Auge, droht ihm ein empfindlicher Ertragsausfall.
(ots)Äpfel mit Schorfflecken sind geschält zwar noch geniessbar, doch als Tafeläpfel kann sie der Obstbauer nicht mehr verkaufen sie taugen höchstens noch als Mostobst, wofür die Preise jedoch im Keller sind. Beugt ein Landwirt dem Schorf nicht vor, oder unterlaufen ihm dabei Fehler, z. B. dass er die Bäume zum falschen Zeitpunkt behandelt, ist der wirtschaftliche Schaden immens. Dazu kommt, dass alle wichtigen Sorten mittel bis stark schorfanfällig sind. Die Kunst liegt darin, der Umwelt zuliebe nicht zu häufig, aber wirkungsvoll gegen den Schorf vorzugehen. Um die Bauern darin zu unterstützen, betreiben die landwirtschaftlichen Forschungsanstalten Agroscope FAW Wädenswil und RAC Changins eine auf dem Internet abrufbare Schorfprognose.
Wetterdaten von 40 Standorten Im April und Mai besteht die grösste Infektionsgefahr. Die Pflanzen stecken sich aber nur bei milden Temperaturen an und wenn sie längere Zeit nass sind (siehe Kasten). Erst die genaue Überwachung der Witterungsbedingungen ermöglicht eine zuverlässige Schorfprognose. Deshalb messen 40 Schorfwarngeräte in der ganzen Deutschschweiz jeden Tag Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Blattbenetzung und Niederschlag und senden die Daten an die FAW, welche das Schorfrisiko berechnet und die Prognose auf dem Internet zur Verfügung stellt. Sobald in einem Gebiet eine leichte Schorfinfektionsgefahr eingetreten ist, müssen die betroffenen Obstbauern ihre Bäume mit einem Schorfmittel behandeln. So können sie mit Hilfe der FAW-Schorfprognose 25 bis 30 Prozent der nötigen Pilzbehandlungen pro Jahr einsparen. Um den Schorf in den Griff zu bekommen, geht Agroscope FAW Wädenswil aber auch andere Wege:
Resistente Apfelsorten Die FAW züchtet krankheitsresistente Apfelsorten. Diese enthalten eine von robusten Wildäpfeln vererbte Abwehr, welche die Anfälligkeit der Sorten gegen bestimmte Krankheiten stark reduziert. Die Apfelzüchter der FAW achten darauf, eine möglichst gute Fruchtqualität mit optimalen Resistenzeigenschaften gegen die Pilzkrankheit zu kombinieren. Wer solche Sorten anbaut, muss also deutlich weniger Pflanzenschutzmittel einsetzen. Die tschechische «Topaz» ist zur Zeit die bekannteste schorfresistente Sorte: Sie wird bis jetzt in der Schweiz auf 68 Hektaren angebaut (CH-Apfelanbaufläche 2003: 4410 ha) und ist auch bei Coop und Migros im Sortiment. 1996 hat die FAW die schorfresistente Sorte Ariwa auf den Markt gebracht. Sie wird bis jetzt auf 5 Hektaren angebaut und ist im Direktverkauf und gelegentlich bei den Grossverteilern erhältlich. Neue Baumsorten zu züchten, ist ein langwieriger Prozess: Von der Kreuzung bis zur Markteinführung vergehen im Durchschnitt fünfzehn Jahre; bis sich die Sorte etabliert hat, nochmals so viele, denn die Erneuerung von Obstanlagen ist kostenintensiv und wird in langen Intervallen vorgenommen. Für den Bio-Anbau sind schorfresistente Sorten besonders wichtig, weil nur eine beschränkte Palette von Pflanzenschutzmitteln zur Verfügung steht. In den letzten zehn Jahren wurden rund 80 Prozent der neuen Bio-Apfelanlagen mit resistenten Sorten bepflanzt.
Weniger Schorf dank Mischkultur Zusätzlich hat die FAW in einem ersten Praxisversuch das Mischkulturen-System erprobt. Dabei werden in einer Apfelanlage in der Reihe nicht nur eine, sondern abwechslungsweise zwei oder drei verschiedene Sorten angebaut. Resultat: deutlich weniger Schorf. Mischkulturen haben allerdings den Nachteil, dass die Erntekosten wegen den unterschiedlichen Pflückzeitpunkten höher sind. Es steht noch aus, die Wirtschaftlichkeit dieses Systems in einem grösser angelegten Versuch zu überprüfen. Nach Einschätzung der Fachleute kann mit der Kombination von Prognosen, resistenten Sorten und besonderen Massnahmen in Anbau und Pflege der Pflanzenschutzmitteleinsatz um die Hälfte reduzieren werden.
((Kasten)) Der Schorf mag es feucht und mild Der Pilz des Apfelschorfs überwintert auf toten Blättern oder an den Ästen von befallenen Bäumen. Gegen Ende März bis Ende Mai werden bei Regen so genannte Ascosporen (Wintersporen) ausgeschleudert, die bei ausreichend langer Blattnassdauer zu Infektionen auf den Blättern und den Jungfrüchten führen. Je nach Temperatur werden die Schäden nach zwei bis drei Wochen sichtbar: unregelmässige braun-olive bis braun- schwarze Flecken auf Blättern und Früchten. Auf den befallenen Stellen bilden sich neue Sporen, die bei feuchtem Wetter bis in den Herbst hinein zu weiteren Schorfinfektionen führen. Der Schorf mag es am liebsten feucht und mild, Temperaturen unter 20 Grad behagen ihm am meisten. 2003 war der Frühling trocken und unerwartet warm, der Sommer und Frühherbst sehr heiss keine Chance also für den Schorf: Petrus hat ihn Schachmatt gesetzt.
Die Schorfprognose der FAW auf dem Internet: www.schorf.faw.ch
******* Sie können den Text und Bilder in einer Bildqualität von einem MB von unserer Website herunterladen: www.faw.ch > Mediendienst.
Weitere Auskünfte
Zum Schorf und zur Schorfprognose: Werner Siegfried Agroscope FAW Wädenswil Eidg. Forschungsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau Tel. 01 783 63 06 E-Mail: Werner.Siegfried@faw.admin.ch
Zur Apfelzüchtung und zu Mischkulturen: Dr. Markus Kellerhals Agroscope FAW Wädenswil Eidg. Forschungsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau Tel. 01 783 62 42 E-Mail: Markus.Kellerhals@faw.admin.ch
Kathrine Schwab Medienverantwortliche Agroscope FAW Wädenswil Eidg. Forschungsanstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau Tel. 01 783 62 72 Natel 079 593 89 85 E-Mail: Kathrine.Schwab@faw.admin.ch