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Universität Jena, Prof. Dr. Tilman Grune

Experten unterstreichen Unerlässlichkeit von Beta-Carotin als sichere Vitamin-A-Quelle

Jena (ots)

Teile der europäischen, US-amerikanischen und
asiatischen Bevölkerung nehmen nur unzureichende Mengen des in 
tierischen Nahrungsmitteln vorkommenden Vitamins A zu sich. Vor 
diesem Hintergrund spielt die Vitamin-A-Vorstufe Beta-Carotin eine 
wichtige Rolle bei der generellen Versorgung mit Vitamin A, wie aus 
einer kürzlich veröffentlichten Konsenserklärung internationaler 
Carotinoid-Experten hervorgeht. Die Lücke könnte durch eine 
angemessene Aufnahme von Beta-Carotin in natürlich vorkommender Form,
in angereicherten Lebensmitteln und/oder in Nahrungsergänzungsmitteln
geschlossen werden. Die Ergebnisse jüngster nationaler 
Ernährungserhebungen zeigen jedoch, dass die Beta-Carotin-Aufnahme 
mit der Nahrung in weiten Teilen der Bevölkerung ebenfalls 
unzureichend ist. Außerdem könnte es sein, dass viele Menschen 
aufgrund genetischer Veranlagung nur vermindert fähig sind, 
ausreichende Mengen an Vitamin A aus Beta-Carotin zu bilden. 
Dementsprechend fordern Experten eine Gewährleistung der empfohlenen 
Beta-Carotin Aufnahme und bei nicht Erreichen derzeit geltenden 
Zufuhrempfehlungen für Vitamin A eine Erhöhung der Beta-Carotin 
Zufuhr. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass mindestens 95
Prozent der Bevölkerung eine angemessene Menge an Gesamt-Vitamin-A 
einnehmen.
Bei der Konferenz kamen führende europäische, US-amerikanische und
asiatische Experten aus Medizin und Ernährungswissenschaft zusammen, 
um den aktuellen Wissensstand zur physiologischen Funktion von 
Beta-Carotin, die Versorgungslage sowie Zufuhrempfehlungen zu 
erläutern. Die Experten erzielten eine Einigung, die als 
Konsenserklärung kürzlich im 'Journal of Nutrition' veröffentlicht 
wurde.
Einnahmemengen von Vitamin A und Beta-Carotin oft bedenklich 
gering
Vitamin A ist unentbehrlich für Wachstum und Entwicklung, für das 
Immunsystem, das Sehen und weitere Funktionen in unserem Körper. In 
bestimmten Lebenssituationen - beispielsweise während der 
Schwangerschaft und Stillzeit - spielt Vitamin A eine besonders 
wichtige Rolle und es wird eine Erhöhung der Vitamin-A-Zufuhr 
(Retinol) empfohlen, um die gesunde Entwicklung des Kindes zu 
unterstützen. In mehreren Ländern durchgeführte Studien lassen den 
Schluss zu, dass die Einnahmegewohnheiten in Europa, den USA und 
Asien sehr unterschiedlich sind. Nationale Erhebungsdaten zeigen, 
dass die Aufnahmemenge von vorgebildetem Vitamin A (Retinol) - das 
als solches nur in tierischen Produkten vorkommt (vor allem in Leber)
- oftmals bedenklich gering ist und nicht den Empfehlungen 
entspricht. Zu den anfälligsten Gruppen für einen Vitamin-A-Mangel 
zählen vor allem Schwangere, stillende Mütter, Neugeborene, Kinder 
mit häufigen Infektionen, junge Frauen, Senioren und Menschen, die 
keine tierischen Nahrungsmittel zu sich nehmen.
Nationale Verzehrstudien lassen darauf schließen, dass 
Beta-Carotin - als Vitamin-A-Vorstufe - erheblich dazu beitragen 
kann, die unzureichende Vitamin-A-Versorgung in weiten Teilen der 
Bevölkerung auszugleichen. Studien aus Europa, den USA und Asien 
zeigen aber auch, dass ein großer Teil der Bevölkerung weniger als 
die notwendige Beta-Carotin-Menge zu sich nimmt, um die niedrige 
Vitamin-A-Zufuhr aus Nahrungsquellen für vorgebildetes Vitamin A 
auszugleichen.
Neue Belege weisen darauf hin, dass suboptimale Vitamin-A- und 
Beta-Carotin-Werte - sogar weit höhere Werte als solche, die 
klinische Mangelerscheinungen hervorrufen - Risikofaktoren für 
chronische Krankheiten darstellen.
Vitamin-A-Unterversorgung aufgrund genetischer Faktoren
Die Bioverfügbarkeit von Beta-Carotin hängt von zahlreichen 
Faktoren ab. Sie wird nicht nur durch die Nahrung selbst beeinflusst 
(z. B. durch die Lebensmittelmatrix, Lebensmittelverarbeitung, 
Dosierung, den Fettgehalt im Essen und die Ballaststoffe), sondern 
sie ist auch von individuellen, den Konsumenten betreffenden Aspekten
abhängig (z. B. vom Vitamin-A-Status, von der Darmintegrität und von 
genetischer Veranlagung).
Neuere Forschungen an weiblichen Probanden haben ergeben, dass 
fast 50 Prozent der Bevölkerung eine genetische Variation aufweisen, 
die ihre Fähigkeit vermindert, ausreichende Mengen an Vitamin A aus 
