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Eidg. Justiz und Polizei Departement (EJPD)

Künftige Ausländerpolitik

(Es gilt das gesprochene Wort)
Referat von Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold am CNG-Kongress vom 9.
November 2001, Bern/Gurten
(Anrede)
Ich freue mich, hier zu sein. Sie haben mich eingeladen, um über
die Perspektiven der Ausländerpolitik zu sprechen. Ich weiss, dass
der CNG sich sehr engagiert mit der Ausländerpolitik auseinander
setzt. Er hat auch in der jüngsten Zeit sehr interessante
Diskussionsbeiträge zu diesem Thema geliefert, und ich bin Ihnen sehr
dankbar für Ihre Beiträge. Auch wenn ich nicht in allen Teilen mit
Ihnen einverstanden bin. So wie Sie vermutlich mit meiner Politik
auch nicht immer einverstanden sind.
Aber wir müssen die Diskussion um die künftige Ausländerpolitik
gemeinsam führen. Denn wir stehen hier vor grossen Herausforderungen:
1. Anforderungen an eine moderne Ausländerpolitik
Eine moderne Ausländerpolitik verlangt in erster Linie von uns:
  • die Sicherstellung von Arbeitskräften. Dabei geht es aber nicht um Maschinen, sondern um Menschen. Manchmal habe ich allerdings den Eindruck, dass das nicht überall so wahrgenommen wird.
  • Es geht bei der Ausländerpolitik auch prioritär um die Integration in unsere Gesellschaft. Und zwar nicht nur die Arbeitskräfte, sondern ebenso auch ihre Familien. Und es geht gleichzeitig auch darum, die einheimische Bevölkerung für diese Integration zu gewinnen. Ein Gefühl der «Überfremdung» ist für jede Ausländerpolitik ein tödliches Gift. Das schadet sowohl der einheimischen Bevölkerung als auch den Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz.
  • Schliesslich ist die Ausländerpolitik auch im Licht der internationalen Migrationsproblematik zu sehen. Weltweite Migrationsbewegungen im Zuge der Globalisierung führen dazu, dass Einzelstaaten zusehends überfordert sind.
Es geht also, kurz gesagt, darum, die Balance zu finden:
zwischen den Ansprüchen der Wirtschaft
und damit schliesse ich die Sozialpartner mit ein -
den Ansprüchen der Ausländerinnen und Ausländer einerseits und der
einheimischen Bevölkerung andererseits,
und den Ansprüchen an eine internationale Zusammenarbeit.
Es ist davon auszugehen, dass wir - wie andere entwickelte Länder
- auch in der Zukunft insbesondere wegen der demographischen
Entwicklung auf eine gewisse Zuwanderung angewiesen sind. Ohne den
starken Zuzug von ausländischen Arbeitskräften wird die Überalterung
unserer Gesellschaft massiv ansteigen. Das bestätigt auch eine
kürzlich erschienene Studie der Stiftung «Avenir Suisse» zur
Entwicklung der Bevölkerung.
Das sind grundlegende Fragen, die sich stellen. Und diese Fragen
sind auch immer wieder an konkreten Problemen oder bestimmten
Situationen zu reflektieren. Ich meine damit aus aktuellem Anlass vor
allem, dass wir heute nicht einfach sämtliche Diskussionen im
Migrationsbereich der «Sans-Papier»-Frage unterordnen dürfen. Es muss
angesichts dieser Situation erst recht möglich sein, die grossen
Herausforderungen im grösseren Kontext anzugehen ohne dabei die
Probleme des Alltages zu vernachlässigen oder aus den Augen zu
verlieren.
Dazu gehört auch der internationale Kontext. Dass die EU-Staaten
mit den genau gleichen Problemen konfrontiert sind wie die Schweiz,
konnte ich am vergangenen 16. Oktober an einer Migrationstagung der
EU in Brüssel erneut feststellen. Die Innen und Justizminister suchen
gleich wie die Schweiz nach geeigneten Lösungen für die Zukunft. Das
Ei des Kolumbus haben auch sie bisher nicht gefunden.
Es braucht den Mut zu einer klaren, Vertrauen und Sicherheit
schaffenden Migrationspolitik, die den heutigen Anforderungen
entspricht.
