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EDI: Petersinsel - Für eine nachhaltige Familienpolitik

Bern (ots)

Es gilt das gesprochene Wort
Meine Damen und Herren
Ich begrüsse Sie zum Petersinsel-Anlass 2004. Da einige unter Ihnen 
schon Angst hatten, dieses Jahr auf diesen traditionellen Marsch 
verzichten zu müssen, kann ich Ihnen bestätigen, dass er weiterhin 
stattfindet. Allerdings kann dies weiterhin vor oder eben nach der 
Sommerpause geschehen.
Es war mir ein Anliegen, dass wir dieses Jahr die "Familienpolitik" 
ins Zentrum stellen. Die Familienpolitik ist nämlich das politische 
Querschnittsthema der heutigen Zeit, in dem sich die Entwicklung der 
Gesellschaft widerspiegelt. Die Entwicklung der Familienstrukturen 
ist gleichsam wie ein Spiegel der Gesellschaft.
Familienbericht zeichnet die Entwicklung nach und ist 
Bestandesaufnahme der heutigen Familienpolitik
Die Auseinandersetzung mit Entwicklungen und Veränderungen ist das 
Ziel des heute vorliegenden neuen "Familienberichts". Dieser 
Bericht, der zweite dieser Art auf nationaler Ebene seit 1978 (der 
Folgebericht von 1982 und die Zusammenstellung von 
wissenschaftlichen Beiträgen im Jahre 1991 können nicht als 
eigentliche Bestandesaufnahmen bezeichnet werden), zeichnet die 
Entwicklung der Familie der letzten Jahrzehnte "statistisch" nach, 
beschreibt die Veränderungen und beleuchtet, was sich stetig ändert, 
ohne dass es uns möglicherweise auffällt.
Der Bericht zeichnet aber auch die "Familienpolitik" nach, inwiefern 
sie auf Veränderungen reagiert hat. Die Familienpolitik in ihrer 
ganzen Breite wird dargestellt. Es wird aufgezeigt, was Bund, 
Kantone und Gemeinden leisten, aber auch wo Lücken bestehen. Zudem 
wird die schweizerische Familienpolitik mit den europäischen 
Nachbarländern verglichen und so aufgezeigt, wo diese steht.
Es wird nachgewiesen, wie die Familienpolitik, vorerst als 
"Armutspolitik" konzipiert, sich in den letzten Jahren mehr und mehr 
darauf konzentriert hat, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu 
stärken. Neben gleichstellungspolitischen waren hier je nach 
Wirtschaftslage auch arbeitsmarktpolitische Gründe massgebend. Der 
Familienbericht zeigt auch, dass in den europäischen 
Industriestaaten mehr und mehr auch eine "bevölkerungspolitische" 
Argumentation zum Zug kommt.
Diskrepanz zwischen Kinderwünschen und Realitäten
Die Schweiz hat immer weniger Kinder. Heute werden halb so viele 
Kinder geboren wie Mitte der 60-er Jahre. Frauen haben 
durchschnittlich 1,4 Kinder, 1970 waren es 2,1. Wie Sie auf 
beiliegender Grafik (Grafik 1) sehen, geht mit dieser Entwicklung 
ein kontinuierlicher Anstieg der kinderlos bleibenden Frauen, 
insbesondere bei Frauen mit Hochschulabschluss, einher. Heute bleibt 
gut ein Fünftel der Frauen kinderlos.
Es stellt sich eine erste existentielle Frage: Sind für junge 
Menschen Kinder zunehmend unerwünscht? Die nächste Grafik (Grafik 2) 
zeigt Ihnen, dass dem nicht so ist. Über alle Bildungsstände hinweg 
ist der Kinderwunsch grösser als die Zahl wirklich geborener Kinder. 
Besonders gross ist die Diskrepanz bei den Akademikerinnen. Aber 
eines fällt auf: Während des Arbeitslebens werden diese Wünsche 
drastisch nach unten geschraubt. Dies ist ein Hinweis auf zu hohe 
Hindernisse bei der Familiengründung bzw. beim Entscheid für weitere 
Kinder.
