NAB-Regionalstudie 2016: «Industriekanton Aargau - bewährte Rezepte und Zukunftstrends»/ Standortqualität top: Industrie muss sich dennoch neu erfinden
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Aarau (ots)
Der Aargau wird attraktiver für Unternehmen und erreicht 2016 mit dem 3. Rang einen Spitzenplatz im Standortqualitäts-Ranking. Dennoch steht die Aargauer Industrie unter Druck. Während die Schweiz eine Rezession umgehen konnte und die Exporte wieder wachsen, ist der Frankenschock im Kanton Aargau noch nicht ausgestanden: Das signalisieren schwache Exportzahlen, eine erhöhte Arbeitslosenquote - die allerdings weiterhin unter dem Schweizer Durchschnitt liegt - und ein sinkendes Stellenangebot. Wie reagieren die Aargauer Industrie-unternehmen auf die anhaltenden Herausforderungen? Die bereits verbreitete Einführung neuer digitaler Technologien zeigt, dass viele Unternehmen ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen. Industrie 4.0 wird dazu beitragen, den substanziellen Industrieanteil im Aargau zu halten.
Standortqualität: Aargau auf Platz 3 vorgestossen Bei den Rahmenbedingungen für Unternehmen ist der Kanton Aargau noch attraktiver geworden. Im Kantons-Ranking überholt er Basel-Stadt und Schwyz und rückt auf den 3. Rang vor. Er positioniert sich damit hinter den Spitzenreitern Zug und Zürich. 2015 belegte der Kanton Aargau noch den 5. Rang. Hauptgrund für das bessere Abschneiden des Aargaus ist die tiefere Steuerbelastung für Unternehmen. Auch bei der Steuerbelastung von natürlichen Personen und der Erreichbarkeit von Flughäfen verzeichnet der Aargau bessere Werte als 2015. Will der Aargau seine Top-Position behaupten, darf er sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen: Mit der Unternehmenssteuerreform III werden die Karten im interkantonalen Steuerwettbewerb neu gemischt. Bereits angekündigte Steuersenkungen anderer Kantone gefährden den guten 3. Platz des Aargaus.
Hochburg der Industrie muss sich neu erfinden Stellenabbau, Auslagerungen und Schliessungen sind Stichworte, die derzeit häufig im Zusammenhang mit der Industrie fallen. Wie steht es um diese im Kanton Aargau und seinen sechs Wirtschaftsregionen? Der Blick auf die Beschäftigungszahlen zeigt: Der Aargau ist noch immer eine Hochburg der Industrie und weist im Vergleich zur Gesamtschweiz überdurchschnittliche Werte aus. Über 60'000 Personen, d.h. ein Viertel aller Beschäftigten, sind im verarbeitenden Gewerbe tätig. Zum Vergleich: Mit gut 16% der Beschäftigten hat die Industrie schweizweit ein weit geringeres Gewicht. Dies gilt ebenso für die Wertschöpfung: Das verarbeitende Gewerbe erbringt 27% der kantonalen Wertschöpfung. Im Landesmittel wird dagegen nur jeder fünfte Franken in der Industrie verdient. Relativ ist die Aargauer Industrie jedoch zurückgefallen: 2001 stellte das verarbeitende Gewerbe 29% der Beschäftigten im Kanton, aktuell sind es noch 23%.
Frankenstärke belastet Aargau
Dass der Frankenschock für die Aargauer Industrie noch nicht ausgestanden ist, zeigen verschiedene Konjunkturindikatoren, etwa die Exporte: Während sich die Schweizer Exporte insgesamt von der sprunghaften Aufwertung des Frankens gegenüber dem Euro erholt haben und wieder Höchstwerte verzeichnen, sind die Vorzeichen bei den Aargauer Ausfuhren noch negativ. Der Wert der exportierten Waren liegt im ersten Halbjahr 2016 nominal rund 20% unter dem Stand von 2010. Die für den Kanton sehr bedeutende Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) hat im Aargau - auch aufgrund von Wegzügen grosser Unternehmen - stärker gelitten als in der Gesamtschweiz. Mittlerweile dürften aber auch die Aargauer MEM-Exporte den Talboden erreicht haben. Die Herausforderungen widerspiegeln sich auch in der Industrie-Arbeitslosenquote im Aargau: Diese liegt mit knapp 4% zwar unter dem schweizerischen Durchschnitt, jedoch deutlich über der kantonalen Arbeitslosenquote (3%). Zudem ist das kantonale Stellenangebot in den vergangenen Monaten stark gesunken.