Die Schweiz war in den vergangenen Jahrzehnten eine Art
"Experimentierfeld" in der Migrationspolitik. Als kleines Land mit
einem hohen Ausländeranteil haben wir verschiedene Entwicklungen
durchgemacht. Wir konnten auch aus Fehlern lernen. Zum Beispiel beim
Saisonnierstatut, über das sehr viele wenig qualifizierte
Arbeitskräfte in die Schweiz gekommen sind.
Die Erfahrung zeigt aber auch, dass in der Migrationspolitik die
Regeln bzw. die Gesetze nicht immer vollständig durchgesetzt werden.
Das ist eine Realität.
Deshalb erfordert es gerade in diesem Politikbereich auch den Mut,
beim Erarbeiten von Regeln und Gesetzen darauf zu achten, dass diese
in der Praxis auch umsetzbar und durchsetzbar sein müssen.
Denn die beste Ausländerregelung verfehlt ihr Ziel, wenn etwa
illegal anwesende Ausländer sozusagen damit rechnen können, innerhalb
weniger Jahre einen legalen Aufenthaltsstatus «ersitzen» zu können.
Damit würde unsere Politik ausgehöhlt.
Sans-Papiers
Lassen sie mich deshalb an dieser Stelle doch ein paar
Überlegungen anstellen zur Problematik der Sans-Papiers. Der CNG hat
dazu einen sehr interessanten und konstruktiven Diskussionsbeitrag
verfasst:
Der Bundesrat ist verschiedentlich dazu aufgefordert worden, allen
Sans-Papiers eine Amnestie zu gewähren. Eine Amnestie für alle sich
illegal in der Schweiz aufhaltenden Menschen wäre aber nur eine
schein-humanitäre Lösung:
  • sie würde die rechtliche Ungleichbehandlung fördern,
  • sie würde eine einheitliche Lösung für eine äusserst heterogene Gruppe von Menschen bedeuten, abgewiesene Asylbewerber, ehemalige Saisonniers, Schwarzarbeiter und andere mehr,
  • und sie würde bisher geltende Prinzipien der Asyl- und Flüchtlingspolitik unterlaufen. Das wäre gleichsam eine Aufforderung, in Zukunft bestehende Regeln einfach zu umgehen.
In allen wirtschaftlich entwickelteren Ländern besteht eine
gewisse Nachfrage nach wenig qualifizierten ausländischen
Arbeitskräften aus Niedriglohnländern. Insbesondere nach solchen, die
illegal einreisen und auf die auf die üblichen und vorgeschriebenen
Lohn- und Arbeitsbedingungen verzichten.
Die Erfahrungen in Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland und
Portugal zeigen: Die Tatsache, dass in wirtschaftlich entwickelteren
Ländern eine Nachfrage an wenig qualifizierten und billigen
Arbeitskräften besteht, kann auch mit wiederholten Amne-stien nicht
wirksam eingedämmt werden.  Der portugiesische Innenminister hat an
der EU-Migrationskonferenz vor drei Wochen (16.10.01) in Brüssel
eindrücklich die Nachteile der Amnestie von 1992 geschildert. Er hat
betont, dass Portugal diesen Weg nicht mehr beschreiten werde.
Eine Globallösung für rechtswidrig anwesende Personen ist kein
taugliches Instrument zur Bekämpfung der Schwarzarbeit. Hier sind
andere, griffige Massnahmen erforderlich. Das Gesetz gegen die
Schwarzarbeit, das im Eidg. Volkswirtschaftsdepartement vorbereitet
wird. Es wurde im Vernehmlassungsverfahren auch von den
Gewerkschaften mehrheitlich begrüsst wurde. Zudem werden die Kantone
immer wieder aufgefordert, die Einhaltung der geltenden Vorschriften
vermehrt zu überprüfen und rechtskräftige Wegweisungen konsequent zu
vollziehen.
Der Vorschlag des CNG, die  Papierlosen sozusagen kategorienweise
zu beurteilen, zielt sicher in die richtige Richtung. Tatsächlich
kann man die Sans-Papiers nicht alle über einen Leisten schlagen.
Daneben müssen aber auch die weiteren Umstände eines Einzelfalles
berücksichtigt werden, z.B. die familiäre und berufliche Situation,
der Stand der Integration und das bisherige behördliche Verfahren.
