Medienmitteilung | Westjordanland: Die vergangenen zwei Jahre waren die tödlichsten für Kinder seit 2005
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Westjordanland: Die vergangenen zwei Jahre waren die tödlichsten für Kinder seit 2005
- Fast die Hälfte aller in 20 Jahren getöteten Kinder starb 2023 und 2024
- Luftangriffe und Gewalt durch militante Siedler:innen nehmen massiv zu
- Militärkontrollen erschweren Alltag und humanitäre Hilfe
Zürich/Ramallah, 11. Februar 2025 – Die Gewalt im von Israel besetzten Westjordanland hat in den letzten beiden Jahren deutlich zugenommen. Fast die Hälfte aller palästinensischen Kinder, die dort seit Beginn der Datenerhebung 2005 getötet wurden, starben 2023 und 2024. Darauf weist die Kinderrechtsorganisation Save the Children hin und bezieht sich auf Zahlen des Amtes der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UN OCHA).
Seit Januar 2023 wurden demnach mindestens 224 Kinder von israelischen Streitkräften oder Siedler:innen getötet. Das ist fast die Hälfte der insgesamt 468 Minderjährigen, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten im Westjordanland gewaltsam starben.
Der alarmierende Anstieg setzte sich auch zu Beginn des Jahres 2025 fort. Mindestens zehn palästinensische Kinder, das jüngste gerade einmal zwei Jahre alt, waren unter den 70 Menschen, die im Januar im Westjordanland bei Luftangriffen oder Gefechten zu Tode kamen. Erst kurz zuvor war im Gazastreifen die Waffenruhe in Kraft getreten.
«Obwohl es im Westjordanland keinen bewaffneten Konflikt gibt, verlieren Kinder ihr Leben – bei Luftangriffen, in Gefechten, durch Scharfschützen», sagt Ahmad Alhendawi, Regionaldirektor für den Nahen Osten von Save the Children. «Jeder Angriff, jede Razzia reisst Familien auseinander und hinterlässt nicht nur körperliche, sondern auch seelische Schäden, die weit über die unmittelbare Zerstörung hinausgehen.»
Vor allem durch Luftangriffe sterben im Westjordanland immer mehr Kinder. Die Opferzahlen haben sich laut UN OCHA seit dem 7. Oktober 2023, dem Tag des Überfalls durch die Hamas, im Vergleich zu den 18 Jahren zuvor verzwanzigfacht. Viele Lufteinsätze fanden über dicht besiedelten Gebieten wie den Geflüchtetencamps in Dschenin im Norden und Tulkarem im Nordwesten des Westjordanlandes an der Grenze zu Israel statt. Auch die Gewalt durch israelische Siedler:innen war der UN-Behörde zufolge im Jahr 2024 so massiv wie seit fast 20 Jahren nicht. Im gesamten Westjordanland wurden demnach im letzten Jahr rund 4250 Menschen vertrieben, 1760 Gebäude zerstört und 1400 Angriffe verübt.
Die von den israelischen Streitkräften verhängten Bewegungseinschränkungen erschweren den Alltag zusätzlich. Seit dem 7. Oktober 2023 wurden Berichten zufolge fast 900 neue Militärkontrollpunkte und -sperren errichtet. Den Menschen fällt es immer schwerer, zur Arbeit oder zur Schule zu kommen und lebensnotwendige Güter einzukaufen. Kinder und humanitäre Helfende berichten, dass sie bis zu zwölf Stunden an Kontrollpunkten warten müssen.
«Die internationale Gemeinschaft muss jetzt entschlossen handeln, um palästinensische Kinder und Familien zu schützen», fordert Ahmad Alhendawi. «Alle Staaten, die Waffen, Waffenteile oder Munition liefern, bei denen die Gefahr besteht, dass sie völkerrechtswidrig eingesetzt werden, müssen dies sofort einstellen. Es darf nicht sein, dass Kinder getötet, vertrieben und ihrer Grundrechte beraubt werden, ohne dass hierüber Rechenschaft abgelegt werden muss.»
Save the Children ist seit 1953 in den besetzten palästinensischen Gebieten tätig und arbeitet mit verschieden Partnern zusammen. Im Westjordanland weitet die Organisation ihre Hilfe derzeit aus und unterstützt Familien unter anderem mit Bargeld, Nahrungsmitteln, Zugang zu sauberem Wasser und weiteren lebensnotwendigen Gütern. Kinder, Eltern und andere Betreuungspersonen erhalten psychologische Unterstützung. In Schutz- und Spielräumen können Kinder für eine Weile ihren herausfordernden Alltag vergessen.
Zusatzmaterial zum Download:
Fotos, B-Roll sowie Video-Interviews mit Marah* (8) und Tareq* (10) aus dem Westjordanland: https://www.contenthubsavethechildren.org/Package/2O4C2S0DU1WO
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*Name zum Schutz geändert
Bei Interviewanfragen wenden Sie sich bitte an den untenstehenden Kontakt.
Kontakt Melina Stavrinos Kommunikationsverantwortliche +41 44 267 74 68 melina.stavrinos@savethechildren.ch
Save the Children Schweiz Jedes Kind verdient eine Zukunft – ob in der Schweiz oder auf der ganzen Welt. Mit dieser Überzeugung unterstützt der Verein Save the Children Schweiz seit 2006 kompromisslos und unermüdlich die am stärksten benachteiligten Kinder. In der Schweiz verwurzelt, ist Save the Children seit 1919 die weltweit führende Kinderrechtsorganisation. Dank unserer lokalen Verankerung in 120 Ländern kennen wir die Situation vor Ort, passen unsere Projekte entsprechend an und können im Notfall unverzüglich helfen. Wir verändern nachhaltig und positiv das Leben von Kindern, besonders in Krisen, auf der Flucht oder in Slums. In der Schweiz setzen wir uns seit 2015 für geflüchtete Kinder ein und verfügen über grosse Expertise im Bereich Asyl und Migration.