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Mehr Kontrolle, mehr Transparenz - Leitartikel von Gilbert Schomaker

Berlin (ots)

Jetzt ist sie in vollem Gange: die Diskussion über die Qualität der Pflege in Berlin. Sozialstaatssekretär Michael Büge (CDU) hatte sie angeschoben mit seinem plakativen Satz, dass ein Drittel aller Pflegedienste bei den Abrechnungen betrüge. Von "mafiösen Strukturen" sprach er sogar. Der Reflex der Pflege-Lobbyisten kam sofort: Büge müsse diese Behauptungen erst einmal nachweisen. Es dürfe keinen Generalverdacht geben. So viel zur tagespolitischen Aufgeregtheit. Aber die Diskussion hat etwas Gutes: Endlich beschäftigen sich Politik und Verantwortliche in den Diensten mit der Kontrolle des Systems. Denn im Pflegebereich werden Milliarden umgesetzt. Da ist es nur gut, wenn auch besser hingeschaut wird, wofür das Geld genutzt wird. Berlins Sozialsenator Mario Czaja (CDU) plädiert für unangemeldete Kontrollen. Dafür müssen Bundesgesetze geändert werden. Es wird also dauern, bis eine solche Verschärfung greift. An sich ist es sinnvoll, dass die Kontrolleure sich nicht vorher bei den Pflegediensten anmelden müssen. Steuerfahnder müssen sich ja auch nicht im Unternehmen ankündigen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass dem Staat für eine flächendeckende Kontrolle das Personal fehlt. Für sämtliche Pflegeheime in Berlin gibt es nur 22 Kontrolleure. Wenn man bedenkt, dass von den 100.000 Pflegefällen nur ein Viertel in Heimen versorgt wird, erkennt man, dass eine umfassende Kontrolle der ambulanten Pflege kaum möglich ist. Ein sinnvoller Schritt ist sicherlich, ähnlich wie die Patientenbeauftragte bei den Krankenhäusern, die Schaffung einer Beschwerdestelle für Pflegebedürftige oder deren Angehörige. Aber auch hier ist es schwer, jeder Anzeige nachzugehen. Doch wenn sich die Beschwerden über einen Pflegedienst häufen und es einen Betrugsverdacht gibt, kann gezielt gehandelt und die Kriminalpolizei eingeschaltet werden. Was also ist aber darüber hinaus zu tun? Als Erstes sind die Pflegedienste gefordert, ihre Leistungen transparent und nachvollziehbar darzustellen. Wenn die Bedürftigen und ihre Angehörigen wissen, welche Leistungen die Pflegedienste bei welcher Pflegestufe erbringen müssen, können Missstände direkt angesprochen werden. Sinnvoll ist sicherlich, eine möglichst große Transparenz herzustellen - auch über die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung der Mitarbeiter. Wenn nur schlecht ausgebildetes und schlecht bezahltes Pflegepersonal von Termin zu Termin hetzt, darf man nicht erwarten, dass sich angemessen um die alten Menschen gekümmert wird. Kranke Menschen und ihre Angehörigen müssen Vertrauen entwickeln. Das kann beispielsweise durch Datenbanken erreicht werden, in der auf einer Positivliste diejenigen Pflegedienste vermerkt werden, die Prüfungen durch unabhängige Tester über sich ergehen lassen. Wer als Arbeitgeber in gute Mitarbeit investiert, sollte im Umkehrschluss damit werben können. Ein Wettbewerb unter den Guten ist hilfreich für alle, die einen Pflegedienst in Anspruch nehmen wollen. Alle Beteiligten sollten eines nicht vergessen: In der Pflege geht es nicht um Fallzahlen, sondern darum, hilfsbedürftigen Menschen ein würdiges Leben im Alter zu ermöglichen.

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