Schweizer Presserat - Conseil suisse de la presse - Consiglio svizzero della stampa
Media Service: Schweizer Presserat: «Native Advertising» - ein journalistischer Balanceakt (Stellungnahme 15/2017)
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Bern (ots)
Parteien: X. c. «Watson»
Themen: Verbot kommerzieller Werbung / Trennung von redaktionellem Teil und Werbung / Akzeptieren von Bedingungen
Beschwerde abgewiesen
Zusammenfassung
Die Online-Publizistik hat eine neue journalistische Form hervorgebracht, das so genannte «Native Advertising», auch «Content Marketing» genannt. Diese Begriffe bezeichnen redaktionelle Inhalte, die Werbung transportieren, ohne selbst Werbung zu sein. Damit fallen sie nicht unter das klassische Verbot, Journalisten für Anzeigen-kunden arbeiten zu lassen, wie es auch der Schweizer Presserat formuliert.
Die Online-Newssite «watson.ch», die rund ein Viertel ihres Umsatzes mit Native Advertising erzielt, präsentierte im Herbst 2015 ein in der Redaktion erstelltes Quiz, mit dem der Leser ermitteln sollte, «Welche Outdoor-Sportart am besten zu dir passt». Auf den Fragenkatalog folgte die Werbe-Einblendung einer Krankenversicherung, die auf das Quiz-Ergebnis Bezug nahm, aber grafisch unterschiedlich gestaltet war. Fragenkatalog und Werbung waren mit dem Hinweis «Präsentiert von ...» und dem Logo der Versicherung gekennzeichnet, die für die Veröffentlichung von beidem gezahlt hatte.
Watson legt Wert auf die interne Regel, dass seine Autoren den Auftraggeber der mit ihrem Beitrag kombinierten Werbung vor der Veröffentlichung nicht kennen. Die Redaktion räumt jedoch ein, dass Anzeigenkunden prinzipiell das Recht haben, den Inhalt von Native-Advertising-Elementen zu akzeptieren oder abzulehnen.
Hat Watson damit die vorgeschriebene Trennung von redaktionellen Inhalten und Werbung verletzt? Hätte der Anzeigenkunde von Watsons Angebot Gebrauch gemacht, Einfluss auf den redaktionellen Inhalt zu nehmen, wäre - trotz des spielerischen Charakters der Quiz-Fragen - Ziffer 10 der «Erklärung der Pflichten und Rechte der Journalistinnen und Journalisten» verletzt gewesen. Sie verbietet es Journalisten, von Werbetreibenden Bedingungen für ihre Arbeit zu akzeptieren.
Da in diesem Fall aber kein konkreter Einfluss des Anzeigenkunden nachzuweisen war und keine weiteren Presserats-Bestimmungen eindeutig verletzt worden sind, musste von einer Rüge abgesehen werden. Der Presserat erachtet es jedoch als transparenter, wenn von Anzeigenkunden bezahlte Medienbeiträge statt mit verschleiernden Formulierungen wie «Präsentiert von ...» durch den Hinweis «Bezahlt von ...» gekennzeichnet würden.
Inzwischen hat der Presserat bereits seine Richtlinien zum Journalistenkodex so präzisiert, dass sie auch auf neu entwickelte Werbeformen wie etwa «Native Advertising» zweifelsfrei anwendbar sind.
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