Diskrepanz zwischen Wunsch nach Erwerbsleben und den realen 
Möglichkeiten
Ein zweites Element fällt auf: Die jungen Mütter möchten mehr 
arbeiten. Sie sind heute häufiger erwerbstätig als früher. Bei fast 
der Hälfte aller Elternpaare ist die Frau teilzeitlich und der Mann 
vollzeitlich erwerbstätig. Gerade und vor allem bei Müttern ist aber 
die Erwerbslosigkeit (Grafik 3) resp. die Unterbeschäftigung (Grafik 
4) sehr gross. Es gibt offensichtlich zu wenig Teilzeitstellen oder 
ganz allgemein zu viele Hindernisse, damit Mütter so viel arbeiten 
können, wie sie wollen.
Die Schweiz braucht mehr Kinder und eine hohe Frauenerwerbsquote
Gibt es irgendeinen Grund, dass die Gesellschaft diese individuellen 
Wünsche und Entwicklungen hemmt? Das Gegenteil müsste der Fall sein. 
Kinder machen privat glücklich, aber sie machen auch die 
Gesellschaft glücklich. Denn mehr Kinder bedeuten auch weniger 
demographiebedingte Probleme, standfestere Sozialwerke, vor allem 
aber mehr Innovationsfähigkeit, kurzum: Zukunftsfähigkeit.
Jedermann weiss zudem, dass es für die Schweiz volkswirtschaftlich 
vorteilhaft ist, wenn die Frauen, die heute genauso gut ausgebildet 
sind wie die Männer, ihre erworbenen Kompetenzen im Erwerbsleben 
einsetzen. Dass deren Beitragszahlungen zudem einen stabilisierenden 
Einfluss auf die Sozialwerke haben, ist ebenso klar.
Kann es sich die Schweiz wirklich leisten, auf die vielen 
Kompetenzen, die sie ausbildet, im Arbeitsleben zu verzichten? Kann 
es sich die Schweiz leisten, dass sie immer weniger Kinder hat, 
insbesondere auch bei den Akademikern? Das sind schwierige Fragen 
und der europäische Vergleich zeigt, dass es keine eindeutig 
erfolgreichen Wege dahin gibt.
Auf was die Gesellschaft aber nicht verzichten kann, ist genau 
hinzusehen. Verdrängen bringt nichts. Darum hoffe ich, dass dieser 
Familienbericht möglichst viele interessiert und zum Nachdenken 
anregt.
Für eine "nachhaltige Familienpolitik"
Ich glaube, ein erster Schritt zu einer guten Entwicklung ist die 
Enttabuisierung der Geburtenfrage. Seit kurzem geschieht dies in 
immer mehr europäischen Ländern. Während lange Zeit nur Frankreich 
dieses Thema offensiv thematisiert hat, beginnen nun andere Länder 
diese Frage intensiv zu diskutieren. So hat beispielsweise vor einem 
halben Jahr Deutschland, wo diese Thematik aus verständlichen 
Gründen seit einem halben Jahrhundert ein Tabuthema war, ein viel 
beachtetes Gutachten erstellen lassen, dessen Analyse ich zu einem 
guten Teil zustimme. Es kommt zum nicht überraschenden Befund, dass 
Deutschland aus vielerlei Gründen zwei Entwicklungen anzustreben 
hat: eine Erhöhung der Geburtenrate sowie auch eine Erhöhung der 
Frauenerwerbsquote.
Effektiv bin ich der Ansicht, dass genau diese beiden Entwicklungen 
auch für die Schweiz überlebensnotwendig sind. Allerdings möchte ich 
als liberaler Politiker etwas ganz klar festhalten: Es ist nicht 
Aufgabe des Staates, in die Wünsche der Individuen einzugreifen. In 
diesem Sinne habe ich auch Mühe, die Ausdrücke "Bevölkerungspolitik" 
oder "Natalismus" zu verwenden. Nein, der Staat soll höchstens 
Hindernisse abbauen, damit gewünschte Kinder auch geboren werden. 
Und er soll die Hürden abbauen, die dafür sorgen, dass Mütter auf 
dem Arbeitsmarkt benachteiligt werden.
Diese Politik erfordert aber, dass in der Familienpolitik ein 
Paradigmenwechsel vorzunehmen ist: Wir müssen von der traditionellen 
Familienpolitik zu einer "nachhaltigen Familienpolitik" übergehen.
