Aspekte des Unterrichts rangieren zuoberst
Vaduz (ots)
Hohe Berufszufriedenheit der Lehrerinnen und Lehrer
Eine Befragung der Lehrerinnen und Lehrer zur Berufszufriedenheit stellt eine hohe Zufriedenheit fest. Die Untersuchung wurde vom Gewerkschaftlichen Lehrerinnen- und Lehrerverband (GLLV) und dem Schulamt in Auftrag gegeben. Sie schliesst sich an die Deutschschweizer Erhebung an, die der Dachverband Schweizer Lehrerinnen und Lehrer (LCH) Ende 2001 lanciert hat.
Die hohe Teilnahmequote von knapp 70% verleiht den Ergebnissen eine hohe Aussagekraft und zeigt ein repräsentatives Bild der Zufriedenheit der Liechtensteiner Lehrerschaft. Die Befragung war so aufgebaut, dass die Lehrpersonen zu verschiedenen Aspekten des Lehrberufs einerseits deren Wichtigkeit und andererseits ihre Zufriedenheit mit dem einzelnen Punkt angeben mussten.
Im Vergleich zu den schweizerischen Resultaten weisen die Liechtensteiner Lehrpersonen eine durchschnittlich 10% höher liegende Zufriedenheit aus. Mit zwölf von 35 Aspekten äussern sich 80% und mehr der Liechtensteiner Lehrpersonen zufrieden oder sehr zufrieden. Dies zeigt, dass immer noch eine überwiegende Mehrheit der Lehrpersonen eine grosse Befriedigung aus ihrem Beruf zieht, bzw. viele Aspekte des Lehrberufs wie z.B. den Kontakt mit der jungen Generation oder den relativ grossen Freiraum schätzen.
Zuoberst auf der Zufriedenheitsrangliste stehen die Aspekte des Unterrichts. Zu den besonders wichtigen Aspekten zählen auch die Erhaltung der Gesundheit, das Mitspracherecht bei wesentlichen schulischen Entscheidungen und die Besoldung.
Ein grosser Teil der Erfolgserlebnisse der Lehrpersonen geht von den Schülerinnen und Schülern aus - Lehrerinnen und Lehrer möchten denn auch ihr Augenmerk vermehrt wieder auf die unterrichtliche Qualität, das so genannte Kerngeschäft der Schule, richten. Je weiter weg ein Aspekt der Befragung vom Unterrichten ist, desto geringer ist seine Bedeutung für die Lehrpersonen.
Pädagogische versus Verwaltungsarbeit und Haltung gegenüber Reformen Der grösste Unterschied zwischen Wichtigkeit und Zufriedenheit ergibt sich vor allem in Bezug auf das Verhältnis von administrativer zu pädagogischer Arbeit.
Auch die Liechtensteiner Lehrpersonen sind wie ihre Schweizer Kolleginnen und Kollegen zunehmend unzufrieden mit dem Vorrücken von verwaltungslastiger Arbeit in der Pädagogik.
Ebenso erscheint die Reformfreudigkeit im Schulwesen als problematischer Punkt in der Umfrage. Es geht klar aus den Ergebnissen hervor, dass es den Lehrpersonen zunehmend schwer fällt, neue Anforderungen und Veränderungen im Schulwesen in die tägliche Arbeit zu integrieren. Reformen oder die Art ihrer Einführung werden gemäss den Aussagen der Lehrperson nicht zwingend als hilfreich oder zielführend wahrgenommen.
Die Untersuchung zeigt aber auch, dass die Reformfreudigkeit bei den Liechtensteiner Lehrpersonen um 7% höher ausfällt als in der Schweiz. Interessant ist dabei die Feststellung, dass sich der Widerstand in der Regel ausschliesslich gegenüber dem Neuen bemerkbar macht und kaum über die Bedeutung von alten Aufgaben und Unterrichtsinhalten nachgedacht wird.
Weiter zeigt sich, dass das Ansehen des Lehrberufs in der Öffentlichkeit ein Gesichtspunkt ist, der die Lehrpersonen zunehmend unzufrieden stimmt. Zwar würden 73% der Liechtensteiner Lehrerinnen und Lehrer ihren Beruf wieder wählen, dennoch zeigt sich, dass es längerfristig Massnahmen braucht, die das Ansehen des Lehrberufs in der Öffentlichkeit positiv beeinflussen.