Dies ist im Rahmen der bisherigen Härtefallpraxis der Bundesbehörden
gewährleistet.
Es gibt nach dem heutigen Recht genügend Spielraum, um im
Einzelfall humanitären Überlegungen Rechnung zu tragen. Zukünftig
soll insbesondere der Integrationsgrad vermehrt berücksichtigt
werden.
Allerdings - und das möchte ich doch auch einmal erwähnen: Es sind
von den Kantonen beim Bundesamt für Flüchtlinge und beim Bundesamt
für Ausländer total erst 82 Dossiers eingereicht worden. Sie
betreffen insgesamt 221 Personen. Die bestehenden Möglichkeiten sind
also noch nicht alle ausgeschöpft.
Dennoch prüfen wir auch weitere Massnahmen:
Die Eidg. Ausländerkommission empfiehlt als kurzfristige Massnahme
die Bezeichnung von Ombudsstellen in den betroffenen Kantonen.
Der Bundesrat begrüsst diesen Vorschlag, soweit er dazu dient,
schwer wiegende Härtefällen den Zugang zu den Verfahren zu
ermöglichen, und so weit die Ombudsstelle bei der freiwilligen
Rückkehr von aussichtslosen Fällen mithilft.
Frau Nationalrätin Aeppli hat in einer Motion die Schaffung eines
runden Tisches für die Regularisierung unbewilligter Aufenthalte
gefordert. Ein runder Tisch, an dem Behörden des Bundes und der
Kantone, Fachleute, NGOs, Kirchen und die Betroffe-nen selbst Platz
nehmen sollen. Wir haben zwar schon einige Gremien, die sich mit dem
Thema befassen: Insbesondere die Eidg. Ausländerkommission - und die
Eidg. Flüchtlingskommission.
Sollte jedoch die Meinung vorherrschen, dass ein solcher Runder
Tisch sub-stanziell etwas bringt, dann wollen wir uns dem
selbstverständlich nicht ver-schliessen.
Die Konferenz der Kantonalen Justiz- Polizeidirektoren (KKJPD) hat
sich heute jedoch einstimmtig gegen einen Runden Tisch ausgesprochen.
Sie stimmte aber dem von mir vorgeschlagenen Vorgehen zu: Mit einem
Rundschreiben wollen wir  vom Bund aus bei den Behörden und bei den
Kantonen Transparenz über die Härtefallregelung schaffen. Dies mit
dem Ziel, Unklarheiten zu beseitigen, die Möglichkeiten des geltenden
Rechts aufzuzeigen und zu einer möglichst einheitliche Politik der
Kantone beizutragen.
Es wurde vereinbart, dass nach der Vernehmlassung dieses
Rundschreibens bei den Kantonen entschieden wird, ob allenfalls noch
eine Gesprächsrunde Bund-Kantone erforderlich ist.
Die KKJPD hat sich ebenso gegen eine allgemeine Amnestie wie auch
gegen be-sondere Kontingente speziell für «Sans-Papiers»
ausgesprochen. Zudem lehnte sie einstimmig ein Moratorium für
Ausschaffungen ab.
Ausländerpolitik im breiten Kontext
Ich komme nun wieder zum breiteren Kontext der Migrationspolitik
zurück.
Ich habe gesagt, es geht bei der Ausländerpolitik um die
Sicherstellung von Arbeitskräften, die Integration dieser Menschen
und ihres Umfeldes in unsere Gesellschaft und den internationalen
Kontext.
Zur Sicherstellung der Arbeitskräfte:
Die Mitarbeit von Ausländerinnen und Ausländern ist für unsere
Gesellschaft und unsere Wirtschaft unentbehrlich geworden. Ich bin
mir auch bewusst, dass die Personalrekrutierung in verschiedenen
Bereichen, etwa in der Landwirtschaft, schwieriger geworden ist.
Der Bundesrat ist jedoch grundsätzlich nicht bereit, von seinen
ausländerpolitischen Grundsätzen abzuweichen, bevor die übrigen
Rekrutierungsbemühungen ausgenützt werden und vor dem Inkrafttreten
des Abkommens über die Personenfreizügigkeit mit der EU. Wir wollen
bis dahin keine wenig oder nicht qualifizierte Arbeitskräfte
ausserhalb des EU/EFTA-Raums zuzulassen.
