Schweizer KMU sehen Chancen im Geschäft mit den BRIC-Ländern
Ernst & Young-Sommerumfrage "KMU-Barometer 2010"
Zürich (ots)
Jedes vierte mittelständische Unternehmen ist bereits in den Wachstumsmärkten Brasilien, Russland, Indien oder China tätig / Dabei wird in den BRIC-Staaten die mangelnde Rechtssicherheit, Korruption und Know-how-Diebstahl als Gefahr wahrgenommen / Unternehmen aus Wachstumsmärkten werden im Schweizer Markt noch kaum als Konkurrenz angesehen
Das Erstarken der Wirtschaft in den Wachstumsmärkten Brasilien, Russland, Indien und China (BRIC-Länder) wird von schweizerischen KMU eher als Chance denn als Gefahr angesehen. Jedes vierte Unternehmen sieht die Wirtschaftskrise als Impuls für eine zusätzliche Geschäftstätigkeit in den BRIC-Ländern - 10 Prozent können dieser Entwicklung allerdings wenig Positives abgewinnen und sehen eher Gefahren für ihr Geschäft. Schweizer KMU, die bereits in den BRIC-Ländern tätig sind, bewerten ihre Erfahrungen als überwiegend positiv. Allerdings gibt es deutliche Kritik an der mangelnden Rechtssicherheit, der Korruption und am Know-how-Diebstahl. Das sind Ergebnisse der aktuellen Sommerumfrage des "KMU-Barometer 2010" von Ernst & Young. Der Studie liegt eine Umfrage unter 700 mittelständischen Unternehmen in der Schweiz zugrunde, die im Juni 2010 durchgeführt wurde.
"Die Schweizer KMU haben das enorme Potenzial der neuen Wachstumsmärkte - insbesondere von China und Russland - erkannt", stellt Viktor Bucher, Partner und Leiter Markt Deutschschweiz bei Ernst & Young, fest. "Beide Märkte entwickeln sich dynamisch und sind sowohl als Absatzmarkt als auch als Produktionsstandort sehr interessant. Ein Engagement in diesen Ländern ist allerdings auch mit erheblichen Risiken verbunden", sagt Pierre-Alain Cardinaux, Partner und Leiter Markt Suisse romande bei Ernst & Young. Daher seien die meisten Unternehmen eher zurückhaltend bei der Aufnahme geschäftlicher Beziehungen mit China und Russland.
Derzeit sind 34 Prozent der Unternehmen im Geschäft mit China, 29 Prozent im Geschäft mit Russland, 26 Prozent im Geschäft mit Indien und 25 Prozent im Geschäft mit Brasilien tätig - wobei Russland mit 22 Prozent als wichtigster Absatzmarkt und China mit 14 Prozent als wichtigster Produktionsstandort genutzt wird. 6 beziehungsweise 5 Prozent der Schweizer KMU geben an, dass chinesische und indische Unternehmen zu ihren Zulieferern gehören.
Probleme: mangelnde Rechtsicherheit und Know-how-Diebstahl
Das grösste Problem bei einer Tätigkeit in den BRIC-Ländern ist aus Sicht der KMU die mangelnde Rechtssicherheit und die Korruption - jedes vierte beziehungsweise jedes fünfte Unternehmen bewertet dies als hohes Risiko. "Die Durchsetzung eigener Ansprüche vor Gericht im Ausland ist zeitaufwändig und kostenintensiv - mit ungewissem Ausgang", sagt Viktor Bucher. Nur wenige KMU hätten die entsprechenden Ressourcen. "Zudem kann von einer echten Verlässlichkeit bei den rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen noch keine Rede sein", ergänzt Pierre-Alain Cardinaux. "Patentverletzungen seien an der Tagesordnung." Aus Sicht von 34 Prozent der Unternehmen ist zudem die weit verbreitete Korruption ein wichtiges Thema im Russland-Geschäft.
Es sind vor allem grosse und bereits international tätige KMU, die den Schritt in die BRIC-Staaten wagen. So geben 49 Prozent der Unternehmen mit mehr als CHF 100 Millionen Umsatz an, Erfahrungen in den BRIC-Ländern oder mit Unternehmen aus den BRIC-Ländern gemacht zu haben. Bei den Unternehmen mit weniger als CHF 50 Millionen Umsatz liegt der Anteil nur bei 26 Prozent. "Für kleinere Unternehmen sind die Risiken und Unsicherheiten oftmals zu gross", hält Viktor Bucher fest.
