Ein Zuhause für Strassenkinder - Regierungsrat Ernst Walch besucht das Concordia Kinderheim in Bukarest
Vaduz (ots)
In den verwinkelten Gassen, unweit vom Zentrum der rumänischen Hauptstadt Bukarest steht das Haus St. Paul. Wenige Stufen führen zur Eingangstür des dreistöckigen Hauses hinter dem Eisentor an der engen Gasse. Von den Fenstern des zweiten Stockes hängt neben der rumänischen auch eine grosse liechtensteinische Fahne. Regierungsrat Ernst Walch, der anlässlich des Ministerratstreffens der OSZE in Bukarest weilt, wird heute erwartet. Die Bewohner des Hauses, 40 ehemalige Strassenkinder zwischen 3 und 19 Jahren, sind vorbereitet auf den hohen Besuch aus Liechtenstein: Einige warten bereits an der Eingangstür, als die liechtensteinische Delegation um die Mittagszeit eintrifft und führen sie stolz durch die bunt bemalten Korridore in ihre Zimmer, die sie sich jeweils zu viert teilen. Eines ist voller Pflanzen. Darin wohnt die «Künstlerin», ein feingliedriges Mädchen mit langen blonden Haaren, die sehr gut singen kann. Ohne Berührungsängste nehmen die Kinder die Besucher bei der Hand, und mit grosser Offenheit erzählen sie ihre Geschichte.
Da ist beispielsweise Alin, der vor einigen Jahren nackt an einer Bushaltestelle gefunden wurde und als er ins Haus St. Paul kam, immer wieder alle seine Kleider aus dem Fenster auf den Baum neben seinem Zimmer warf. Immer noch braucht er besondere Aufmerksamkeit, doch hat er sich bereits erstaunlich gut in die «grosse Familie» im Haus eingegliedert. Der etwa 12jährige Christi erzählt, wie er und sein älterer Bruder von zuhause weggelaufen sind und auf die Strasse kamen, weil sie von ihren Eltern immer wieder geschlagen und gezwungen wurden, betteln zu gehen. Er kann gut deutsch und wolle später «Advokat» werden - und das nicht etwa deshalb, weil der liechtensteinische Gast ein solcher sei - erzählt er.
Die Kinder gehen in die öffentlichen Kindergärten und Schulen. Im Haus gibt es zudem Förderkurse in Deutsch, Musik und Theater. Der Leiter des Hauses und die anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind ausgebildete Pädagogen. Ein Psychologe und eine Ärztin besuchen die Kinder einen Tag in der Woche und unterstützen die Betreuerinnen und Betreuer in ihrer anspruchsvollen Aufgabe. Das Haus St. Paul ist nur eines von verschiedenen Einrichtungen, die in den letzten 10 Jahren vom Sozialverein «Concordia» in und um Bukarest eingerichtet wurden, um den Strassenkindern Zuflucht, Betreuung und eine Ausbildung zu geben und ihnen damit eine wirkliche Zukunftschance zu eröffnen. Der Verein wurde vom Jesuiten Pater Georg Sporschill aus Vorarlberg gegründet, und wird von Liechtenstein - insbesondere auch auf der Basis verschiedener privater Initiativen - unterstützt.
Auf der Strasse nehmen mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vereins Kontakt mit den Strassenkindern auf. Sie begegnen den Kindern in der Bahnhofsgegend von Bukarest und der Stadt Ploiesti und betreiben im Winter eine Kantine, welche die Kinder mit einer warmen Mahlzeit im Tag versorgt. Daneben bieten zwei Sozialzentren den Kindern medizinische Erstversorgung, Waschgelegenheiten, Übergangsunterkünfte und Beratung. Diese ersten Anlaufstellen werden ergänzt durch die mittlerweile 18 Kinderhäuser, die - wie das Haus St. Paul - den Kindern ein Zuhause und eine soziale Einbindung in eine Familienstruktur bieten und ihnen eine Ausbildung ermöglichen. In den Lehrwerkstätten und Wohngemeinschaften werden die Jugendlichen ausgebildet und solange begleitet, bis sie ihr Leben selbst in die Hand nehmen können.
Die Kinder im Haus St. Paul haben sich im Aufenthaltsraum versammelt. Sie freuen sich über die kleinen Mitbringsel der Besucher und hören gespannt zu, als der liechtensteinische Ehrengast von seiner Familie erzählt. Viele der Kinder hatten keinen Namen und keine Identität, als sie in das Kinderhaus kamen. Auf die Frage, ob sie mit den für sie ausgewählten Namen zufrieden seien oder welchen Namen sie sich selber ausgesucht hätten, wenn sie gekonnt hätten, werden unter Gelächter die verschiedensten Namen genannt - der Heimleiter müsste auf jeden Fall «Zeus» heissen, so eine vorwitzige Stimme aus dem Hintergrund. Doch neben dieser ansteckenden Fröhlichkeit bleibt auch Nachdenklichkeit bei den liechtensteinischen Besuchern zurück, als sie mit einem Adventslied von den Kindern verabschiedet werden.
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