Entgegen den teilweise erhobenen Behauptungen hat sich z. B.
gezeigt, dass durch eine rechtzeitige, professionelle Rekrutierung
die von schweizerischen Landwirtschaftskreisen gewünschten
portugiesischen Saison- und Erntehilfskräfte durchaus hätten
rekrutiert werden können. Dies selbstverständlich zu fairen Lohn- und
Arbeitsbedingungen.
Ziel der bundesrätlichen Ausländerpolitik ist es also, eine
Zuwanderung von Arbeitskräften aus Nicht-EU-Staaten nur zuzulassen,
soweit sie wirtschaftlich notwendig sowie sozial- und
gesellschaftspolitisch verträglich ist und auch nachhaltig für einen
ausgewogenen Arbeitsmarkt sorgt.
Wenig qualifizierte Arbeitskräfte sind in einer zukünftigen
Abschwungphase schwer zu vermitteln und werden als erste arbeitslos.
Die Erfahrungen der Neunzigerjahre sind ja offensichtlich.
Teilweise wurde die Forderung nach Kurzaufenthaltern erhoben, die
die Schweiz schnell wieder verlassen würden. Damit sollen
Integrationsfragen vermieden werden. Es hat sich aber immer wieder
gezeigt, dass «nichts so dauerhaft ist wie die kurzfristig
zugelassenen Arbeitskräfte». Man weiss heute auch, dass die
tatsächliche Aufenthaltsdauer bisher im Allgemeinen umso länger
dauerte, je weniger die «Kurzaufenthalter» qualifiziert waren.  Ich
erinnere Sie daran, dass der Bundesrat auf fast einhelligen Wunsch
der politischen Kreise das Saisonnierstatut auf das Inkrafttreten der
bilateralen sektoriellen Verträge hin eben erst abgeschafft hat.
Wenn die bilateralen sektoriellen Verträge - die «Bilateralen 1»
in Kraft treten - wir gehen davon aus, im Frühling des nächsten
Jahres - dann wird das neue Ausländergesetz weitestgehend nur noch
für Länder ausserhalb von EU und EFTA gelten. Die definitive
Botschaft wird der Bundesrat in den ersten Monaten des nächsten
Jahres verabschieden.
Ich möchte hier nur kurz auf die wichtigsten Elemente des
Ausländergesetzes eingehen.
Der wohl wichtigste Punkt bilden die Bestimmungen über die
Zulassung von erwerbstätigen Ausländerinnen und Ausländern. Die
Schweiz ist künftig auf eine hohe Wertschöpfung angewiesen. Dies wird
in Bereichen gelingen, wo der Produktivitätszuwachs gross und die
Arbeit und damit die Arbeitskräfte qualifiziert sind. Eine
undifferenzierte und hohe Zuwanderung von wenig qualifizierten
Arbeitnehmern von ausserhalb der EU kann daher nicht in unserem
Interesse liegen. Die Haltung des CNG deckt sich in diesem Punkt ja
mit jener des Bundesrates.
Wir sind uns aber auch bewusst, dass dieser Grundsatz nicht für
ewige Zeiten in Stein gemeisselt sein darf. Wir wollen unsere Politik
auch immer wieder neu beurteilen, insbesondere unter veränderten
Rahmenbedingungen.
Die unterschiedliche demographische Entwicklung und das
wirtschaftliche Ungleichgewicht in der Welt werden in Zukunft den 
Migrationsdruck noch erhöhen. Und das wird unsere Welt verändern!
Auch die Schweiz als kleines Land mitten in Europa bleibt davon nicht
verschont. Zumal sie schon heute einen weit überdurchschnittlichen
Ausländeranteil ausweist.
Als zweiter wichtiger Punkt des neuen Ausländergesetzes soll die
Situation der rechtmässig und dauerhaft anwesenden Ausländerinnen und
Ausländer verbessert werden. Daraus ergibt sich eine wesentliche
Straffung der heutigen Bewilligungsverfahren. Eine grössere
berufliche und geographische Mobilität der ausländischen
Arbeitskräfte liegt im gesamtwirtschaftlichen Interesse.
