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Expertenärzte sind für gute Hörgeräteversorgung

St. Gallen (ots)

Die Expertenärzte der Schweizerischen
Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohrenärzte (SGORL) setzen sich für die
Qualität der Hörgeräteanpassung ein, die auch in Zukunft bei einer
allfälligen Systemänderung das oberste Kriterium sein muss. Eine
solche Änderung sieht das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV)
aufgrund von Kostendruck vor. Hörbeeinträchtigte müssen weiterhin
darauf vertrauen können, Zugang zu den für sie passenden Hörsystemen
zu haben, unabhängig von ihren eigenen finanziellen Möglichkeiten.
Gemäss Daten der Schweizerischen Gesundheitsbefragung des
Bundesamts für Statistik von 2002 trugen 2,6% oder 160'000 Personen
Hörgeräte. Heute belaufen sich Schätzung auf etwa 250'000 Personen.
Vermutlich könnten aber wesentlich mehr von Hörgeräten profitieren.
Fest steht zudem in den kommenden Jahren eine Bedarfssteigerung an
Hörgeräten durch das zunehmende Lebensalter der Bevölkerung.
Sind also Befürchtungen eines massiven Kostenanstiegs für die
Sozialversicherung berechtigt und müssen Gegenmassnahmen ergriffen
werden? Solche Massnahmen wurden vom Bundesamt für Sozialversicherung
(BSV) bereits eingeleitet. Das BSV lancierte im September 2008 eine
internationale Ausschreibung der Hörgeräte mit der Absicht, die
günstigsten Anbieter unter Vertrag zu nehmen. Wie ist es dazu
gekommen und was bedeutet das für betroffene Hörgeschädigte?
Jährlich werden in der Schweiz etwa 50'000 neue Hörgeräte zu
Lasten der durch das BSV vertretenen Sozialversicherungen (IV und
AHV) finanziert. 2004 kostete das 106 Mio Franken, fast ein Drittel
der Gesamtausgaben der IV für Hilfsmittel und 28% mehr als drei Jahre
zuvor. Die bekannte, angespannte finanzielle Lage der IV führte 2005
im Nationalrat zu zwei Motionen und die Eidgenössische
Finanzkontrolle (EFK) wurde mit der Evaluation der Ausgaben für
Hilfsmittel beauftragt. Die EFK wählte die Hörgeräte für die
Evaluation aus, da sie sind im Vergleich zu anderen Hilfsmitteln
besser mit anderen Ländern Europas zu vergleichen sind und in der IV
und AHV einen bedeutenden Posten der Hilfsmittel ausmachen. Im
Vergleich zum Gesamtbudget oder zum Defizit entsprechen sie aber
immer noch einem sehr bescheidenen Betrag.
Die wichtigsten Resultate der EFK-Studie vom Sommer 2007 zeigten:
  • Die Ausgaben für Hörgeräte wuchsen zwischen 1995 und 2005 von 64 Mio auf 126 Mio Franken: eine Verdoppelung in 10 Jahren.
  • Aber es fand auch eine Verdoppelung der Hörgeräteträger in den betrachteten 10 Jahren statt.
  • Tatsächlich sank in diesem Zeitraum der finanzielle Aufwand der IV für die Versorgung pro Person leicht.
  • Im europäischen Vergleich bestehen in der Schweiz eine sehr hohe Akzeptanz und eine regelmässige Nutzung der Hörgeräte - es kann durch diese Befunde auf eine gute Versorgung und auf eine hohe Effizienz der Hörgeräteversorgung geschlossen werden.
Niemand trägt ohne Bedarf ein Hörgerät. Die Resultate der EFK
Studie belegen, dass kompetente Diagnostik und sachkundige Beratung
zum vermehrten Gebrauch von gut angepassten Hörgeräten führten. Das
ermöglicht oft die Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit und
vermeidet vorzeitige Berentungen. Das System der Hörgeräteanpassung
in der Schweiz entwickelte sich seit 48 Jahren erfolgreich und es
wurde laufend den neusten Erkenntnissen der medizinischen
Hörforschung und den technischen Fortschritten angepasst. Als
wesentlicher Teil des Systems ist eine enge und partnerschaftliche
Zusammenarbeit der Ohrenärzte mit Fachpersonen für Hörgeräte -
Akustikerinnen und Akustiker - zu werten.
Das System könnte mit den vom BSV beabsichtigten Massnahmen
einschneidende Veränderungen erfahren. Der zentrale Einkauf der
Hörgeräte bei den günstigsten Anbietern kann Geld sparen. Er darf
aber nicht mit einer Reduktion der technischen Möglichkeiten und
einem Ausschluss des Fortschritts verbunden sein. Dies könnte die
Qualität der Hörgeräteanpassung gefährden, was nicht im Interesse der
Hörbeeinträchtigten und deren Integration sein kann.
Die Expertenärzte und -ärztinnen der SGORL setzen sich
entschlossen für die Erhaltung der heutigen Versorgungsqualität ein,
die zu einem wesentlichen Teil auf dem Tandem kompetenter
medizinisch-audiologischer Abklärung durch die Ohrenärztinnen und
Ohrenärzte und sachkundiger technischer Betreuung durch die
Akustikerinnen und Akustiker beruht. Kurzfristiges Spardenken darf
nicht zur Beeinträchtigungen der sozialen Integration oder im
Berufsleben mit seinen immer höheren Anforderungen an die
Kommunikation führen. In unserem wohlhabenden Land, das sich mit
Recht eines leistungsfähigen Sozialsystems rühmt, muss die Hilfe für
alle hörbehinderten Mitmenschen auch bei Sparmassnahmen sicher
gestellt sein. Eine Zweiklassenversorgung, in der gut situierte
Selbstzahler bevorzugt werden, darf in der Rehabilitation von
Hörbehinderten auch bei Sparmassnahmen keinen Platz haben.

Kontakt:

Prof Dr. med. Pavel Dulguerov
Präsident

Dr. med. Mattheus Vischer
Präsident der Kommission für
Audiologie und Expertenwesen

Schweizerische Gesellschaft für Oto-Rhino-Laryngologie
Hals- und Gesichtschirurgie
Tel.: +41/71/230'06'46
Internet: www.orl-hno.ch