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Stiftung Kinderschutz Schweiz: No Hitting Day 2009 - Jetzt erheben Fachleute ihre Stimmen: Schluss mit Körperstrafen in der Schweiz

Bern (ots)

Über 50 Expertinnen und Experten aus den Bereichen
Kindesschutz, Justiz, Pädagogik und Elternbildung stellen sich gegen 
die aktuelle Haltung von National- und Ständerat. In einer von der 
Stiftung Kinderschutz Schweiz initiierten Deklaration zum Schutz der 
Kinder vor Körperstrafen und anderen schlechten Behandlungen fordern 
sie explizit die gesetzliche Verankerung der gewaltfreien Erziehung 
in der Schweiz. Anlässlich des internationalen "No Hitting Day" am 
30. April 2009 sagen einige von ihnen in 100-Wörter-Statements warum.
Der Aufschrei in weiten Teilen der Bevölkerung ist gross wenn 
Kinderschützer und Kinderschützerinnen einmal mehr ein Gesetz zum 
Schutz von Kindern vor Körperstrafen in der Erziehung fordern. Es 
brauche keinen Staat, der den Eltern sagt, wie sie ihre Kinder zu 
erziehen haben, wird moniert. Man wolle Eltern damit kriminalisieren.
Ganz so argumentieren Stände- und Nationalrat zwar nicht, dennoch 
sprach sich 2008 eine Mehrheit gegen ein Gesetz zum verbesserten 
Schutz für Kinder vor Gewalt aus. Die bestehenden gesetzlichen 
Grundlagen reichten aus, lautete die Begründung. - Dem ist nicht so.
Wer Kinder hat weiss: Gewaltfrei erziehen ist anspruchsvoll. Rasch
kann die Hand bei einer der unzähligen nervenaufreibenden 
Diskussionen um Alltagsdinge ausrutschen. Richtig - und dennoch 
falsch, denn Schläge als "Erziehungsmethode" sind in der Schweiz zwar
leider weit herum toleriert, Experten und Expertinnen, die mit 
Kindern arbeiten wissen aber: Gewalt in der Erziehung erzeugt 
Gegengewalt und bildet keine Kinder mit eigenständiger und 
gefestigter Persönlichkeit heraus. Deshalb widersprechen über 50 
Fachpersonen verschiedenster Berufssparten jetzt laut der gängigen 
Haltung, fordern endlich politische und gesetzgeberische Massnahmen 
und untermauern damit klar die Forderungen der Stiftung Kinderschutz 
Schweiz.
100 Wörter für eine gewaltfreie Erziehung
"Ich habe es dir 100 Mal gesagt...." - erst kommt der Satz, dann 
bricht das Nervenkostüm zusammen, der Schlag sitzt, ein Kind leidet. 
In ihren Statements* zum "No Hitting Day 2009" halten Unterzeichnende
der Deklaration in 100 Worten entgegen, weshalb sich die Schweiz 
endlich zu jenen 24 Ländern gesellen sollte, welche bis heute 
Körperstrafen in der Erziehung per Gesetz verboten haben.
*Diese Aussagen gelten als gesprochenes Wort und dürfen damit direkt 
zitiert werden.
Prof. Dr. Pasqualina Perrig-Chiello, Honorarprofessorin, Institut 
für Psychologie der Uni Bern, NFP 52 Kinder, Jugend u. 
Generationsbeziehungen: "Schläge sind als Erziehungsmassnahme nicht 
nur völlig ungeeignet, sondern auch ein Zeichen von Hilflosigkeit und
Kontrollverlust seitens der Erziehenden. Ein inadäquater 
Erziehungsstil hat negative Konsequenzen bis ins hohe Alter. In der 
Schweiz sind viele Eltern mit der Erziehungssituation überfordert. In
der Regel sind fehlende Ressourcen (finanzieller, psychischer und 
sozialer Art) sowie mangelnde Infrastrukturen der Grund. Ich habe die
Deklaration zum Schutz der Kinder vor Körperstrafen unterzeichnet, 
erstens um in der Öffentlichkeit Bewusstsein zu schaffen für dieses 
Grundrecht des Kindes. Zweitens, um Eltern Mut zu machen, Hilfe zu 
holen und drittens, um Politikerinnen und Politiker aufzufordern, für
familienfreundlichere Rahmenbedingungen einzustehen."
Dr. iur. Andreas Brunner, Leitender Oberstaatsanwalt Kanton 
Zürich: "Jegliche Gewaltanwendung unter Erwachsenen zur 
Konfliktlösung oder als Strafe ist verpönt und strafbar. Kinder 