Strukturwandel im Industriekanton
Innerhalb der Industrie zeichnen sich gegenläufige Entwicklungen ab: Auf der einen Seite stehen hoch produktive, automatisierte und technologieintensive Branchen der Spitzenindustrie wie die Pharma-industrie, deren Umsätze und Beschäftigung stark wachsen. Auf der anderen Seite finden sich die weniger produktiven Branchen der traditionellen Industrie wie die Papier- und Druckindustrie oder die Holzindustrie. Diese dürften in den kommenden Jahren stagnieren oder Stellen abbauen. Im Kanton Aargau dominiert nach wie vor die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie: Mit rund 30'000 Vollzeit-beschäftigten entfallen auf diese rund die Hälfte der Arbeitskräfte in der kantonalen Industrie, was 12% aller Beschäftigten im Kanton entspricht. Die MEM-Industrie hatte in den vergangenen Jahren mit rückläufigen Aufträgen zu kämpfen und die Aussichten sind nach wie vor getrübt. Erfreulich bleibt die überdurchschnittliche Robustheit der Aargauer MEM-Branchen, die sich im gesamtschweizerischen Vergleich stets besser entwickelten.
Bewährte Rezepte: Anpassung und Innovation Wie gehen die Aargauer Industrieunternehmen mit dem anhaltenden Kostendruck um? Eine Umfrage unter Industrie-KMU zeigt: Die bewährten Rezepte lauten: stete Anpassung und Innovation. Eine überwiegende Mehrheit der befragten KMU mit Sitz im Kanton Aargau erachtet die Einführung neuer Technologien, Investitionen in Mitarbeitende und die Entwicklung neuer Produkte und Dienst-leistungen als wichtigste Massnahmen zur Bekämpfung von Standortnachteilen der Schweiz. Deutlich geringere Bedeutung messen die KMU dem verstärkten Import von Vorleistungen und der Auslagerung von Aktivitäten ins Ausland bei.
Zukunftstrend Digitalisierung
Dass die Aargauer Industrie ihre Zukunft selbst in die Hand nimmt, zeigt die bereits verbreitete Implementierung neuer digitaler Technologien: Die zunehmende Verschmelzung von Industrie und Informatik, oft bezeichnet als Industrie 4.0, bietet grosses Potenzial für eine Steigerung von Wertschöpfung und Effizienz sowie für individualisierte Produktion und neue Geschäftsfelder. Fast die Hälfte der Aargauer Industrie-KMU, die an der Umfrage teilgenommen haben, nutzen neue digitale Technologien bereits in mittlerem bis sehr starkem Umfang. Weitere 27% gaben an, neue Technologien zumindest zu einem geringen Grad einzusetzen. Industrie 4.0 ist damit in zahlreichen Betrieben bereits Alltag. Im Vergleich zu Industrie-KMU in der ganzen Schweiz liegt der Nutzungsgrad bei den Aargauer Industrieunternehmen zudem leicht höher. Die Förderung der Fachhochulen durch den Kanton und deren Programme zur Ausbildung von Industriefachkräften und die Unterstützung von Innovation unterstützen diese positive Entwicklung.
Fazit: Eine kleinere, dank Digitalisierung kräftigere Industrie Der Druck auf die Aargauer Industrie dürfte in den kommenden Jahren anhalten. Eine rasche Deindustrialisierung des Kantons zeichnet sich jedoch nicht ab. Der Aargau weist eine breit diversifizierte und überdurchschnittlich robuste industrielle Basis auf. Aufgrund der grossen Exportabhängigkeit ist die Industrie einerseits von der internationalen Nachfrage abhängig, andererseits vom Frankenkurs. An beiden Fronten zeichnet sich keine rasche Erholung ab. Eine Umkehr der schweizweit sinkenden Beschäftigungsentwicklung in der Industrie ist zwar nicht absehbar. Die Industrie 4.0 kann dazu beitragen, den immer noch substanziellen Industrieanteil im Aargau zu halten. Setzen sich die heute erkennbaren Trends fort, dürfte die Aargauer Industrie der Zukunft kleiner und konzentrierter, dank der Digitalisierung dafür aber umso kräftiger sein. Es ist von zentraler Bedeutung, die guten Rahmenbedingungen für den Aargau langfristig attraktiv zu gestalten und Innovationen weiter zu fördern, damit der Aargau seinen Podestplatz auch in Zukunft verteidigen kann.
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Die Medienmitteilung finden Sie im Internet unter www.nab.ch/mediemitteilungen Die Studie steht als pdf-Datei zum Herunterladen auf www.nab.ch/regionalstudie zur Verfügung.
Kontakt:
Roland Teuscher, Stv. Leiter Corporate Communication, Bahnhofstrasse
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