Schweizer Presserat - Conseil suisse de la presse - Consiglio svizzero della stampa
Media Service: Schweizer Presserat; Stellungnahme 71/2011
(http://presserat.ch/_71_2011.htm)
Parteien: Esseiva c. «Blick»
Thema: Lauterkeit der Recherche
Recht am eigenen Bild
Beschwerde teilweise gutgeheissen
Un document
Interlaken (ots)
Zusammenfassung
Der berufsethische Persönlichkeitsschutz beschränkt sich räumlich nicht in auf den privaten, häuslichen Bereich. Auch wer sich im öffentlichen Raum, beispielsweise im Internet, exponiert, verzichtet damit nicht gänzlich auf den Schutz seiner Persönlichkeit. Eine Einwilligung der Betroffenen für die Weiterverbreitung eines Bildes durch eine Zeitungsredaktion ist deshalb auch dann erforderlich, wenn ein «Oben ohne Bild» wegen einer technischen Panne vorübergehend ohne schützenden Balken im Internet zugänglich ist. Die FDP-Frauen warben im Vorfeld der Eidgenössischen Wahlen 2011 mit dem Slogan «Nicht mehr oben ohne» für mehr Frauen in Spitzenämtern von Politik und Wirtschaft. Als Blickfang benutzte die Kampagne eine Bild mit dem nackten Oberkörper von Esseiva, der allerdings durch einen schwarzen Balken abgedeckt war. «Blick» machte sich unter dem Titel «Freisinnige Nacktpanne» darüber lustig, der schwarze Balken mit dem Slogan fehle, wenn der Computer zu langsam sei. Und in der französischen Version des Flyers könne man ihn einfach wegklicken. Zur Illustration zeigte Blick je eine Version des Bildes mit und ohne Balken. Der Presserat heisst eine Beschwerde von Claudine Esseiva teilweise gut. Zwar sein nicht belegt, dass «Blick» das Bild manipuliert habe. Hingegen hätte die Zeitung die angebliche «technische Panne» nicht zum Vorwand nehmen dürfen, das Bild ohne Balken ohne Zustimmung der FDP-Frauensekretärin zu veröffentlichen. Denn ihre Einwilligung zur Veröffentlichung habe sich offensichtlich nur auf das Bild mit Balken erstreckt. Und selbst wenn man ein öffentliches Interesse an der Berichterstattung über die provokative Kampagne bejahte, wäre es unverhältnismässig, das Bild ohne Balken zu veröffentlichen. Zumal die Leserschaft auch ohne Abdruck des «Pannenbildes» in der Lage gewesen wäre, sich dieses vorzustellen.
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