Eidg. Departement des Innern (EDI)
EDI: Europakonferenz vom 17. April 2003 in Athen Rede von Bundespräsident Pascal Couchepin
Bern (ots)
Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrter Herr Präsident, Sehr geehrte Damen und Herren Staats- und Regierungschefinnen und - chefs Sehr geehrte Damen und Herren Ministerinnen und Minister
Zuerst möchte ich der griechischen Präsidentschaft herzlich dafür danken, dass sie diese Konferenz zu einem historisch so wichtigen Zeitpunkt einberufen hat. Im Namen der Schweizer Regierung beglückwünsche ich alle Länder von Herzen, die gestern den Vertrag zum Beitritt zur europäischen Union unterzeichnet haben.
Diese Erweiterung wird dem ganzen Kontinent zugute kommen. Neue kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen werden sich entwickeln. Diese Öffnung stärkt die politische Stabilität und schafft auf Fakten gründende Solidarität.
Seit dem Fall der Berliner Mauer ist die Schweiz auf die Länder, die heute der Union beitreten, zugegangen und hat sie auf ihrem Weg zur Demokratie und zur Marktwirtschaft unterstützt.
Die Europäische Union ist eine wirtschaftliche und politische Macht, die sich auch für gute Beziehungen mit ihren Nachbarn einsetzt. Allein die Tatsache, dass wir heute hier sind, bezeugt diesen Willen, die Beziehungen zu ihren natürlichen Partnern zu pflegen.
Die Schweiz begrüsst diese Öffnung der Union gegenüber den Ländern, den "neuen Nachbarn" aus Ost- und Südeuropa.
Mit den Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen, leistet mein Land gleichzeitig seinen Beitrag an dieses grosse Werk zur Stärkung des Friedens und der Stabilität. Es unterstützt den Dialog der Europäischen Union mit diesen Ländern, namentlich im Balkan und in der arabischen Welt. Mein Land ist in diesen Regionen auch über die Entwicklungshilfe stark engagiert. In diesen Ländern liegen auch die Chancen und die Herausforderungen der Europäischen Union von morgen. Die Schweiz stellt sich diesen Herausforderungen ebenfalls. So hat sie im Rahmen der EFTA mit Osteuropa, mit verschiedenen Balkanländern und mit Staaten des südlichen Mittelmeerraums rund zwanzig Freihandelsabkommen und Abkommen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit unterzeichnet.
In einer globalisierten Welt gibt es keine Alternativen zur wirtschaftliche Annäherung und zum politischen Dialog zwischen der Europäischen Union und ihren Nachbarn. Die Geografie macht die Geschichte, hat schon Metternich gesagt.
Sehr geehrter Herr Präsident,
Die Schweiz ist geografisch, sprachlich, kulturell und wirtschaftlich eines der europäischsten Länder des Kontinents. Dennoch ist sie der Europäischen Union noch nicht beigetreten. Unsere politische Kultur und unsere Institutionen, namentlich die direkte Demokratie, auferlegen uns eine langsamere Annäherung auf dem Verhandlungsweg. Dieser Weg wurde vom Schweizer Volk bestätigt.
Die Schweiz intensiviert ihre Beziehungen mit der Europäischen Union mit autonomen Reformen im Innern und mit sektoriellen Verhandlungen im aussenpolitischen Bereich.
Dank diesem Weg hat die Europäische Union eine Schweiz an ihrer Seite, die keine Insel ist, sondern ein Freund und ein zuverlässiger Partner, offen für eine immer engere Zusammenarbeit; denn kulturell, politisch, sozial und wirtschaftlich verfolgen wir die gleichen Ziele.
Der Beitritt ist kurzfristig keine realistische Option. Er bleibt aber ein längerfristiges Ziel. In der näheren Zukunft setzen wir in möglichst vielen Bereichen die enge Zusammenarbeit mit der Europäischen Union fort.
Sehr geehrter Herr Präsident,
Die Europäische Union und die Staaten, die ihr noch nicht angehören, können einander nicht gleichgültig sein. Sie haben ein gegenseitiges Interesse an einer engen Zusammenarbeit. Die Anziehungskraft der Europäischen Union misst sich auch an deren Haltung gegenüber ihren natürlichen Partnern. Das heisst, die Union und ihre Nachbarn müssen sich näher kommen im Respekt der Vielfalt, deren Ausdruck diese auf gemeinsamen Werten gründende Schicksalsgemeinschaft, das "erweiterte Europa" ist.