Unterschiedliche Erfahrungen in den Wachstumsmärkten
Die Erfahrungen von Schweizer KMU in den BRIC-Ländern sind unterschiedlich: Während die Mehrheit der Unternehmen, die in China tätig sind, sich positiv zu den Geschäftsbeziehungen äussert, sagt die Mehrheit der Unternehmen, die in Brasilien, Russland und Indien tätig sind, dass sie sowohl positive als auch negative Erfahrungen gemacht haben. Von überwiegend negativen Erfahrungen berichten vor allem Unternehmen mit Geschäftstätigkeit in Russland (17 Prozent).
Im Durchschnitt plant jedes siebte KMU (15 Prozent), mittel- bis langfristig in den BRIC-Ländern tätig zu werden oder sein Engagement in diesen Ländern auszuweiten. Unternehmen, die bislang noch keine Erfahrungen in den BRIC-Ländern gemacht haben, sind zurückhaltend: Nur 7 Prozent planen den Gang in die BRIC-Länder. Von den Unternehmen, die bereits in den BRIC-Ländern tätig sind, geben 40 Prozent an, ihr Engagement ausweiten zu wollen. "Von einem Hype können wir noch nicht sprechen", sagt Pierre-Alain Cardinaux. Die bisweilen übermässig positive Betrachtung der vergangenen Jahre sei inzwischen einer nüchternen Beurteilung von Chancen und Risiken gewichen: "Kein Unternehmer expandiert heute noch blauäugig in neue Wachstumsmärkte." Zudem seien Markteintrittskosten und der Wettbewerb vor Ort inzwischen relativ hoch.
Derzeit werden Unternehmen aus den BRIC-Ländern noch kaum als Konkurrenten auf den angestammten Märkten wahrgenommen - insgesamt berichten nur 3 Prozent von entsprechenden Erfahrungen. Dies werde sich in den kommenden Jahren ändern, hält Viktor Bucher fest: "In dem Mass, wie sich die Wachstumsmärkte auch aufgrund der Krise weiter entwickeln, werden diese Länder ebenfalls die internationalen Märkte ins Visier nehmen. "In der Schweiz und in den traditionellen Exportmärkten werden es Schweizer KMU zunehmend mit Konkurrenten aus Brasilien, Russland, Indien und China zu tun bekommen".
"Ein Engagement sollte mittlerweile Teil einer umfassenden Internationalisierungsstrategie sein", betont Pierre-Alain Cardinaux. "Zwar sind die westeuropäischen Länder - allen voran Deutschland und Frankreich - nach wie vor die wichtigsten Auslandsmärkte für Schweizer Unternehmen und insbesondere für KMU, allerdings sind die BRIC-Länder deutlich auf dem Vormarsch."
Informationen zur Studie
Die vorliegende Studie basiert auf einer Befragung der Geschäftsführer oder Inhaber von insgesamt 700 mittelständischen Unternehmen in der Schweiz. Die telefonischen Interviews zur diesjährigen Studie erfolgten im Juni 2010. Die Befragung wurde von Valid Research (Bielefeld, Deutschland), einem unabhängigen Meinungsforschungsinstitut, im Auftrag von Ernst & Young durchgeführt. Dabei wurde sowohl auf regionaler Ebene als auch schweizweit die folgende Branchenverteilung zugrunde gelegt: 47 Prozent Dienstleistung, zehn Prozent Handel, 25 Prozent Bau und Energie, 18 Prozent Industrie und verarbeitendes Gewerbe. Die Zahl der Mitarbeitenden in den Unternehmen reichte von 30 bis 2'000.
Kurzporträt von Ernst & Young
Ernst & Young ist ein weltweit führendes Unternehmen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuern, Transaktionen und Beratung. Unsere 144'000 Mitarbeitenden auf der ganzen Welt verbinden unsere gemeinsamen Werte sowie ein konsequentes Bekenntnis zur Qualität. In der Schweiz ist Ernst & Young ein führendes Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen und bietet Dienstleistungen in den Bereichen Steuern und Recht sowie Transaktionen und Rechnungslegung an. Unsere 1'900 Mitarbeitenden in der Schweiz haben im Geschäftsjahr 2008/09 einen Umsatz von CHF 546 Mio. erwirtschaftet. Wir differenzieren uns, indem wir unseren Mitarbeitenden, Kunden und Anspruchsgruppen helfen, ihr Potenzial auszuschöpfen. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Website: www.ey.com/ch
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