Beta-Carotin zu bilden. Studien zufolge sind jüngere Frauen, die 
diese genetische Variation tragen, besonders gefährdet: Sie neigen 
dazu, nicht genügend Vitamin-A-reiche Nahrung zu sich zu nehmen, und 
sind somit in starkem Maße auf die Beta-Carotin-Form des Nährstoffs 
angewiesen.
Experten fordern eine Erhöhung der Zufuhrempfehlungen für 
Beta-Carotin
Aus einer Reihe von Studien geht klar hervor, dass Beta-Carotin 
unentbehrlich ist, um die empfohlenen Zufuhrmengen für Vitamin A zu 
erreichen. Die aktuellen Empfehlungen für Beta-Carotin liegen im 
Bereich von 2 bis 4 mg pro Tag. Diese Mengen könnten sich - bei 
mangelhaftem Vitamin-A-Status aufgrund einer geringen Aufnahme von 
vorgebildetem Vitamin A - als zu niedrig erweisen, um den 
Vitamin-A-Status zu korrigieren.
In ihrer Konsenserklärung kommen die Experten zu folgendem 
Schluss: Lässt man die individuellen Unterschiede bei der Fähigkeit 
zur Umwandlung von Beta-Carotin in Vitamin A außer Acht und geht 
davon aus, dass sich die Zufuhrmengen von vorgebildetem Retinol nicht
ändern, sollte abgesichert werden, dass die derzeitigen  
Zufuhrempfehlungen von Beta-Carotin erreicht werden. Dabei sollten 
Personen mit unzureichender Zufuhr von vorgebildetem Vitamin A ihre 
Beta-Carotin-Zufuhr auf 7 mg pro Tag erhöhen. Hierbei wird ein 
realistischer und inzwischen von Wissenschaftlern allgemein 
akzeptierter Umrechnungsfaktor von 1:12 (für die Bildung von einem 
Milligramm Vitamin A ist die Aufnahme von 12 Milligramm Beta-Carotin 
notwendig) zugrunde gelegt. So soll gewährleistet werden, dass 
mindestens 95 Prozent der Bevölkerung die empfohlene Zufuhr an 
Gesamt-Vitamin-A erreichen.
Menschen, bei denen der Umrechnungsfaktor aufgrund einer 
genetischen Variabilität im Beta-Carotin-Stoffwechsel beeinträchtigt 
ist, könnten sogar eine weitere Erhöhung der täglichen Zufuhrmenge 
benötigen. Die Untersuchungen hierzu laufen derzeit.
Kein Unterschied in der Wirkungsweise zwischen natürlichem und 
synthetischem Beta-Carotin
Laut Experten gibt es in der Wirkungsweise keinen Unterschied 
zwischen natürlich vorkommendem und chemisch hergestelltem 
Beta-Carotin, wohl aber in der Bioverfügbarkeit in unterschiedlichen 
Nahrungsquellen. Für die meisten Nahrungsergänzungsmittel und 
angereicherten Lebensmittel wird die beim Menschen vorherrschende 
Molekülform 'all-trans-Beta-Carotin' verwendet; diese wird gegenüber 
anderen Formen bevorzugt absorbiert.
Da die Allgemeinbevölkerung nicht genügend Beta-Carotin aus Obst 
und Gemüse aufnimmt, können mit Beta-Carotin angereicherte oder 
gefärbte Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel einen wichtigen 
Beitrag zur täglichen Versorgung mit Vitamin A leisten.
Literatur
Tilman Grune, Georg Lietz, Andreu Palou, A. Catherine Ross, 
Wilhelm Stahl, Guangweng Tang, David Thurnham, Shin-an Yin, and Hans 
K. Biesalski. _-Carotene Is an Important Vitamin A Source for Humans.
J Nutr 140:2268S-2285S, 2010 doi: 10.3945/_jn.109.119024 (Hohenheim 
Consensus Conference July 2009)
Zitate
Tilman Grune, Institut für Ernährungswissenschaften, 
Friedrich-Schiller-Universität Jena, Deutschland:
"Die in Deutschland empfohlene Tageszufuhr von 2 bis 4 mg 
Beta-Carotin wird in der Allgemeinbevölkerung nicht erreicht. Das 
heißt, die Menge an Beta-Carotin, die derzeit durchschnittlich 
eingenommen wird, kann die Lücke, die durch eine geringe 
Vitamin-A-Aufnahme aus der Nahrung entsteht, nicht füllen. Um dieses 
Problem zu beheben, müssten also größere Mengen an Beta-Carotin und 
Vitamin A konsumiert werden. Der durchschnittliche Verzehr von Obst 
und Gemüse - und auch von Leber - ist hierfür zur Zeit allerdings 
nicht ausreichend."
Wilhelm Stahl, Institut für Biochemie und Molekularbiologie I, 
Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf, Deutschland:
"Ein Teil der deutschen Bevölkerung nimmt nicht genug Beta-Carotin
aus der Nahrung auf und kann somit nicht von dessen essenziellen 
Funktionen als Vitamin-A-Vorstufe profitieren. Aus chemischer Sicht 
gibt es keinen Unterschied zwischen 'natürlichem' und 'synthetischem'
Beta-Carotin."
Abdruck honorarfrei - Beleg erbeten

Pressekontakt:

Prof Dr. Tilman Grune
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Ernährungswissenschaften
Lehrstuhl für Ernährungstoxikologie
Dornburger Straße 24 07743 Jena
Tel.: +49 (0)3641 9496 70
Fax: +49 (0)3641 9496 72
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