Eidg. Justiz und Polizei Departement (EJPD)
EJPD: Neue Verjährungsregelung für Straftaten Sonderregelung für Delikte an Kindern
Bern (ots)
12.09.2002. Der Bundesrat hat am Mittwoch eine neue, verein-fachte Verjährungsregelung für alle Straftaten auf den 1. Oktober 2002 in Kraft gesetzt. Für Sexual- und Gewaltdelikte an Kindern gilt eine Sonderregelung, welche die spezifischen Probleme der jungen Opfer berücksichtigt.
Verjährungsfristen können heute in gewissen Fällen ruhen oder unter- brochen werden. Deren Berechnung ist deshalb oft äusserst kompliziert, namentlich wenn Rechtsmittel ergriffen werden. Um eine Vereinfachung herbeizuführen und die Rechtssicherheit zu gewährleisten, verzichtet die neue Regelung auf das System des Ruhens und Unterbrechens und sieht stattdessen längere Verjährungsfristen vor. Die Strafverfolgung wird künftig in 30 Jahren verjähren, wenn die Tat mit lebenslänglichem Zuchthaus bedroht ist, in 15 Jahren, wenn die Tat mit Gefängnis von mehr als drei Jahren oder mit Zuchthaus bedroht ist, und in 7 Jahren, wenn die Tat mit einer anderen Strafe bedroht ist.
"Bedenkzeit" für junge Opfer Die Sonderregelung für Kinder unter 16 Jahren berücksichtigt den Um- stand, dass viele Opfer die aufgezwungenen sexuellen Handlungen oft verdrängen oder wegen Drohungen des Täters lange schweigen. Sie sind deshalb erst Jahre nach den Übergriffen in der Lage, eine Strafanzeige einzureichen. Ihnen wird eine angemessene "Bedenkzeit" eingeräumt, um zu entscheiden, ob sie Anzeige erstatten wollen. Die Verjährung von schweren Sexualdelikten an Kindern sowie von schwersten Delikten gegen Leib und Leben von Kindern dauert neu bis zum vollendeten 25. Lebens-jahr des Opfers. Ergeht vor Ablauf der Verjährungsfrist ein erstinstanzliches Urteil, tritt die Verjährung nicht mehr ein. Die neue Sonderregelung gilt für alle Straftaten, die am 1. Oktober 2002 noch nicht verjährt sind.
Als schwere Sexualdelikte an Kindern werden erfasst: sexuelle Handlungen mit Kindern (Art. 187 StGB), sexuelle Handlungen mit Abhängigen, d.h. mit 16- bis 18-jährigen Unmündigen (Art. 188 StGB), sexuelle Nötigung (Art. 189 StGB), Vergewaltigung (Art. 190 StGB), Schändung (Art. 191 StGB), Förderung der Prostitution (Art. 195 StGB) und Menschenhandel (Art. 196 StGB). Ebenfalls unter diese Sonderregeleung fallen folgende schwerste Delikte an Leib und Leben von Kindern: vorsätzliche Tötung (Art. 111 StGB), Totschlag (Art. 113 StGB) und schwere Körperverletzung (Art. 122 StGB). Mord (Art. 112 StGB) wird nicht erwähnt, weil die Verjährungsfrist 30 Jahre beträgt.
Weitere Auskünfte: Vizedirektor Peter Müller, Bundesamt für Justiz, Tel. 031 322 41 33