BFS: Analyseprogramm der Volkszählung 2000
(ots)Analyseprogramm der Volkszählung 2000
Gleichstellung der Geschlechter eine Bilanz der letzten 30 Jahre
Ein Nebeneinander von Fortschritt und Stagnation kennzeichnet das Bild der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern zu Beginn des 21. Jahrhunderts in der Schweiz. Während in den Bereichen Ausbildung und Erwerbsbeteiligung deutliche Fortschritte erzielt worden sind, konnte bei den Erwerbstätigen die ungleiche Geschlechterverteilung auf den Vollzeit- und Teilzeitsektor nicht überwunden werden. Auch bei der Berufswahl junger Männer und Frauen hat es in den letzten Jahrzehnten nur geringe Veränderungen gegeben. Die Unterteilung in typische Frauenberufe und Männerberufe ist nach wie vor Realität. Zu diesen Schlüssen kommen zwei Studien, welche das Geographische Institut der Universität Zürich und die Pädagogische Hochschule Zürich im Auftrag des Bundesamtes für Statistik (BFS) verfasst haben. Fortschritte im Bildungsbereich Im Bildungsbereich sind wichtige gleichstellungspolitische Fortschritte zu verzeichnen. An den absolvierten Ausbildungsjahren gemessen, hat sich der Bildungsrückstand der 30- bis 39-jährigen Frauen auf die gleichaltrigen Männer in den letzten Jahrzehnten auf 0,7 Jahre halbiert. Die jüngeren Frauen haben ihre Ausbildungszeit stärker erhöht, als dies bei den Männern der Fall war. Auch beim Vergleich der höchsten abgeschlossenen Ausbildung sind bemerkenswerte Fortschritte erkennbar. Bei den 60- bis 69-jährigen Schweizerinnen und Schweizern liegt der Anteil der Männer mit Universitätsabschluss noch rund viermal höher als bei den gleichaltrigen Frauen. Bei den 20- bis 29-Jährigen fällt diese Differenz nur noch geringfügig zugunsten der Männer aus. Geschlechterspezifische Berufswahl immer noch vorherrschend Was die Ausbildungs- und Berufswahl von jungen Frauen und Männern betrifft, lassen sich in den letzten zwanzig Jahren aber nur wenige Veränderungen feststellen. Besonders auf der Sekundarstufe II sind die Ausbildungsberufe sehr stark nach Geschlecht getrennt. Seit 1980 sind auf den zehn vordersten Plätzen der Berufswahlrangliste der jungen Frauen vor allem personenbezogene Dienstleistungsberufe zu finden. Bei den jungen Männern blieben im selben Zeitraum industrielle gewerbliche und technische Berufe die Favoriten. Einzig die beiden grossen Berufsarten der Kaufmännischen Angestellten/Büroberufe und der Verkäufer/Detailhandelsangestellten blieben zwischen 1970 und 2000 für beide Geschlechter in gleichem Masse wichtige Ausbildungsfelder. Auf Tertiärstufe ist die Geschlechterordnung weniger starr, besonders wenn der Weg über eine universitäre Ausbildung führt. Vor allem für Frauen ist das Berufswahlspektrum im Vergleich zur Sekundarstufe II grösser und es lassen sich an den Geschlechtergrenzen Verschiebungen feststellen. So haben Frauen in jüngerer Zeit in den ehemals männlich dominierten technischen Berufen und Ingenieurwissenschaften Fuss gefasst, in den neu entstandenen Informatikberufen waren Frauen von Anfang an zu finden. Der wirtschaftliche Strukturwandel wurde in den letzten 30 Jahren nur bedingt über das Ausbildungssystem bewältigt. Männer erlernen nach wie vor Berufe des 2. Sektors (rund 66% auf Sekundarstufe II, rund 53% auf Tertiärstufe), so dass sie sich beim Eintritt in den Arbeitsmarkt zuerst via Umschulungen an die gewandelten Anforderungen des Wirtschaftssystems anpassen müssen. Der Strukturwandel Richtung Dienstleistungsgesellschaft wird hauptsächlich von den Frauen getragen, die seit den 1970er-Jahren vor allem Ausbildungsberufe im 3. Sektor ergriffen haben (auf Sekundarstufe II und Tertiärstufe 85-90%). Unterteilung in einen Vollzeit- und Teilzeitsektor Zwischen 1970 und 2000 hat sich die Erwerbsquote der Frauen im Haupterwerbsalter (25- bis 54-Jährige) von 45 Prozent auf 77 Prozent fast verdoppelt. Der Frauenanteil an den Erwerbstätigen erhöhte sich in diesem Zeitraum markant von 34 Prozent auf 44 Prozent. Ebenfalls auf Fortschritte in der beruflichen Gleichstellung der Geschlechter deutet die besonders in den 1990er-Jahren überdurchschnittlich gestiegene Präsenz von Frauen in Unternehmensleitungen hin, auch wenn sie in diesen Positionen mit einem Anteil von lediglich 15 Prozent auch im Jahr 2000 immer noch stark untervertreten sind. Stagniert hat die ausgeprägte Unterteilung der Erwerbsbevölkerung in einen männlich geprägten Vollzeitsektor und einen weiblich geprägten Teilzeitsektor. Im Jahr 2000 waren 51 Prozent aller erwerbstätigen Frauen Teilzeit beschäftigt, während dies lediglich auf 9 Prozent der erwerbstätigen Männer zutraf. Gesamthaft betrug der Frauenanteil an den Vollzeit erwerbstätigen Personen knapp 30 Prozent, an den Teilzeit Beschäftigten dagegen 82 Prozent. Einerseits bietet eine Teilzeit Erwerbstätigkeit vielen Müttern die Möglichkeit, Beruf und Familie zu verbinden, andererseits wirkt sie sich negativ auf das Einkommen, die beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten und die Leistungen der Sozialversicherungen aus. Mütter stärker von Erwerbslosigkeit betroffen Gehalten hat sich auch der Umstand, dass Frauen gesamthaft stärker von Erwerbslosigkeit betroffen sind als Männer. Dies hängt eng mit der familiären Situation zusammen. Im Vergleich zu den Männern weisen speziell Frauen mit Kindern unter 15 Jahren eine höhere Erwerbslosenquote auf. Die grösste Differenz findet sich bei Personen mit Kindern im Vorschulalter (0-6 Jahre). Hier übersteigt die Erwerbslosenquote der Frauen (9,0%) diejenige der Männer (2,2%) massiv. Ein wichtiger Grund für diese Unterschiede ist, dass die Frauen viel häufiger als ihre Partner ihre berufliche Laufbahn aus familiären Gründen unterbrechen, um nach einer mehrjährigen Familienpause den Wiedereinstieg in die Erwerbstätigkeit anzustreben. Hinzu kommt, dass insbesondere Frauen mit Kindern öfter auf kleine Teilzeitpensen angewiesen sind, was einerseits die Flexibilität bei der Arbeitssuche einschränkt, andererseits auch das Risiko eines Arbeitsplatzverlusts erhöhen könnte. Kinderlose Männer und Frauen weisen dagegen ähnliche Erwerbslosenquoten auf (je rund 4,4%).
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Erscheint demnächst: Elisabeth Bühler und Corinna Heye, Fortschritte und Stagnation in der Gleichstellung der Geschlechter 1970-2000, Neuchâtel: Bundesamt für Statistik (erscheint Mitte April 2005). Regula Leemann und Andrea Keck, Der Übergang von der Ausbildung in den Beruf. Die Bedeutung von Qualifikation, Generation und Geschlecht, Neuchâtel: Bundesamt für Statistik (erscheint im Sommer 2005).
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