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Media Service: Presserat rügt anonyme Anwürfe gegen Imam (Stellungnahme 16/2019)
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Bern (ots)
Parteien: X. und Noth c. «Die Zeit»
Thema: Quellenbearbeitung / Unterschlagen wichtiger Informationselemente / Sachlich nicht gerechtfertigte Anschuldigungen / Diskriminierung
Beschwerde teilweise gutgeheissen
Zusammenfassung
Presserat rügt anonyme Anwürfe gegen Imam
Der Presserat hat zwei Beschwerden gegen die Wochenzeitung «Die Zeit» stattgegeben. Eine Reportage über einen aus Syrien geflüchteten und heute in der Schweiz tätigen Imam verletzt den Journalistenkodex.
Unter dem Titel «Kann man diesem Mann vertrauen?» porträtierte die Autorin einen Imam, der an einem interreligiösen Studiengang an der Universität Bern teilnahm. Die Journalistin begleitete den Imam über längere Zeit und schildert in ihrem Porträt, wie bei ihr anlässlich eines Moscheebesuchs Zweifel auftauchen, ob der Imam so moderat ist, wie er sich gibt. Sie holt die Meinungen von Dritten ein und zitiert sie anonymisiert. Dabei deuten einzelne Aussagen eine Nähe des Imams zu extremistischen Haltungen an. Weil diese aber nicht weiter ausgeleuchtet oder belegt werden, stellt der Artikel gemäss Entscheid des Presserats ungerechtfertigte Anschuldigungen in den Raum und rückt den Imam in die Nähe fundamentalistischer Gruppen.
Der Presserat betont zudem, dass bei den meisten Quellen - teils bekannte Fachpersonen - keinerlei Anlass zur Anonymisierung bestand. Weil die «Zeit» ihre Quellen nicht offenlegte, konnte die Leserschaft die anonymen Zitate nicht einordnen.
Der Presserat rügt auch das Entstellen von Tatsachen rund um die nachrichtendienstlichen Überprüfungen des Imams. Zwar zitiert die Journalistin ein Schreiben, dass über den auch im Auftrag des Staatssekretariats für Migration tätigen Seelsorger keinerlei negative Erkenntnisse vorliegen. Allerdings fehlt die Information, dass der Imam vorsorglich selbst um eine zweite Überprüfung gebeten hatte. «Die Zeit» erweckt im Gegenteil den Eindruck, dass die Behörden Anlass dafür hatten.
Für den Presserat ist unbestritten, dass zur Arbeit von Predigern aller Religionsgemeinschaften kritische Fragen gestellt werden dürfen. Die Fragen sind aber auf der Basis einer schlüssigen Recherche zu beantworten. Der Presserat kommt zum Schluss, dass dies vorliegend nicht der Fall war.
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