Mit steigenden Dienstjahren wird die Zahl derjenigen, die den Beruf nicht mehr wählen würden, grösser. Bei 21 und mehr Dienstjahren würden nur noch 60% den Beruf wieder wählen. Das hängt stark mit den Gründen für die Abwahl des Lehrberufs zusammen, die sich mit zunehmendem Dienstalter immer stärker auswirken. Lehrpersonen sehen sich in einem Berufsfeld, das kaum Aufstiegsmöglichkeiten zulässt. Die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten sind sehr begrenzt.
Eltern und Kinder stellen hohe Anforderungen an die Lehrpersonen Das familiäre Umfeld wirkt heute in einem Ausmass, dass die pädagogischen Fertigkeiten bei vielen Lehrpersonen nicht mehr ausreichen, um die Lernprozesse erfolgreich zu gestalten. Eltern stellen Erwartungen an Lehrerinnen und Lehrer, die vor allem auf der Primarstufe die Arbeit belasten.
Zusätzlich äussern sich hauptsächlich Oberschullehrpersonen unzufrieden darüber, dass die Schülerinnen und Schüler zunehmend schwieriger und weniger lernbereit sind. Schwierigkeiten mit Schülerinnen und Schülern sowie Ansprüche und Vorurteile von Eltern sind oft Ursache von Unzufriedenheit im Beruf. Je häufiger Probleme dieser Art vorkommen, desto höher der Prozentsatz der Lehrpersonen, die den Beruf nicht mehr wählen würden.
Vergleich mit der Schweizer Untersuchung
In Bezug auf 29 von 35 abgefragten Aspekten weisen die Liechtensteiner Lehrpersonen eine höhere Zufriedenheit als ihre Schweizer Kolleginnen und Kollegen aus. Die Unterschiede sind am deutlichsten in den Bereichen Führung, Arbeitsbedingungen und Prestige. Diese Resultate werden in der Untersuchung auf die durchschnittlich höheren Ressourcen zurückgeführt, die sich in der Ausstattung, Besoldung, Klassengrösse und professioneller Unterstützung äussern. Es wird aber auch darauf hingewiesen, dass die Liechtensteiner Lehrpersonen eine bessere Anerkennung durch Vorgesetzte erfahren.
Im Vergleich zur Stichprobe der Schweizer Lehrerschaft würden in Liechtenstein knapp 3% mehr Lehrpersonen ihren Beruf wieder wählen. Unter diesen befinden sich vor allem Teilzeitlehrpersonen, Kindergärtnerinnen und Lehrpersonen mit wenigen Dienstjahren.
Arbeitspensum, Schulstufe und Dienstalter sind Faktoren, die sowohl in der Schweiz als auch in Liechtenstein die Berufszufriedenheit und die Reformbereitschaft wesentlich beeinflussen.
Berufsauftrag, Rahmenbedingungen und Öffentlichkeitsarbeit
Am Schluss der Untersuchung formuliert das beauftragte Team unter der Projektleitung von Charles Landert Empfehlungen, die sich an die im Bericht zur Situation der Deutschschweizer Lehrpersonen dargestellten anlehnen.
Im Wesentlichen beziehen sich die Empfehlungen auf die Aussage, dass der Berufsauftrag der Lehrpersonen sich vermehrt wieder an den Realitäten der Unterrichtspraxis orientiert und Reformmassnahmen im Schulwesen in Zusammenhang mit den Rahmenbedingungen des Unterrichtens und Erziehens gestellt werden sollen.
Hinzu kommen längerfristige Massnahmen zur Verbesserung des
Lehrpersonenbilds in der Öffentlichkeit sowie Angebote für Lehrpersonen, sich innerhalb des Schulwesens weiterzuqualifizieren (so genanntes «Job-Enlargement» und «Job- Enrichement»).
Unter die Öffentlichkeitsarbeit im engeren Sinne fällt auch die Zusammenarbeit mit dem Elternhaus oder auch örtlichen Sozialdiensten und Schulgemeinden, um familiär und sozial bedingte Probleme von Kindern und Jugendlichen frühzeitig und kompetent anzugehen.
All diese Empfehlungen stehen in Zusammenhang mit den für die Lehrpersonen wichtigsten und zufrieden stellendsten Aspekten ihres Berufs, den Aspekten des Unterrichtens: Lehrpersonen wünschen sich Rahmenbedingungen, die es ihnen wieder vermehrt möglich machen, ihr Kerngeschäft gut und erfolgreich auszuführen.
In diesem Sinne sind auch die Grobziele der Bildungspolitik für das laufende Schuljahr so formuliert, dass Unterrichtsentwicklung und die Lernerfolge der Schülerinnen und Schüler zentrale Bestandteile des Berufsauftrages sind und bildungspolitische Massnahmen sich wesentlich an diesem Grundsatz orientieren müssen.
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