Eidg. Volkswirtschaftsdepartement (EVD)
EVD: Vorabklärung der Preisüberwachung zu Tamiflu
Bern (ots)
Tamiflu kostet in der Schweiz deutlich mehr als in den europäischen Vergleichsländern. Zu diesem Schluss ist der Preisüberwacher in einer Vorabklärung gelangt. Da aber alle relevanten gesundheitspolitischen Instanzen sich darin einig sind, dass die private Beschaffung von Tamiflu auf Vorrat unnötig und nicht wünschenswert ist, erachtet der Preisüberwacher eine Intervention gegenwärtig für nicht opportun. Sonderbestimmungen und preisliche Sonderkonditionen werden jedoch im Fall einer Pandemie gelten. Ausgangslage und heutige Preissituation
Der Preisüberwacher hat am 18. Oktober 2005 eine Vorabklärung zu den Preisen von Tamiflu eröffnet. Er hat sich in diesem Zusammenhang von der Firma Roche Pharma (Schweiz) AG, dem Schweizerischen Apothekerverband (SAV) sowie den zuständigen Bundesstellen umfassend orientieren lassen und Preisvergleiche mit ausländischen Quellen angestellt.
Die Preissituation stellt sich wie folgt dar:
·Der Fabrikabgabe-Preis der Herstellerin (FAP = Lieferpreis ohne MwSt und ohne Vertriebskosten) liegt heute in der Schweiz erheblich über den entsprechenden Preisen in den vergleichbaren europäischen Referenzländern. ·Die Apothekermarge liegt erheblich über der Marge, die bei Anwendung der Leistungsorientierten Apotheker-Abgeltung (LOA) für kassenpflichtige Medikamente( SL-Medikamente) der Verkaufskategorien A und B resultieren würde. ·Sonderkonditionen gelten gegenüber den Spitälern und Kliniken.
Beurteilung aufgrund der Vorabklärung
1.Zuständigkeit der Preisüberwachung Bei Beschaffungen von Tamiflu für die Indikation Vogelgrippe und Vogelgrippe-Vorsorge verfügt Roche über Markmacht. Zudem figuriert Tamiflu gegenwärtig nicht auf der Liste der kassenzulässigen Präparate. Damit ist die Zuständigkeit der Preisüberwachung für die Tamiflu-Preisgestaltung in diesem Teilmarkt gegeben.
2.Die Versorgung im Pandemiefall und die Vorbereitungen dazu Die Versorgung im Pandemiefall und die Vorbereitungen dazu sind Sache der Gesundheitsbehörden und des Bundesamts für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL). Diese behandeln insbesondere auch die Fragen der Abgabekanäle und der Finanzierung. Für den Epidemiefall werden besondere Preiskonditionen gelten, bei deren Festlegung die Preisüberwachung gegebenenfalls das Empfehlungsrecht ausüben wird.
3.Die aktuelle Nachfrage Privater (Angst- und Hamsterkäufe) Alle relevanten gesundheitspolitischen Instanzen gehen darin einig, dass die private Beschaffung von Tamiflu auf Vorrat unnötig und nicht wünschenswert ist. Um für die kommende Grippesaison (normale Grippe) eine adäquate Menge an Tamiflu zur Verfügung zu haben, hat Roche die Abgabe zur Zeit limitiert. Dadurch sollen unnötige Hamsterverkäufe möglichst vermieden werden.
Obschon das Medikament in der Schweiz erheblich teurer in den Handel gerät als in den europäischen Vergleichsländern, verzichtet die Preisüberwachung heute auf ein Einschreiten. Für die private Tamiflu- Beschaffung auf Vorrat, die im heutigen Zeitpunkt entgegen aller medizinischen Empfehlungen der Gesundheitsbehörden, der Aerzte- und Apothekerverbände erfolgt, ist ein Preisschutz nach Auffassung der Preisüberwachung nicht gerechtfertigt.
4.Besonderes zur Apothekermarge Der von der Herstellerin empfohlene Richtpreis von Fr. 86.50 für die Einzelabgabe (Endverkaufspreis) wird von fast allen Apotheken eingehalten. Die Apotheken sind rechtlich nicht an diesen Preis gebunden. Sie wären insbesondere frei, den Endverkaufspreis tiefer anzusetzen. Nur schon für den Fall, dass die Marge an jene der kassenpflichtigen A- und B-Medikamente (SL-Medikamente) angepasst würde, ergäbe sich (bei heutigem Fabrikabgabepreis) eine Senkung des Publikumspreises auf ca. 72 Franken.
5.Vorsorgebeschaffung der Spitäler Für den Spitalbereich gelten generell Spezialkonditionen. Für die aktuelle Vorsorge der Spitäler im Hinblick auf einzelne Vogelgrippe- Verdachtsfälle und den Schutz des Personals (gemäss Empfehlung BAG vom 12. September 2005), hat sich Roche gegenüber der Preisüberwachung bereit erklärt, ab sofort die Bezahlung aufzuschieben. Für diese Lieferungen wird später der noch zu bestimmende Pandemiepreis zur Anwendung gelangen, welcher signifikant tiefer sein wird, als die jetzigen Spitalpreise.
Rudolf Strahm, Preisüberwacher
Auskunft: Rudolf Strahm, Tel. 031/322 21 01 Rafael Corazza, Tel. 031/322 21 03 Rudolf Lanz, Tel. 031/322 21 05