Grundzüge einer "nachhaltigen Familienpolitik"
Was meine ich mit einer "nachhaltigen Familienpolitik"? Im Vergleich 
zur traditionellen Familienpolitik, wo es darum geht, "etwas für die 
Familien zu tun", sollten wir uns vermehrt der Frage zuwenden: "Was 
beeinflusst eigentlich das Familiengründungsverhalten oder den 
Entscheid für ein zweites oder drittes Kind?" Oder auch: "Wie können 
wir das Familienleben auch in 20 Jahren lebbar machen?" Es muss 
derselbe Paradigmenwechsel stattfinden, welcher seit einigen Jahren 
in der Umweltpolitik, der Finanzpolitik sowie auch in der 
Sozialpolitik geschehen ist und in dessen Zentrum die 
"Nachhaltigkeit" steht.
Wie der Familienbericht darlegt, wird die Familienpolitik 
traditionellerweise aus folgenden Motiven heraus verfolgt:
* vertikaler Ausgleich (Lastenausgleich und Absicherung gegen Armut)
* horizontaler Ausgleich (Abgeltung  der Leistungen von Familien)
* strukturelle Rücksichtslosigkeit gegenüber "Kinderhabenden" 
(Abgeltung wegen Konkurrenznachteilen gegenüber den Kinderlosen)
* Kinder-Politik (Wohl des Kindes ist im Zentrum)
* Gleichstellungspolitik (Mann-Frau)
* Bevölkerungspolitik (z.B. Frankreich)
Welches sind nun die wesentlichen Elemente einer "nachhaltigen 
Familienpolitik"? Es gibt ein zentrales Element, worin sich die 
Experten einig sind. Es sind nachweislich nicht fehlende 
Geldtransfers, die die entscheidende Rolle spielen für die 
Hindernisse, Kinderwünsche zu realisieren, sondern Probleme bei der 
"Vereinbarkeit von Berufs- und Familienalltag". Es sind also nicht 
die direkten Kinderkosten die Hürden, sondern die indirekten Kosten, 
die Opportunitätskosten zwischen einem Leben mit Kind(ern) oder 
einem Leben ohne Kinder. Immer öfters führt dies dazu, dass auf 
Kinder bzw. weitere Kinder verzichtet wird.
Für eine "Nachhaltige Familienpolitik" im engeren Sinne heisst das, 
dass vorab diese Opportunitätskosten gesenkt werden müssen. Folglich 
muss die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsleben Priorität haben 
gegenüber Geldtransfers.
Der Familienbericht zeigt die verschiedenen Arten auf, 
Familienpolitik zu betreiben. Die schweizerische Familienpolitik 
kann als liberal und subsidiär bezeichnet werden. Das unterscheidet 
sie vom nordischen sozialdemokratischen Modell, vom 
"familiaristischen" Modell Frankreichs, aber auch von den wenig 
entwickelten Familienpolitiken im Süden Europas. Die schweizerische 
Politik gleicht in ihrer Ausgestaltung am ehesten dem System 
Englands, allerdings auf einem quantitativ weit höheren Niveau.
Ähnliche, teils kulturell bedingte Unterschiede finden sich, wenn 
die Modelle der Kantone und Gemeinden untereinander verglichen 
werden. So hat die Familienpolitik des Tessins mit derjenigen von 
Appenzell Innerrhoden sehr wenig zu tun. Sollte also der Bund 
eingreifen?
Zwei solche Fragen stehen zur Zeit an. Es geht darum, ob die 
Familienzulagen auf Bundesebene zu regeln sind (Parl. Initiative 
Fankhauser) und ob Ergänzungsleistungen für bedürftige Familien 
(Parl. Initiative Fehr/ Meier-Schatz) auch auf Bundesebene 
ausgestaltet sein sollen. Die parlamentarische Debatte hierzu ist im 
Gang. Es gibt in beiden Fragen gute Argumente für und wider von mehr 
Bundeseinfluss. Der Bundesrat wird sich damit im Herbst befassen, 
sobald ein konkretes und reifes Projekt vorliegt.
Wie vorher ausgeführt, sollte in Bezug auf eine "nachhaltige 
Familienpolitik" auch klar sein, dass die beiden erwähnten hängigen 
parlamentarischen Initiativen als "Geldtransfer-Vorlagen" höchstens 
indirekt etwas zur heute prioritären Vereinbarkeit von Erwerbs- und 
Familienalltag beitragen können und somit nicht als die eigentlichen 
Kerngeschäfte einer "nachhaltigen Familienpolitik" bezeichnet werden 
können.
