Die Historikerkommission hat die Arbeit aufgenommen
Vaduz (ots)
Die von der liechtensteinischen Regierung bestellte «Unabhängige Historikerkommission Liechtenstein Zweiter Weltkrieg» hat mit ihrer zweitägigen Sitzung vom 24./25. September 2001 die Arbeit aufgenommen.
Unter der Leitung des Präsidenten Peter Geiger, Schaan, haben Arthur Brunhart, Balzers, Vizepräsident, Dan Michman, Ramat Gan/Israel und Carlo Moos, Zürich teilgenommen. Erika Weinzierl, Wien und David Bankier, Jerusalem waren aus gesundheitlichen Gründen verhindert. In der Sitzung, welche in Triesenberg abgehalten wurde, hat sich die Kommission konstituiert, organisatorische Klärungen getroffen, das Mandat besprochen und insbesondere die Forschungsfragen eingehend diskutiert und geklärt. Die Kommission hat sich über die in Betracht kommenden Archive und Quellenbestände verständigt, ebenso Methoden und Zeitplan beraten. Bereits eingegangene Materialien sind gesichtet worden. Zeitzeugen werden eine Anlaufadresse erhalten. Alle Hinweise, welche dem Untersuchungszweck dienen, nimmt die Kommission entgegen. Ab nächster Woche lautet die Adresse des von Sandra Wenaweser geleiteten Sekretariats: «Unabhängige Historikerkommission», Bahnhofstrasse 6, FL-9494 Schaan (Telefon +423 265 50 50, Fax +423 265 50 51, historikerkommission@uhk.li).
Die Historikerkommission hat vorab in drei Bereichen Fragen zur Rolle Liechtensteins im Zweiten Weltkrieg zu untersuchen. Der Zeitraum beschlägt dabei auch die Jahre seit 1933 sowie nach dem Kriegsende. Ein erster Bereich betrifft allfällige geraubte, verschobene, versteckte oder auch gerettete Vermögenswerte: Hat Liechtenstein (der Staat, Firmen, Einzelne) den Nationalsozialisten geholfen, NS-Raubgut zu verschieben und zu verstecken, Geld, Gold, Kunst oder anderes ? Hat Liechtenstein bei Kriegsende geholfen, deutsche Vermögenswerte der alliierten Sperrung und Liquidierung zu entziehen ? Gibt es nachrichtenlose Vermögen von Holocaustopfern in Liechtenstein ? Hat Liechtenstein eine Rolle in der deutschen Devisenbeschaffung gespielt ? War Liechtenstein an sogenannten «Arisierungen» oder an NS- Zwangsarbeit beteiligt ? Aber auch: Hat Liechtenstein NS- Verfolgten geholfen, Fluchtgut zu retten ?
Ein zweiter Bereich betrifft die Flüchtlingspolitik: Hat Liechtenstein Verfolgte aufgenommen und gerettet ? Wurden Verfolgte zurückgewiesen ?
Ein dritter Bereich beschlägt die Produktion für Deutschland: Haben liechtensteinische Betriebe für Deutschland Rüstungsgüter oder kriegswichtige Güter produziert, in welchem Masse, in welchem Kontext ?
Am Tag vor der Sitzung hat sich die Kommission am Sonntagabend in Zürich mit Mitgliedern und Forschern der schweizerischen Bergier-Kommission getroffen, um von deren Erfahrungen zu profitieren. Zum Ende des ersten Sitzungstages ist die liechtensteinische Kommission vom Fürsten zu Vorstellung und Gespräch empfangen worden. Am Montagabend hat sie sich mit liechtensteinischen Historikern und Historikerinnen bekannt gemacht. Zum Abschluss der Gesamtsitzung ist die Historikerkommission anlässlich eines Empfangs der Regierung mit den ebenfalls eingeladenen Vertretern in- und ausländischer interessierten Organisationen und dem von der Regierung berufenen Beratungs- und Koordinationsausschuss zu Vorstellung und Aussprache zusammengeführt worden.
Bis zur nächsten Sitzung Ende November wird das wissenschaftliche Personal für die einzelnen Forschungsaufträge gesucht. Danach beginnt die eigentliche Forschungstätigkeit. Der in den Augen der Kommission knapp bemessene Zeithorizont sieht den Abschluss nach zwei Jahren vor, Ende 2003. Die nächste Sitzung wird in Zürich an der Universität stattfinden. Auf eine Feststellung legt die Kommission grössten Wert: Sie führt ihre Untersuchung völlig unabhängig durch.
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