Völkerrecht und Kunst: Bourbaki Panorama eröffnet Themenmonate Menschlichkeit
Luzern (ots)
Die Schweiz gilt als Hochburg der humanitären Tradition. Wie steht es heute um die Menschlichkeit? Was haben die Wissenschaft und die Kunst dazu zu sagen? Das beleuchten die Themenmonate "Menschlichkeit", die am 8. Januar 2015 im Bourbaki Panorama in Luzern eröffnet werden. Sie dauern bis im Mai 2015.
Das Herzstück der Themenmonate ist die vom Juristen Marco Stoffel kuratierte Ausstellung "Ein Weg der Menschlichkeit." Zusammen mit einer Reihe von Rahmenveranstaltungen schlägt sie eine Brücke zwischen den Postulaten des humanitären Völkerrechts und der Kunst. Die Ausstellung wird am 8. Januar 2015 von der Stiftung Bourbaki Panorama sowie Markus Mader, Direktor Schweizerisches Rotes Kreuz, eröffnet. Am 20. Januar 2015 findet ein öffentlicher Anlass mit IKRK-Präsident Peter Maurer statt. Er wird ein Referat halten zum Thema "Die humanitäre Tradition der Schweiz".
Leuchtturm als Ausstellungssymbol
Ab Mitte Januar 2015 macht ein acht Meter hoher Turm aus Stahlgitter und Draht vor dem Bourbakigebäude auf die Themenmonate aufmerksam. Der deutsche Künstler Thomas Kilpper arbeitet seit Jahren am "Leuchtturm für Lampedusa", dessen Licht dereinst bis an die tunesische Küste erstrahlen und den Flüchtlingen den Weg weisen soll. Ein Modell des Leuchtturms wurde 2009 in Florenz und Neapel ausgestellt. Für die Themenmonate im Bourbaki Panorama wurde diese künstlerische Installation nochmals gebaut und mit den Original-Plastikstreifen verkleidet, die der Künstler in Anlehnung an die Farben der vor Lampedusa zerschellten Boote angefertigt hat. Der Leuchtturm steht als Ausstellungssymbol und soll das Bewusstsein für eine humanitäre Flüchtlingspolitik wecken.
Schüsse in Syrien
In der Parterrehalle des Panoramagebäudes haben das IKRK, das Schweizerische Rote Kreuz, die Hilfswerke sowie die Hochschule Luzern ihre Zelte aufgebaut. Im Informationszelt wird auf interaktive Weise die Bedeutung der Genfer Konvention anschaulich gemacht. Die Besucherinnen und Besucher erhalten einen iPad mit Kopfhörern sowie eine Armbinde mit den Schutzzeichen des Roten Kreuzes. Damit begeben sie sich auf einen virtuellen Parcours, auf dem sie mit einer Schiesserei in Syrien oder mit Landminen in Afghanistan konfrontiert werden.
Flucht aus Eritrea
In einem weiteren Teil der Ausstellung vermitteln Studierende der Hochschule Luzern - Soziale Arbeit ihre Auseinandersetzung mit der Welt eines Flüchtlings. Drei authentische Geschichten schildern die Flucht aus dem Heimatland in die Schweiz. Sie veranschaulichen die Risiken, die hohen Schmugglerkosten und die Überlebensstrategien in der Sahara. Die Besucher erleben in einem weiteren Schritt hautnah, was es heisst in Eritrea zu leben. Am Ende treffen in einem fiktiven Büro in der Schweiz die Erwartungen der Flüchtenden und die Realität aufeinander. "Welcome to paradise"?
Einen Stock höher, in der Stadtbibliothek, zeigen fünf Asylsuchende Fotos aus ihrem schweizerischen Alltag. Am 19. Februar und 12. März finden dazu auch Diskussionsabende mit den Asylsuchenden statt.
Fiktion und Wirklichkeit
Wie in der Geschichte des humanitären Völkerrechts ist "Solferino" der Beginn des Weges der Menschlichkeit. Als Prolog zu den Themenmonaten und bis 20. Januar zeigt die Kunsthalle Werke von Max Hari, darunter eine Holzskulptur in Panoramaform.
