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Schweizerische Diabetesgesellschaft SDG - ASD

Diagnose Diabetes: ungenügender Schutz vor Diskriminierung im Schweizer Recht

Baden (ots)

Die Schweizerische Diabetes-Gesellschaft (SDG)
vertritt als Patientenorganisation die Interessen der 
Diabetesbetroffenen. Aufgrund zahlreicher Hinweise ihrer Mitglieder 
hat die SDG ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, um Klarheit 
darüber zu erhalten, wo im Schweizer Recht Lücken im 
Diskriminierungsschutz von Diabetesbetroffenen bestehen. Das 
ausführliche Rechtsgutachten von Prof. Kurt Pärli (Leiter Forschung 
und Entwicklung Institut für Wirtschaftsrecht ZHAW), zeigt beim 
Schutz vor Diskriminierung Mängel im Schweizer Recht auf. 
Insbesondere fehlt ein allgemeines Diskriminierungsverbot auf 
Gesetzesstufe. Die ernüchternden Ergebnisse des Rechtsgutachtens 
machen deutlich, dass Diabetesbetroffene aufgrund der rechtlichen 
Mängel in der Schweiz erhebliche Nachteile erfahren.
Diskriminierungsschutz wird im Schweizer Recht und in den von der 
Schweiz ratifizierten Menschenrechtsverträgen grundsätzlich 
garantiert. Allerdings gilt Diabetes nicht explizit als 
Diskriminierungsmerkmal - Diabetes kann höchstens unter den 
"Diskriminierungsschutz wegen einer Behinderung" (Art. 8 Abs. 2 BV) 
fallen. Diabetes an sich ist jedoch keine Behinderung!
Glücklicherweise zeigt das bahnbrechende Urteil des Europäischen 
Gerichtshofs für Menschenrechte "Glor gegen die Schweiz", dass sich 
chronisch Kranke doch wehren können. Glor wurde aufgrund seines 
Diabetes der Militärdienst verwehrt. Von der Leistung eines zivilen 
Ersatzdiensts wurde Glor ebenfalls ausgeschlossen. Als sich der 
Dienstwillige aber gegen die Wehrpflichtersatzabgabe wehren wollte, 
entschied das Bundesgericht gegen Glor. Zu "krank" um Dienst zu 
leisten, aber zu wenig "behindert" um vom Wehrpflichtersatz befreit 
zu werden? Eine solche Gerichtspraxis verstösst gegen Art. 14 in 
Verbindung mit Art. 8 EMRK und wurde vom Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte als diskriminierend eingestuft. Der Weg über 
Strassburg ist allerdings teuer und beschwerlich. Menschen, die unter
einer Beeinträchtigung leiden, müssen in der Schweiz besser vor 
Benachteiligung geschützt werden.
Eine abschliessende Definition des Begriffs "Diskriminierung" 
fehlt im Schweizer Recht. Auch kennt die Schweiz im Gegensatz zu EU- 
Richtlinien und dem American Disability Act keinen ausdrücklichen 
Diskriminierungsschutz auf Gesetzesstufe - insbesondere nicht für 
chronisch erkrankte Menschen. Von Nachteilen, die chronisch 
erkrankten Menschen aus Lücken im Schweizer Recht erwachsen, sind 
Menschen mit Diabetes direkt betroffen. Sie werden in der 
Rechtsanwendung und durch Private benachteiligt. So können 
Diabetesbetroffene von Taggeldversicherungen, Lebensversicherungen 
und relevanten Zusatzversicherungen ohne spezifische Abklärung 
ausgeschlossen werden. Im Gutachten aufgeführte Beispiele 
verdeutlichen die Problematik: Werden ein diabetischer 
Physiotherapeut oder eine Informatikerin mit Diabetes, die sich 
selbständig machen wollen, das Fehlen einer Taggeldversicherung in 
Kauf nehmen? Können sich Eltern eines diabetischen Kindes die 
langfristig unbedingt notwendige Fusspflege leisten, wenn das Kind 
von der Zusatzversicherung ausgeschlossen wurde? Darf es sein, dass 
Diabetiker den Traum eines Eigenheims aufgeben müssen, weil ihnen der
Abschluss einer Lebensversicherung verwehrt bleibt?
Die SDG wird sich für den Diskriminierungs- und 
Stigmatisierungsschutz aller Diabetesbetroffenen einsetzen. Mit dem 
Gutachten von Prof. Kurt Pärli ist die Lage rechtlich klar erfasst; 
nun gilt es Diskriminierung im Alltagsleben der Diabetesbetroffenen 
ganzheitlich aufzudecken. Dazu ist ein Projekt mit Prof. Daniel 
Gredig (Leiter Institut Integration und Partizipation FHNW) in 
Planung, welches im Sinne einer sozialwissenschaftlicher 
Forschungsstudie mittels Interviews mit Diabetesbetroffenen eruieren 
wird, inwiefern diese in ihrem Leben stigmatisiert oder diskriminiert
wurden.
Das Rechtsgutachten kann unter 
http://www.diabetesgesellschaft.ch/de/news heruntergeladen werden.

Kontakt:

Dr. Regine Sauter, Präsidentin Schweiz. Diabetes-Gesellschaft
Mobile.: +41/79/667'75'03

Doris Fischer-Taeschler
Geschäftsführerin Schweiz. Diabetes-Gesellschaft
Tel.: +41/56/200'17'90