Und schliesslich ein dritter wichtiger Punkt: Es gibt immer wieder
Missbräuche des geltenden Rechts durch eine kleine Minderheit der
Ausländerinnen und Ausländer. Diese Missbräuche erfordern neue
Massnahmen, insbesondere in den Bereichen des Schlepperwesens, der
Schwarzarbeit, aber auch beim Familiennachzug. Dem wollen wir im
Ausländergesetz nachkommen.
Zur Integration
Ich möchte betonen, dass die Ausländerpolitik nicht nur im Dienste
des Wirtschaftsstandorts Schweiz stehen darf. Sie ist in einen viel
breiteren Kontext zu stellen: wichtig sind insbesondere auch die
Integration, das gesellschaftliche Umfeld und humanitäre Aspekte.
Die Integration der ausländischen Bevölkerung hat für eine
umfassende und erfolgreiche Migrationspolitik eine hohe Bedeutung.
Wir bringen dies auch im neuen Ausländergesetz deutlich zum Ausdruck.
Die wichtigsten Integrationsfaktoren bilden die Sprache und die
Arbeitswelt. Dies waren und sind auch berechtigte Forderungen der
Gewerkschaften. In neuen Aktionspapier des CNG nimmt die
Integrationspolitik auf drei Seiten einen breiten Raum ein. Zu Recht!
Da wir die Leistungen der ausländischen Mitbürgerinnen und
Mitbürger für unsere Gesellschaft nutzen, müssen wir ihnen auch den
Zugang zu dieser Gesellschaft ermöglichen. Ausländerinnen und
Ausländer sind Teil unserer Gesellschaft. Die Integration ist ein
zweiseitiger Prozess. Sie bedeutet weder absolute Toleranz seitens
der Einheimischen noch totale Unterordnung seitens der Ausländerinnen
und Ausländer.
Die Integration bedeutet nichts anderes als dass die Leute in
unsere moderne Lebenswelt mit unseren spezifischen kulturellen
Gegebenheiten hingeführt werden. Natürlich müssen sie sich auch
führen lassen, sie müssen mitgehen wollen und sie müssen selber aktiv
danach streben. Sie müssen Rechtsordnung, Verfassung, De-mokratie,
Gleichberechtigung der Geschlechter als Grundpfeiler unserer
Gesellschaft anerkennen. Wir müssen uns aber bewusst sein, dass
Integration immer eine Angelegenheit zwischen Menschen ist. Sie kann
nicht von Staates wegen verordnet werden. Der Bund kann seit bald
einem Jahr Integrationsprojekte finanziell unterstützen. Erstmals
hatte er in diesem Jahr 10 Mio. Franken zur finanziellen
Unterstützung von Integrationsprojekten zur Verfügung gestellt. Im
nächsten Jahr werden es 12.5 Mio sein. Das hoffe ich jedenfalls, denn
das Parlament muss dem noch zustimmen.
Integration ist auch ein Prozess, der Zeit und Geduld erfordert.
Also etwas, das heute nicht mehr so selbstverständlich ist. Wichtig
ist vor allem, dass wir den Menschen eine berufliche und soziale
Zukunftsperspektive anbieten können. Das ist der eigent-liche Motor
der Integration.
Eine wichtige Rolle kommt neben den Behörden auch den
Sozialpartnern, den NGOs und nicht zuletzt den
Ausländerorganisationen zu. Ohne ihre Hilfe könnte diese Aufgabe kaum
bewältigt werden. Dafür möchte ich auch Ihnen, dem CNG, der sich seit
langem für eine verstärkte Integration einsetzt, danken. Zum
internationalen Kontext In diesem Zusammenhang möchte ich kurz auf
die Bedeutung von Schengen für die Migrationspolitik zu sprechen
kommen. Ich habe Ihrem Aktionsprogramm zur heutigen Konferenz
entnommen, dass der CNG dem «Bilateralismus» skeptisch gegenüber
steht, und dass er neue bilaterale Verhandlungen mit der EU,
insbesondere über Schengen, ablehnt.
Ich bin wie Sie der Meinung, dass die Schweiz in multilateralen
Strukturen besser aufgehoben ist und ihre Interessen besser
einbringen könnte. Aber ich würde meiner Verantwortung nicht gerecht,
wenn ich die Augen vor der politischen Realtität verschliessen würde.
