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Caritas Schweiz / Caritas Suisse

Schweiz ist sozialpolitisch ungenügend auf die Rezession vorbereitet

Luzern (ots)

Die Schweiz hat es in den Jahren der Hochkonjunktur
versäumt, bezüglich sozialer Sicherheit für die Krise vorzusorgen.
Sozialpolitisch waren in den letzten sechs Jahren fast nur
Rückschritte zu verzeichnen, bilanziert Caritas Schweiz im soeben
erschienenen Sozialalmanach 2009, dem Caritas-Jahrbuch zu sozialen
Lage der Schweiz. Caritas warnt: Den sozialen Folgen der
angebrochenen Wirtschaftskrise dürfe nicht mit weiterem Sozialabbau
begegnet werden.
"Der Sozialstaat hat die Aufgabe, die Menschen vor Armut und
sozialer Ausgrenzung zu bewahren, wenn die Wirtschaft nicht gut
läuft", unterstreicht Caritas-Ökonom Carlo Knöpfel. Sein Bericht über
die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Schweiz, publiziert
im soeben erschienen Sozialalmanach 2009, untersucht die
Sozialpolitik während der Hochkonjunktur, die mit der
Finanzmarktkrise unsanft zu Ende gegangen ist. Das Fazit stimmt wenig
optimistisch für die Menschen, die von der realwirtschaftlichen Krise
betroffen sein werden: "Was wir in den letzten Jahren erlebt haben,
ist ein Umbau des Systems der sozialen Sicherheit. Die materielle
Unterstützung in den Sozialversicherungen wie auch in der Sozialhilfe
wird relativiert, der Druck zur Integration wird erhöht, ganz
unbesehen davon, ob der Arbeitsmarkt überhaupt Stellen bereit hält,
um die Schwächsten aufzunehmen. Gleichzeitig werden die Leistungen
der Sozialversicherungen schleichend begrenzt. Fortschritte hatten
wir in diesen sechs Jahren nur mit der Einführung der
Mutterschaftsversicherung und der Harmonisierung der Kinderzulagen.
In allen anderen Bereich sind fast nur Rückschritte zu verzeichnen."
Sozialhilfe statt Versicherungsleistungen
Trotz lange andauerndem, starkem Wachstum ist es nicht gelungen,
die Zahl der Bezügerinnen und Bezüger von Sozialhilfe spürbar zu
reduzieren. Ein Grund liegt darin, dass der Sozialhilfe immer neue
Bürden aufgeladen werden. "Die Schweiz ist zurzeit daran, die soziale
Verantwortung für jene Menschen, die längere Zeit auf soziale
Unterstützung angewiesen sind, von den Sozialversicherungen, also vom
Bund, an die Sozialhilfe, das heisst an die Kantone, zu verlagern",
führt Knöpfel aus.
Der prognostizierte Anstieg der Arbeitslosigkeit um 50 Prozent
oder mehr im Jahr 2009 wird sowohl die Arbeitslosenversicherung wie
auch die Sozialhilfe zusätzlich belasten. Am stärksten betroffen
werden schlecht qualifizierte und junge Arbeitskräfte sein, die sich
bei der Rückkehr in den Arbeitsmarkt bzw. beim Berufseinstieg mit
grossen Schwierigkeiten konfrontiert sehen. Die Erfahrungen der
Vergangenheit zeigen, dass jede Krise in der Schweiz den Sockel der
Arbeitslosigkeit erhöht. Dabei gibt die Arbeitslosenquote nicht das
ganze Ausmass der Erwerbslosigkeit wieder, weil Langzeitarbeitslose
kein Arbeitslosengeld mehr erhalten und auf Sozialhilfe angewiesen
sind.
Sozialabbau muss gestoppt werden
Caritas Schweiz fordert die Sozialpolitik eindringlich dazu auf,
den schleichenden Sozialabbau zu stoppen. Insbesondere müssen die
Revisionen der Arbeitslosenversicherung und der IV, die weitere
Leistungskürzungen vorsehen, zurückgestellt werden. Aus Caritas-Sicht
geht es klar darum, Anrechte nicht zu beschneiden: Wenn die Leute
jahrelang ihre Beiträge für AHV, IV oder ALV bezahlt haben, sollen
sie im Krisenfall auch die versprochenen Leistungen beziehen können.
Als weitere Massnahme, um der Rezession zu begegnen, ist die
Einrichtung von zusätzlichen Beschäftigungsprogrammen für
Sozialhilfebezüger notwendig. Diese sollen auf den Erhalt von
beruflichen Qualifikationen ausgerichtet sein und nicht primär auf
eine rasche Reintegration in den Arbeitsmarkt, die in vielen Fällen
unrealistisch ist. Langfristig braucht es aus Sicht der Caritas
Investitionen in die Prävention von Armut, vor allem in der
Frühförderung von Kindern, bei der Lehrstellensuch und im
Berufseinstieg sowie in der Familienphase.

Kontakt:

Weitere Informationen und Interviews:
Herr Carlo Knöpfel
Leiter Bereich Grundlagen der Caritas Schweiz
Mobile: +41/79/651'42'52

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