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Media Service: Schweizer Presserat: Wahlbericht mit der Nazikeule (Stellungnahme 36/2016)

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Bern (ots)

Parteien: Müller/Winninger c. «Obersee Nachrichten»

Thema: Wahrheitspflicht / Anhören bei schweren Vorwürfen / Sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen

Beschwerde teilweise gutgeheissen

Zusammenfassung

Wahlbericht mit der Nazikeule

Die «Obersee Nachrichten» in Rapperswil haben mit den Artikeln «Panzer-Fan und Nazidunst in Uznach» sowie «Uznach: Kandidat Müller und seine Nazi-Panzer-Schriften» den Journalistenkodex verletzt. Gemäss Entscheid des Schweizer Presserats hätte die Redaktion den Kandidaten für das Gemeindepräsidium in Uznach SG, Peter Müller, zwingend mit dem impliziten Vorwurf, er tummle sich in einem Nazi-Umfeld, konfrontieren müssen. Weil Müller dazu nicht Stellung nehmen durfte, heisst der Presserat dessen Beschwerde teilweise gut.

Der Presserat hält aber auch fest: «Es gehört zu den Aufgaben einer freiheitlichen Presse, für Aufklärung zu sorgen - gerade wenn es um Bewerber für ein öffentliches Amt geht.» Wenn die «Obersee Nachrichten» den Hintergrund eines Kandidaten für das Vollamt eines Gemeindepräsidenten ausleuchteten, so machten sie nichts anderes, als was eine freiheitliche Gesellschaft von ihnen als «public watchdog» erwarte.

Immerhin war das Amt erstmals öffentlich ausgeschrieben worden, so dass auch Bewerber von ausserhalb der Gemeinde willkommen waren. Welche Bücher der Militärschriften-Verlag des Bewerbers Müller herausgibt, war für die Stimmberechtigten von Bedeutung, ein öffentliches Interesse für die Artikel gegeben.

Anfang März 2016 beleuchteten die «Obersee Nachrichten» den Hintergrund von Müllers Verlag: Müller versammle «eine seltsame Truppe von Autoren». Von seinen Autoren aus dem Nazi-Umfeld habe sich der Verleger nie distanziert.

Peter Müller beschwerte sich beim Presserat. Die «Obersee Nachrichten» bezeichneten ihn zwar nicht direkt als «Nazi», doch werde ihm diese Haltung unterstellt. Der Verleger monierte, er sei vor der Veröffentlichung nicht kontaktiert worden.

Die «Obersee Nachrichten» beriefen sich darauf, sie hätten von einer Konfrontation absehen können, weil sich die Artikel ausschliesslich auf offiziell verfügbare Informationen von Müllers Website abgestützt hätten.

Der Presserat befand, wenn jemandem ungenügend belegt vorgeworfen werde, er publiziere Autoren aus dem Nazi-Umfeld und wenn von Nazidunst die Rede ist, dann unterstelle man ihm eine besondere Nähe zum nationalsozialistischen Gedankengut. Oder anders ausgedrückt: Es wird eine Nazinähe suggeriert. Zu diesem schweren Vorwurf hätte Müller angehört werden müssen. Die Anhörung kann nicht eine Woche später mit einem Interview - wie von der Redaktion angeboten - nachgeholt und der Fehler quasi «geheilt» werden. Die anderen Punkte der Beschwerde wies der Presserat ab.

Kontakt:

Schweizer Presserat
Conseil suisse de la presse
Consiglio svizzero della stampa
Ursina Wey
Geschäftsführerin/Directrice
Rechtsanwältin
Effingerstrasse 4a
3011 Bern
+41 (0)33 823 12 62
info@presserat.ch
www.presserat.ch

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