Der berühmte kanadische Fotokünstler Jeff Wall erstellte 1993 während den Restaurationsarbeiten am Panorama-Rundbild ein Grossbilddia von 119x490 cm. Das Kunstwerk, welches in einem Leuchtkasten ausgestellt wird, zeigt eine 180º-Aufnahme des Bourbaki Panoramas. Dieses Werk wird erstmals an dem Ort ausgestellt, an dem es geschaffen wurde. Dieser Leuchtkasten stellt laut NZZ (Ausgabe 20.2.2014) den absoluten Höhepunkt der kinematografischen Fotographie von Jeff Wall dar. "Nirgendwo sonst in seinem Werk verknüpfen sich Fiktion und Wirklichkeit auf so vielfältige Weise wie hier."
In Adaption des Bourbaki Rundgemäldes hat der Schweizer Künstler Christoffer Joergensen ein Foto-Panorama des Flüchtlingslagers der spanischen Exklave Melilla in Marokko erstellt. Auf der Innenseite der kugelförmigen Konstruktion befindet sich ein 360°-Panorama aus 23 nahtlos zusammengefügten Fotografien. Die Kugel kann nicht betreten werden, aber eine Anzahl dreieckiger Öffnungen geben Einblick in ihr Inneres. Ganz im Gegensatz zum Bourbaki Rundbild, auf dem wir überall in die Weite blicken, fühlen wir uns beim Blick in das Melilla-Panorama wie Ausgeschlossene. Dabei werden wir das Gefühl nicht los, auf der falschen Seite des Zaunes zu stehen.
Auch Christoph Rütimann setzt sich mit der Kunstform Panorama auseinander und hat speziell für die Ausstellung eine seiner bekannten "Handlauf"-Videoarbeiten" realisiert. Er hat das Panorama vor und hinter den Kulissen mit seiner Kamera abgeschritten und sie dabei an allen Geländern entlang geführt. Dadurch erhält der Betrachter eine ganz neue, lebendige Sicht auf das Kunstwerk von Edouard Castres.
Über 30 Rahmenveranstaltungen
Wichtige Akzente setzt das Rahmenprogramm mit Film, Literatur und Fachreferaten. Im Stattkino kommen - passend zur Thematik - Filme von Ari Folman und Fernand Melgar zur Aufführung. Das Bourbaki Kino zeigt "Samba" von Eric Toledano. Im Bildraum des Bourbaki Panoramas findet ein Literaturzyklus statt. Neben Lukas Hartmann, der am Eröffnungstag liest, werden der Schriftsteller und Publizist Iso Camartin und die Literaturprofessorin und Autorin Hildegard Elisabeth Keller auftreten. Die Literaturanlässe vom 29. Januar und 12. April 2015 werden vom Innerschweizer Schriftstellerverein (ISSV) gestaltet. Öffentliche Anlässe mit Experten zum Thema Migration und Asyl ergänzen das Rahmenprogramm.
Mahnmal für Menschlichkeit
Mit den Themenmonaten wollen die Initianten aufzeigen, dass uns humanitäre Katastrophen, wie sie sich vor Lampedusa oder in Syrien ereignen, direkt betreffen. Wie schon 1871, als die Schweiz 87'000 französische Soldaten aufgenommen hat, werden wir an die humanitäre Tradition der Schweiz erinnert. Das "Mitten drin", wie es der Betrachter des Panoramas durch die künstlerische Strategie des Immersion erfährt, ist auch die Wirklichkeit der heutigen humanitären Katastrophen. Das Bourbaki Rundgemälde ist heute wie damals - gerade auch angesichts der aktuellen Diskussionen über Asyl und Völkerrecht - ein Mahnmal für Menschlichkeit.
INFOBOX VERANSTALTUNGSHINWEIS
Themenmonate Menschlichkeit im Bourbaki Panorama
Die Schweiz gilt als Hochburg der humanitären Tradition. Wie steht es heute um die Menschlichkeit? Was haben die Wissenschaft und die Kunst dazu zu sagen? Vom 8. Januar bis 8. Mai 2015 widmet sich das Bourbaki Panorama Luzern diesem Thema. Impulse liefern die vom Juristen Marco Stoffel kuratierte Ausstellung «Ein Weg der Menschlichkeit» sowie über 30 Kunst- und Performance-Projekte, Filme, Podiumsdiskussionen und Vorlesungen. Trägerschaft ist die Stiftung Bourbaki Panorama.
Kontakt:
MEDIENKOORDINATION
Brigitte Heinrich, nettwerk, Tel +41/41/242'08'08
E-Mail medien@bourbakipanorama.ch
MEDIENDIENST (laufend aktualisiert)
Zusatzinformationen, Medientermine und Bilderdownloads:
http://www.bourbakipanorama.ch/de/museum/medien/mediendienst