Nachhaltige Familienpolitik ist auf allen Ebenen umzusetzen und ist 
nicht mit einem Transfer der Aufgaben von Kantons- auf Bundesebene 
zu verwechseln! Was mir wichtiger scheint, ist, dass der Stellenwert 
einer breit angelegten "nachhaltigen Familienpolitik" überall, auf 
allen Ebenen, erkannt wird.
Eckpfeiler einer "nachhaltigen Familienpolitik"
Aus diesem Grund möchte ich einige Eckpfeiler einer nachhaltigen 
Familienpolitik nennen, die für mich prioritären Charakter haben. 
Sie betreffen, je nachdem, die Gemeinde- Kantons- oder Bundesebene 
wie auch nichtstaatliche Ebenen.
1. Es braucht für die Verbesserung der Vereinbarkeit von Berufs- und 
Familienalltag möglichst überall Blockzeiten für Kindergarten und 
Schule. Der Bundesrat hat unter meiner Federführung eine 
entsprechende Motion (FDP-Fraktion/Langenberger) akzeptiert. Diese 
fordert, dass in den Kantonen vorwärtsgemacht wird. Ansonsten muss 
der Bund eingreifen und dies einfordern analog wie damals beim 
einheitlichen Schulbeginn. Auch ist das Angebot an Tagesschulen auf 
kantonaler Ebene zu erhöhen.
2. Eine frühere Einschulung ist wünschenswert. Diese Massnahme ist 
sowohl aus familienpolitischen, als auch bildungs- und 
integrationspolitischen Gründen erforderlich. Sie sehen aus 
beiliegender Grafik der unterschiedliche Kindergartenbeginn je nach 
Kanton (Grafik 5). Sie sehen des weitern aus der nächstfolgenden 
Grafik, dass die Schulleistungen leider in der Schweiz wesentlich 
vom Bildungsniveau der Eltern abhängen (Grafik 6). Ein früherer 
Schulbeginn kann dieser Entwicklung entgegenwirken.
3. Krippen: Sie sind unter anderem aus Gründen sowohl der 
Vereinbarkeit von Berufs- und Familienalltag wie auch hinsichtlich 
des soeben genannten integrationspolitischen Ziels der 
Chancengleichheit ebenfalls sinnvoll. Sie entspringen einem echten 
Bedürfnis.
Weil davon ausgegangen worden ist, dass in weiten Teilen des Landes 
das Angebot ungenügend ist, hat das Parlament die 
Anstossfinanzierung geschaffen. Es handelt sich um eine zeitlich 
befristete Förderungsmassnahme des Bundes. Dass die bereit 
gestellten Gelder bisher nicht in dem Umfang genutzt werden wie 
erwartet, hat mich erstaunt. Dazu wird mir die in Auftrag gegebene 
Evaluation Antworten liefern müssen. Allfällig nötige Anpassungen 
sollten dann schon für die zweite Kredittranche vorgenommen werden.
Ich frage mich allerdings grundsätzlich, welche längerfristige Rolle 
der Staat in diesem Bereich spielen soll. Muss die Politik wirklich 
mit bürokratischen Auflagen in die Krippenausgestaltung einwirken? 
Ist eine Krippe in einem Kanton, wo keine einschränkenden Auflagen 
bestehen, wirklich schlechter als eine Krippe in Genf, wo alles 
detailliert vorgeschrieben ist? Erklären sich durch den 
schweizerischen Perfektionismus unter Umständen nicht vielleicht die 
hohen Krippenkosten, die vielerorts als zu hoch angeschaut werden? 
Auf solche Fragen wünsche ich mir Antworten.
Insbesondere frage ich mich, ob die staatliche 
Krippensubventionierung nicht nachfrageorientiert ausgestaltet 
werden könnte. Heute werden die Plätze subventioniert, morgen 
könnten den Nachfragern Betreuungsgutscheine gegeben werden, so dass 
die Anbieter einem echten Wettbewerb ausgesetzt würden. Ich werde 
die Verwaltung beauftragen, entsprechende Modelle zu prüfen; darauf 
basierend könnten Gemeinden oder Kantone entsprechende Versuche 
starten.
4. Ich bin der Meinung, dass auf kantonaler Ebene eine Konferenz der 
Familiendirektoren zu schaffen ist, die sich nur um Familienfragen 
kümmert und für eine gewisse interkantonale Harmonisierung sorgt. 
Eine jüngst publizierte SKOS-Studie hat gezeigt, dass in vielen 
Kantonen noch keine kohärente Familienpolitik besteht.
