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Gefahren für die Märkte, Kommentar von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Der Europäischen Zentralbank (EZB) und José Manuel Barroso, dem Präsidenten der EU-Kommission, gebührt Dank: Vor allem ihren Ankündigungen neuerlicher Finanzspritzen und konzertierter Aktionen für die am Abgrund stehenden europäischen Großbanken ist es zu verdanken, dass die gerade beendete Woche an den Kapitalmärkten einigermaßen positiv verlaufen ist.

Die EZB will dabei gedeckte Schuldverschreibungen im Volumen von 40 Mrd. Euro ankaufen und den Banken unbegrenzte Kredite mit zwölf bzw. 13 Monaten Laufzeit gewähren. Zuvor hatte bereits die US-Notenbank mit ihrer "Operation Twist" eine neue Runde quantitativer Lockerungen der Geldpolitik eingeleitet. Dabei ersetzt die Fed kurzfristige durch langfristige Anleihen mit dem Ziel, die für die US-Wirtschaft besonders wichtigen langfristigen Zinsen weiter zu senken.

Darüber hinaus scheinen sich auch die konjunkturellen Perspektiven aufzuhellen. Dieser Eindruck lässt sich jedenfalls gewinnen, wenn man die jüngsten US-Arbeitsmarktdaten zurate zieht. Im September haben US-Unternehmen immerhin netto 103000 zusätzliche Jobs geschaffen, mehr als von US-Ökonomen erwartet. Der Dax beendete den Freitag mit einem Anstieg von 0,5% bei 5676 Punkten. In den vergangenen fünf Handelstagen hat er immerhin ein Plus von 3,2% erreicht. Der Euro weilte am Freitag über 1,35 Dollar, bis dann am Abend die Herabstufung Italiens und Spaniens durch die Ratingagentur Fitch für deutliche Verluste sorgte.

Positive Charttechnik

Auch aus charttechnischer Sicht hat sich die Lage verbessert. Beim Dax kommt es offenbar zu einer Bodenbildung, die Marke von 5200 Punkten hat gehalten. Nun ist kurzfristig der Weg bis 5700 Punkte frei und auf Monatssicht sogar bis 6000 oder 6100 Zähler. Dies setzt aber voraus, dass es auf der politischen Ebene zu Fortschritten bei der Rettung der Banken kommt. Genau darauf spekulieren derzeit offensichtlich nicht wenige Marktteilnehmer. Ihr Kalkül ist, dass bis zum EU-Gipfel im November eine große Lösung für die angeschlagenen Kreditinstitute gefunden wird. Auch von der EZB könnte weitere Unterstützung kommen. Für viele Akteure an den Märkten ist eine Zinssenkung im November, wenn der neue EZB-Präsident Mario Draghi seine erste Zinssitzung leitet, eine ausgemachte Sache.

Nicht übersehen werden sollte allerdings, dass es für dieses durchweg positive Szenario erhebliche Gefahren gibt. Ein Risiko besteht beispielsweise darin, dass derzeit kein Marktteilnehmer genau weiß, in welchem Zustand sich die europäischen Großbanken befinden. Der Beinahe-Zusammenbruch der belgischen Dexia kam jedenfalls überraschend. Im Juli hatte das Institut den Stresstest der europäischen Bankenaufsicht noch ohne Probleme bestanden. Offenbar sieht es auch bei den französischen Häusern alles andere als rosig aus. Dafür spricht, dass auf Seiten der französischen Regierung eine gewisse Nervosität zu bemerken ist. Gemäß Agenturberichten will Paris inzwischen sogar den europäischen Rettungsschirm European Financial Stability Facility (EFSF) anzapfen, um Frankreichs Banken zu rekapitalisieren. Berlin wehrt sich gegen die Zweckentfremdung der Mittel, weil aus deutscher Sicht zunächst die nationalen Regierungen für ihre Banken aufkommen sollen. Ein Streit zwischen Berlin und Paris könnte auch die Aufstockung der EFSF von 240 Mrd. Euro auf 440 Mrd. Euro verzögern, was Unsicherheit an den Märkten auslösen würde. Ob es tatsächlich zu einer großen konzertierten Rekapitalisierung kommt, so wie Barroso sie anstrebt, steht derzeit in den Sternen. Außerdem ist es noch längst keine ausgemachte Sache, dass Draghi quasi als erste Amtshandlung den Leitzins senken wird. Wie die Volkswirte der Unicredit anmerken, hat die EZB anlässlich der Zinssitzung vom Donnerstag keinen eindeutigen Hinweis auf eine baldige Zinssenkung gegeben, weil sie ihre Inflationseinschätzung nicht mit Abwärtsrisiken verbunden habe.

Hinzu kommen weitere Störfaktoren, beispielsweise seitens der Ratingagenturen. So hatten die Marktteilnehmer die Herabstufung Italiens und Spaniens nicht auf dem Radarschirm. Und was die Aktienmärkte betrifft, so gilt es zunächst einmal, die Quartalssaison zu überstehen. Bei Analysten gehen die Meinungen weit auseinander, ob die Auswirkungen des Konjunktureinbruchs schon ausreichend in den Prognosen (und damit in den Kursniveaus) berücksichtigt sind.

Somit sieht es weiterhin nicht danach aus, als wäre an den Märkten eine nachhaltige Erholung angesagt. Wahrscheinlicher ist, dass sich die von hoher Volatilität geprägte Seitwärtsbewegung auf absehbare Zeit fortsetzt.

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