Am 4. März 2001 hat das Volk bei der Abstimmung über die
Europainitiative deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es einen
baldigen EU-Beitritt nicht will. Das müssen wir respektieren. Dennoch
können wir die Herausforderungen, denen wir durch die Schaffung des
europäischen Raumes der Sicherheit, der Freiheit und des Rechts
gegenüberstehen, nicht ignorieren. Die Personenfreizügigkeit hat in
der EU zum Abbau Binnengrenzen geführt. Die Grenzkontrollen finden
nicht mehr zwischen den EU-Staaten statt, sondern an den
Aussengrenzen der Union. Um den Sicherheitsstandard zu gewährleisten,
ist im Innern der EU die Schaffung eines einheitlichen
Sicherheitsraumes im Gange.
Auch in der Migrationspolitik bestehen Bestrebungen zur
Vereinheitlichung.
Wir werden am Binnenmarkt teilhaben und die Personenfreizügigkeit
mit der EU einführen. Also ist es konsequent, dass wir auch am
Sicherheitsraum der EU teilnehmen wollen.
Schengen ist eine Lösung für die aktuellen Herausforderungen. Wir
müssen diesen begegnen, auch wenn der EU-Beitritt in unserem Land
noch nicht realisiert werden kann.
Auf Grund der heutigen Ausgangslage befürwortet der Bundesrat eine
Teilnahme der Schweiz an «Schengen», da die Vorteile für unser Land
überwiegen. Gerade auch im Migrationsbereich, namentlich:
- die klare Regelungen des zuständigen Staates für das
Asylverfahren und bei der Bekämpfung der illegalen Migration
   - den Zugriff auf das Schengener Informationssystem
   - und die einheitliche Visa-Regelung.
Die migrations- und sicherheitspolitischen Interessen der Schweiz
lassen sich nur in enger Zusammenarbeit mit der EU durchsetzen. Auf
jeden Fall nicht gegen sie.
2. Schluss
   Ich kann Ihnen versichern, dass der Bundesrat die
Herausforderungen in der Migrationspolitik annimmt. Dabei ist eine
mutige Politik gefragt, die manchmal auch Partikularinteressen
zurückweisen muss und die auch immer wieder hinterfragt und erneuert
werden muss. Wir sind dabei nicht allein. Zusammen mit den
EU-Staaten, die gleiche oder ähnliche Probleme haben, wollen wir den
überregionalen, globalen und vernetzten Migrationsdialog führen.
Wir wollen diesen Dialog führen: mit dem Parlament, mit den
Kantonen, mit Ihnen, den Sozialpartnern, mit anderen wichtigen
Organisationen. Und vor allem auch mit der Bevölkerung.
Die Schweiz hat sich in der Vergangenheit durch Zuwanderung von
wenig qualifizierten Arbeitskräften hohe Kosten eingehandelt. Eng
damit verbunden war auch das Defizit in der gesellschaftlichen und
arbeitsmarktlichen Integration und damit die zum Teil mangelnde
Akzeptanz in der einheimischen Bevölkerung.
Der Migrationsbereich ist dynamisch, und deshalb wollen wir auch
laufend unsere Politik überprüfen. Was nicht heisst, dass wir unsere
Politik ständig in die eine oder andere Richtung anpassen. Ein
wichtiges Merkmal der bundesrätlichen Migrationspolitik stellt die
längerfristige Perspektive dar. Ich bin nicht bereit, bei kurzfristig
hohem Druck von der einen oder anderen Seite diesem Druck immer
nachzugeben. Die kommenden Jahre werden für die künftige
Migrationspolitik der Schweiz richtungsweisend sein.
Insgesamt werden wir uns in naher Zukunft mit fünf Vorlagen zu
beschäftigen haben, die massgeblich sind für unseren zukünftigen Kurs
in der Migrationspolitik. Es sind zum einen das neue Ausländergesetz
und die Bürgerrechtsvorla-ge. Hinzu kommen im Asylbereich die Vorlage
zur Bekämpfung der Schwarzarbeit, die Asylgesetz-Revision sowie die
SVP-Initiative «gegen den Asylmissbrauch».
Wir alle sind hier gefordert. Auch Sie. Ich danke Ihnen für Ihr
Engagement.

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