5. Es sollten private Anbieter Bewertungen, sog. Ratings, bezüglich 
Familienfreundlichkeit der Gemeinden und Kantone erstellen (ich habe 
letzthin ein gutes Rating zur Familienfreundlichkeit der Zürcher 
Gemeinden gesehen), damit der Standortwettbewerb gefördert wird.
6. Es könnten auf der für die konkrete Familienpolitik 
entscheidenden Ebene der Gemeinden im Sinne eines "Public-Private- 
Partnerships" Bündnisse für Familien (Gemeindebehörden, 
Kirchgemeinden, Familien, ortsansässige Unternehmen, etc.) 
institutionalisiert werden, die in regelmässigem gegenseitigen 
Kontakt stehen.
7. Es ist im Sinne einer "Allianz für Familien" auch die Welt der 
Unternehmen zu involvieren. Es ist schweizweit eine Allianz zwischen 
Behörden und (Gross)unternehmen zwecks Initiativen für 
familienfreundliche Unternehmensgestaltung zu schaffen. 
Entsprechende Bestrebungen sind auf Grund einer Motion im 
Volkswirtschaftsdepartement im Gang. Es braucht familienfreundliche 
Arbeitszeitmodelle. Auch hier sind Ratings oder gar 
Zertifizierungssysteme durchaus denkbar.
8. Die Familienberichterstattung ist regelmässig fortzuführen. Ich 
habe daher entschieden, den statistischen Teil des Familienberichts 
alle zwei Jahre fortzuführen. Statistiken zu familienpolitischen 
Themen sind zudem auszubauen (Kinderzulagen, Angebote 
ausserfamiliärer Kinderbetreuung).
9. Bei einer Neuauflage der Familienbesteuerungsvorlage sind 
familienpolitische Überlegungen wichtig. Ein wichtiger Grundsatz 
wäre die Individualbesteuerung. Zudem könnte zur Bekämpfung der 
Familienarmut die Einführung von negativen Einkommensteuern resp. 
Steuergutschriften für Working Poors geprüft werden. Folgende Grafik 
(Grafik 7) zeigt Ihnen, dass dieses Problem heute noch nicht gelöst 
ist.
10. Last, but not least: Der bezahlte Mutterschaftsurlaub macht auch 
im Konzept einer "nachhaltigen Familienpolitik" Sinn.
Breite Diskussion muss gestartet werden
Eine der Schlussfolgerungen des vorliegenden Familienberichts ist, 
dass eine gesamtschweizerische Strategie in der Familienpolitik 
entwickelt werden soll. Ich habe Ihnen nun in ihren Grundzügen das 
Konzept einer "nachhaltigen Familienpolitik" vorgestellt. Die hier 
vorgeschlagenen 10 Eckpfeiler für eine nachhaltige Familienpolitik 
sollen diskutiert und auch noch ergänzt werden können.
Ich wünsche mir eine breite Diskussion über eine "nachhaltige 
Familienpolitik". Denn Familienpolitik ist im besten Sinne 
Gesellschaftspolitik.
Wie vergleichende Länderstudien zeigen, spielen auch kulturelle 
Eigenheiten und Traditionen in der Familienpolitik eine grosse 
Rolle. So wird eine "nachhaltige Familienpolitik" nicht überall mit 
dem gleichen Rezept zum Erfolg führen. Auch zeigen neuste Studien, 
dass die sich entwickelnde Arbeitswelt (vermehrt unregelmässige 
Arbeitszeiten, häufige Ortswechsel) die Vereinbarkeit von Familien- 
und Erwerbsleben auch erschweren kann. Familien"zeit" und 
Erwerbs"zeit" vermischen sich, Diskontinuitäten von Ort und Zeit im 
Erwerbsleben können den "Familienalltag" als andere Welt neben dem 
Erwerbsleben zerstören. Es braucht also auch in Zukunft neue 
Familienberichte und neue Analysen.
Die schlimmste Haltung wäre aber auf jeden Fall, die Augen vor der 
heutigen Entwicklung zu verschliessen. Darum auch der heutige 
Anlass.
Ohne Kinder hat eine Gesellschaft keine Zukunft. Europa hat es 
gemerkt, auch die Schweiz muss diesbezüglich aufwachen.
Ich danke Ihnen.
Mehrere Informationen: www.bsv.admin.ch

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  • 27.08.2004 – 14:05

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