pafl: Zweite Gesprächsrunde zum Thema Integration in Liechtenstein
Vaduz, 2. Dezember 2004 (pafl) -
(ots)Im Zentrum steht die Integrationsleistung: Geben und nehmen
Am 30. November 2004 setzte Regierungschef Otmar Hasler die im Sommer begonnenen Integrationsgespräche mit den in Liechtenstein tätigen Ausländervereinen fort. Zielsetzung dieser Gesprächsrunden ist es, die Kontakte zwischen den Behörden und den Ausländervereinen zu pflegen und zu verbessern, die Ausländervereine vermehrt in die Integrationsbemühungen der Regierung und der Amtsstellen einzubeziehen und sie zu diesen Themen zu Wort kommen zu lassen. Am diesem zweiten Treffen wurde über die in der ersten Runde genannten Problembereiche informiert und anschliessend das weitere Vorgehen in der Integrationspolitik diskutiert.
Integration in vielen Facetten
Die Regierung hat in den vergangenen Jahren die Diskussion und Aktivitäten rund um die Integration wesentlich intensiviert. Die Arbeiten bezüglich einer systematischeren Integration von Ausländerinnen und Ausländern in Liechtenstein führten in der gestrigen Gesprächrunde Regierungschef Hasler sowie Hans Peter Walch, Leiter des Ausländer- und Passamts, Marcus Büchel, Leiter des Amts für Soziale Dienste, und Arnold Kind, stellvertretender Leiter des Schulamts, aus. Hans Peter Walch erläuterte zunächst den Ausländervereinigungen vor allem die Problemstellung bezüglich der Kurzaufenthaltsbewilligung (L-Bewilligung) von maximal 12 Monaten im Rahmen der Revision der Personenverkehrsverordnung und machte das Angebot, direkt in den Vereinigungen die speziell für sie zutreffenden Bestimmungen zu erklären.
Deutsche Sprache als Schlüssel der Integration
Arnold Kind ging bei den schulischen Massnahmen auf die Anwendung der deutschen Hochsprache, das Angebot von Deutschkursen sowie die Beherrschung der deutschen Sprache als Vorraussetzung für die berufliche und soziale Integration ein. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Schule ihre Möglichkeiten zur Integration in hohem Masse ausschöpft. Aus Sicht des Schulamts sind Massnahmen zur Verbesserung der Integration der Erwachsenen (vor allem der Mütter) wichtig und sinnvoll. Arnold Kind wies daraufhin, dass aber auch der Arbeitsplatz als Ort der Integration bewusster und besser genutzt werden könnte, z.B. durch ein betriebsinternes Angebot an Deutschkursen. Marcus Büchel zeigte auf, dass im Sozialbereich ebenfalls schon viele Massnahmen eingeleitet und durchgeführt wurden. Thematisiert wurden vor allem die Sozialhilfe, der Seniorenanteil unter den Ausländern sowie die Kinderbetreuung. Im Sozialbereich gilt, dass die ausländischen Mitbewohner gleichberechtigt wie die Inländer auf die Solidarleistungen zählen bzw. die Hilfeleistungen in Anspruch nehmen können. Das Amt für Soziale Dienste kümmert sich wie auch die anderen Amtsstellen um alle Bewohnerinnen und Bewohner des Landes gleichermassen, unabhängig davon, woher sie kommen oder welche Staatsangehörigkeit sie haben.
Integrationsleistung in gleichem Mass erbringen und anbieten
Integration ist ein wichtiges gesellschafts- und wirtschaftspolitisches Anliegen. Regierungschef Hasler betonte, dass Integration in Liechtenstein durch Dienstleistungs- und Förderangebote, durch Beratung sowie durch Betreuung gestützt und abgesichert werde. Es ginge bei der Integration aber auch darum, Eigenaktivitäten auszulösen. Im Zentrum müssten neben Rechten auch Pflichten wie die eigene Integrationsleistung der ausländischen Mitbewohnerinnen und Mitbewohner stehen: das Bemühen um Integration, die Annahme einer angebotenen Integrationsleistung, die Bereitschaft zur Teilnahme an Integrationsmassnahmen wie z.B. Deutschkursen. Das Angebot an Integrationsleistungen müsse künftig vom Gedanken des Förderns und Forderns begleitet werden. Auch Betriebe sollten sich in Bezug auf die Wahrnehmung ihrer gesellschaftlichen Verantwortung über die Bereitstellung von Integrationsleistungen Gedanken machen. Integration sei im Interesse aller, die in Liechtenstein ihren Lebensmittelpunkt hätten.
Die anwesenden Ausländervereinigungen befürworteten die Ansicht, dass die deutsche Sprache der Ausgangspunkt und damit eine unverzichtbare Vorraussetzung sei, um Integration leben zu können. Konkrete Anreize, z.B. durch den Arbeitgeber, würden den Willen, die deutsche Sprache zu lernen, unterstützen. Eine freiwillige Basis, an Integrationsangeboten wie Sprachkursen teilzunehmen, bringe oft wenig und fördere die Integrationsbereitschaft nicht immer ausreichend. Es bestand Einigkeit am runden Tisch, dass die Initiative zur Integration nicht nur von Staat und Wirtschaft ausgehen müsste, sondern insbesondere auch vom Einzelnen.
Plattform für Koordination und Informationsaustausch
Die Regierung unterbreitete den Ausländervereinigungen den Vorschlag, eine flexible Plattform nach dem Vorbild der Organisation des Frauennetzes Liechtenstein zu schaffen. Mit einer solchen flexiblen Vernetzungsmöglichkeit sollen interessierte Ausländervereinigungen zusammen mit liechtensteinischen Organisationen die Möglichkeit erhalten, bei einzelnen Integrationsfragen je nach für sie relevanten Problemstellungen mitzuarbeiten. Die von der Regierung dem Landtag für die Dezember- Sitzung vorgeschlagene Stabsstelle für Chancengleichheit soll als Koordinations- und Anlaufstelle für die themenorientierte Plattform dienen und somit wesentlich zur interkulturellen Verständigung und Annäherung beitragen. Die Stabsstelle für Chancengleichheit soll nach Ansicht der Regierung einen integrativen Ansatz verfolgen und generell dort Probleme aufgreifen, wo Chancenungleichheit besteht. Die Idee einer Plattform unter der Zuständigkeit einer Ansprechstelle wie der Stabsstelle für Chancengleichheit wurde am runden Tisch begrüsst, vor allem, da es den Ausländern eine zusätzliche Chance gibt, selbst aktiv zu werden und mitzureden.
Schwerpunkte der Integration
Regierungschef Hasler stellte abschliessend die sprachliche Integration, die Thematik Gewalt und Rassismus sowie die Schaffung eines Integrationsleitbilds als die künftigen Schwerpunkte der Integrationspolitik für Liechtenstein vor. Nach Wunsch der Regierung soll nun eine einzige zuständige Stelle unter Beizug von Fachspezialisten diese Schwerpunkte im Rahmen der Plattform aufgreifen und damit Integrationschancen verbessern, indem sie konkrete Vorhaben zur Erhöhung der Chancengleichheit umsetzt.
Kontakt:
Julia Pilgrim
Stabsstelle für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +423-236 62 87