Tous Actualités
Suivre
Abonner Börsen-Zeitung

Börsen-Zeitung

Weckruf für Deutschland, Kommentar zum Rating von Stephan Lorz

Frankfurt (ots)

Die übliche Schelte gegen die vielfach als so arglistig und ungerecht verschrienen Ratingagenturen blieb diesmal aus. Nachdem die Bonitätswächter von Moody's das deutsche Top-Rating zwar bestätigten, den Ausblick aber auf "negativ" setzten, äußerte sich das politische Berlin gelassen, und auch die Marktreaktionen hielten sich in Grenzen. Tatsächlich haben die Analysten formell nur das nachgezeichnet, was die Diskussion hierzulande längst vorweggenommen hat: die Angst vor einer Überforderung Deutschlands im Zuge der Euro-Rettungspolitik. Schließlich wächst das Risiko, dass die Milliarden-Bürgschaften und -Kredite in naher Zukunft tatsächlich einmal eingefordert bzw. als verloren klassifiziert werden müssen. Die aktuellen Debatten rund um Griechenland, Spanien und Italien sensibilisieren zusätzlich. Wie eng das Schicksal Deutschlands mit dem der anderen Euroländer verflochten ist, führt ja bereits die jüngste konjunkturelle Eintrübung vor Augen.

Insofern kommt der Weckruf der Ratingagentur Moody's zur rechten Zeit. Die Haftungsrisiken Deutschlands haben mit einem guten Drittel der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung inzwischen eine Dimension angenommen, welche die Stabilität des ganzen Landes bedrohen. Und auch die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Risiken hat mit der erneuten Zuspitzung der Krise dramatisch zugenommen. Die Ratingwarnung zeigt obendrein, dass die Rufe nach weiterer Vergemeinschaftung von Risiken eine gefährliche Entwicklung in Gang setzen könnten: Kernländer wie Deutschland verlieren ihre Spitzennote, fallen als sicherer Hafen aus, weshalb Investoren künftig einen großen Bogen um die Eurozone machen werden. Das Ergebnis: Die Zinsersparnis der Krisenländer ist überschaubar; demgegenüber steigen die Finanzierungskosten der Kernländer wie Deutschland dramatisch an. Niemandem wäre damit geholfen.

Der Bundesregierung kommt die Ratingaktion von Moody's also durchaus gelegen in ihrem Kampf gegen immer neue Begehrlichkeiten in der Eurozone. Zudem dürfte das Ratingverdikt die Hoffnung auf weitere Zugeständnisse Deutschlands für Griechenland, Spanien und Italien oder eine weitere Aufstockung der Rettungsfonds zunichte machen. Mehr denn je muss Berlin künftig auf die eigene Bonität achten. Die Ratingaktion dürfte auch in Karlsruhe mit Aufmerksamkeit registriert werden. Denn auch die Verfassungsrichter beschäftigen sich derzeit mit der Frage nach einer möglichen Überforderung Deutschlands im Zuge der Eurokrise.

Kontakt:

Börsen-Zeitung
Redaktion

Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de

Plus de actualités: Börsen-Zeitung
Plus de actualités: Börsen-Zeitung
  • 23.07.2012 – 20:50

    Zurück am Abgrund, Kommentar zur Staatsschuldenkrise von Detlef Fechtner

    Frankfurt (ots) - Es sei undenkbar, dass Angela Merkel noch einmal vor den Bundestag trete, um Zustimmung für weitere Griechen-Hilfen zu erbitten - so wurden gestern Berliner Ministerialbeamte zitiert. Fast der gleiche Satz war in Regierungskreisen schon einmal zu hören - im Frühjahr 2011. Monate später wurde trotzdem "Griechenland II" beschlossen - mit Zustimmung ...

  • 20.07.2012 – 20:45

    Trübere Aussichten, Börsenkommentar "Marktplatz", von Dieter Kuckelkorn.

    Frankfurt (ots) - Die europäische Schuldenkrise hat sich aus Sicht der Investoren in der gerade beendeten Handelswoche noch weiter verschlimmert. Deutlich wird das beispielsweise am Aktienmarkt. So hat der Dax am Freitag 1,9% auf 6630 Punkte eingebüßt, sodass auf Wochensicht nur noch ein kleines Plus von 1,1% herausgekommen ist. Den Vorstoß auf die Marke von 6800 ...