Schluss mit lustig, Kommentar zu Chinas Banken von Norbert Hellmann
Frankfurt (ots)
Jede gute Party findet einmal ihr Ende. Bei den allesamt staatlich dominierten chinesischen Großbanken kann man die Jahresmitte 2012 als Wendemarke nehmen, ab der die Freude über rauschhaften Gewinnfortschritte der letzten Jahre ihr Ende nimmt und sich die Vorahnung der unausweichlichen Kopfschmerzen breitmacht.
Bank of China, die am Donnerstag als erste unter den chinesischen Kreditriesen in die Ergebnisvorlage gegangen ist, zeigt noch knapp 8% Gewinnplus für die erste Geschäftsjahreshälfte, nachdem sie 2011 noch auf 19% gekommen war. Bei den Konkurrenten Agricultural Bank of China, Industrial and Commercial Bank of China und China Construction Bank darf man damit rechnen, dass sie zur Jahresmitte noch einmal ansehnliche, prozentual zweistellige Gewinnzuwachsraten zwischen 11 und 19% produzieren werden. Danach ist allerdings Schluss mit lustig.
Im Zuge der unerwartet zähen Konjunktureintrübung im Reich der Mitte und einer schleichenden Finanzsektorreform, die auf eine stärker marktgetriebene Zinsbildung bei Krediten und Einlagen hinausläuft, beginnt das tradierte Geschäftsmodell der chinesischen Großbanken, die als weitgehend vom Wettbewerb isolierte Kreditschleudern mit gesicherten Margen von supersatten 3% fungieren durften, immer mehr zu ächzen. Eine im Frühjahr seitens der Zentralbank eingeleitete Lockerung der Zinsbindung wird immer stärker auf die Margen durchschlagen und diese unaufhaltsam Richtung 2% treiben. Dies allein reicht aus, um die Gewinndynamik zum Erliegen zu bringen, zumal in der gegenwärtigen Konjunkturphase die Kreditnachfrage ihrer Hauptkundschaft, nämlich staatliche Großunternehmen, ebenfalls nachlässt. Sollte sich das Wirtschaftsklima weiter verschlechtern, kann man sich ausmalen, dass die auf einem historischen Tiefstand liegenden Kreditausfallraten kaum weiter absinken werden. Die Banken haben zwar reichlich Vorsorge geleistet, doch sind diese Polster im Falle von Spannungen am Immobilienmarkt keineswegs zum Ausruhen geeignet.
Den größten Kopfschmerz allerdings bereitet das Abschmelzen der lange zu negativen Realzinsen dotierten Einlagen. Chinas Sparer schichten um, was das Zeug hält, und entziehen den Banken ihre gesicherte Refinanzierungsbasis. Dem lässt sich zwar mit großzügigeren Konditionen entgegensteuern, doch werden damit die Gewinne der Banken erst recht nicht mehr in den Himmel wachsen.
Kontakt:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
www.boersen-zeitung.de