verdienen zumindest den gleichen, wenn nicht einen verstärkten 
Schutz. Nur die gewaltlose Erziehung und Bestrafung unserer Kinder 
führt längerfristig zu weniger Gewalt unter Erwachsenen."
Dr. med. Myriam Caranzano-Maitre, Kinderärztin, Mitglied ISPCAN 
(International Society for Prevention of Child Abuse and Neglect), 
Cagiallo: "Die gewaltlose Erziehung stellt die einzige Alternative 
zur Gewalt ganz allgemein dar. Unabhängig vom Alter des Opfers 
erzeugt Gewalt nämlich Gegengewalt. Und eine Ohrfeige stellt eine 
Gewalttat dar - wenn sie einem Erwachsenen erteilt wird, handelt es 
sich sogar um ein Strafdelikt. Dasselbe gilt für einen Schlag auf den
Hintern. Den Kausalzusammenhang zwischen erlittener und ausgeübter 
Gewalt zu verstehen, stellt die unerlässliche Bedingung dar, wenn wir
eine Gesellschaft anstreben, in der jeder Mensch unabhängig von 
seinem Alter respektiert wird. Die Kultur des Respekts vor dem Kind 
muss unbedingt aktiv gefördert werden."
Rolf Widmer, Direktor, Schweizerische Stiftung des Internationalen
Sozialdienstes, SSI, Genf: "Eine Körperstrafe ist in keinem Fall eine
passende Lösung für einen Konflikt. Eine Ohrfeige - so sehr man sich 
als Erziehende/r nach der schnellen, klärenden Lösung sehnt - ist 
keine Alternative. Sie ist Gewalt. Sie zerstört das Vertrauen, die 
Basis jeder Beziehung, weil das Kind seine Unversehrtheit in Gefahr 
sehen muss, auf deren Schutz gerade Kind/Jugendlicher unabdingbar 
angewiesen ist. Sie sagt nichts aus als: Ich will dir weh tun. Genau 
das Gegenteil von: Ich will, dass du dein Verhalten änderst, weil ich
dich liebe. Konfliktfähigkeit ist eine Kompetenz, die Kinder 
unbedingt lernen müssen, um als kompetent lebende Erwachsene ein 
Leben in friedlichen und demokratischen Zuständen leben zu können."
Silvia Frei, Leiterin Grundausbildung, Verantwortliche 
Qualitätssicherung, IG Spielgruppen Schweiz, Holderbank: "Die 
Gesellschaft geht davon aus, dass Eltern wissen, wie sie ihre Kinder 
erziehen sollen. Wenn nicht, sagen andere schnell, die haben's nicht 
im Griff! Die logische Folge ist, dass Eltern nach aussen 
demonstrieren, sie's haben's im Griff, nicht mit pädagogischem 
Geschick sondern mit Gewalt! Als Mutter und langjährige Ausbildnerin 
von Eltern, Spielgruppenleiterinnen und Erzieher/innen, fordere ich 
eine gesetzliche Grundlage für Eltern. So wie für Autofahrer, die 
zuerst die Theorie und dann die praktische Prüfung absolvieren um ein
Auto öffentlich zu lenken. Ich rufe die Politik und die Gesellschaft 
auf, Eltern in ihrer Erziehungsarbeit mit subventionierten und 
obligatorischen Elternkursen zu stärken."
Gewalt ist keine Privatsache
Die Stiftung Kinderschutz Schweiz hält daran fest: Wer Kinder als 
eigenständige Persönlichkeiten achtet und ihr Wohl im Fokus hat kann 
sich nicht gegen ein Gesetz stellen, das Körperstrafen und andere 
schlechte Behandlungen an ihnen verbietet. Es gilt, Kinder zu 
schützen und Eltern zu unterstützen. Denn: "Gewalt in der Erziehung 
ist keine Privatsache", so Stiftungsratspräsidentin Jacqueline Fehr. 
"Deshalb will ein Gesetz, das Kinder vor Körperstrafen schützt, 
Eltern auch nicht kriminalisieren sondern ihnen Orientierungshilfe 
geben und einen Rahmen für die Erziehungswerte unserer Gesellschaft 
schaffen."
Den ausführlichen Wortlaut der Deklaration sowie die Liste aller 
Unterzeichnenden finden Sie unter: www.kinderschutz.ch. Von 30. April
2009 an finden Sie dort auch weitere Statements.

Kontakt:

Stiftung Kinderschutz Schweiz
Jacqueline Fehr, Stiftungsratspräsidentin
Tel.: +41/52/224'09'01

Cordula Sanwald, Kommunikation
Mobile: +41/76/585'69'49

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