pafl: Analyse des Sozialstaats Liechtenstein
(ots)Studie zeigt Kostentreiber und Handlungsbedarf auf
Liechtenstein verfügt über einen gut ausgebauten Sozialstaat, dessen Leistungen jedoch seit Anfang der Neunzigerjahre eine massive Kostensteigerung verzeichnen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, hat die Regierung im vergangenen Jahr erstmals eine detaillierte Analyse des Sozialstaates Liechtenstein in Auftrag gegeben. Dieses Projekt hatte eine Untersuchung der Kostenentwicklung in den einzelnen Sozialbereichen sowohl im wirtschafts- wie auch im sozialpolitischen Kontext zum Ziel. Die Ergebnisse dieser Studie, die als Grundlage für konkrete Massnahmen zur Sicherung und Finanzierbarkeit des Sozialstaates dienen sollen, wurden heute der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die Analyse des Sozialstaates Liechtenstein macht deutlich, dass Korrekturen notwendig sein werden, um eine nachhaltige Finanzierbarkeit und Sicherung der Sozialsysteme zu garantieren. Alle wichtigen Akteure im Sozialbereich sollen nun in einen gemeinsamen Dialog einbezogen werden. Dabei wird es im Wesentlichen darum gehen, das "4-Pfeiler-Modell" des Sozialstaates den gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen und auf künftige Entwicklungen vorzubereiten, um so Liechtensteins hohes Mass an sozialer Sicherheit langfristig aufrecht erhalten zu können.
25 staatliche Sozialleistungen
Der Sozialstaat Liechtenstein besteht aus einem so genannten '4- Pfeiler-Modell'. Die vier Pfeiler, die das Dach des liechtensteinischen Sozialstaates tragen und die soziale Sicherheit gewährleisten, sind erstens die Leistungen für Sozialversicherungen, zweitens der soziale Dienst (Fürsorge), drittens die Präventivmedizin und die Gesundheit sowie viertens weitere Leistungen und Beiträge. Insgesamt besteht der Sozialstaat Liechtenstein dabei aus 25 staatlichen Sozialleistungen. Damit verfügt Liechtenstein im Vergleich mit dem Ausland über einen sehr umfangreichen Sozialstaat mit hohen Pro-Kopf-Leistungen.
Steigende Ausgaben für soziale Sicherheit
Seit Jahren verzeichnet der Sozialstaat Liechtenstein massive Kostensteigerungen, da bis Ende der Neunzigerjahre verschiedene Sozialleistungen eingeführt wurden, die heute trotz Sparmassnahmen dazu führen, dass die Staatsbeiträge jährlich wachsen und den Staatshaushalt immer stärker belasten. So machen die staatlichen Beiträge an den Sozialstaat gemessen am Landesbudget 2004 rund 25 Prozent des gesamten Aufwandes im Staatshaushalt aus.
Rund 5500 Franken Sozialleistungen pro Kopf
Insgesamt sind die Staatsbeiträge an die Soziale Sicherheit von 79 Mio. Franken im Jahr 1995 auf 189 Mio. Franken im Jahr 2004 angestiegen. Dies entspricht einer Steigerung von 111 Mio. Franken oder 141 Prozent. Die jährlichen Zuwachsraten der Kosten der sozialstaatlichen Leistungen betrugen dabei zwischen 4 Prozent und 24 Prozent. Die staatlichen Sozialleistungen pro Kopf sind von 2539 Franken im Jahr 1995 auf 5472 Franken pro Kopf im Jahr 2004 um rund 116 Prozent gestiegen.
Die grössten Kostenträger in der Gesamtrechnung sind die Staatsbeiträge an die Krankenversicherung (CHF 56 Mio.), an die Alters- und Hinterlassenenversicherung (CHF 36 Mio.), an die Invalidenversicherung (CHF 27 Mio.) sowie an die staatliche Unterstützung der Krankenhäuser (CHF 19 Mio.). Zehn der insgesamt 25 sozialstaatlichen Beiträge sind seit 1995 zwischen 100 Prozent und 200 Prozent gestiegen, darunter beispielsweise die Invalidenversicherung (167%), die Krankenversicherung (194%), die AHV (167%) und die Arbeitslosenversicherung (240%).
Wirtschaftliche, soziale, strukturelle und gesetzliche Entwicklungen
Die Analyse befasst sich ausführlich mit den verschiedenen Bereichen des Sozialstaates Liechtenstein. Dabei wird zunächst jeweils die Kostenentwicklung aufgezeigt, um dann nach einer Darstellung der gesetzlichen Entwicklungen die Problemstellung zusammenzufassen und mögliche Handlungsoptionen zur Einnahmen- und Ausgabenkontrolle aufzuzeigen.
Neuorientierung sozialstaatlichen Handelns
Mit dieser Analyse wurde das komplexe Gefüge staatlicher Sozialleistungen in Liechtenstein erstmals umfassend und detailliert untersucht. Dabei ging es insbesondere darum, mögliche gesetzliche, finanzielle, organisatorische und gesellschaftliche Ursachen des Kostenanstiegs im Sozialbereich aufzuspüren und zu evaluieren. Zudem enthält der Bericht zentrale Handlungsfelder und Einzelmassnahmen sowie entsprechende Anreizsysteme, die zur Sicherung der Finanzierung der Sozialsysteme und gleichzeitig zur Optimierung der sozialstaatlichen Leistungen beitragen können. Ziel der Regierung ist es nun, eine öffentliche Diskussion über den liechtensteinischen Sozialstaat, seine Erneuerung, Erhaltung und langfristige Sicherung anzustossen.
Rückfragen: Isabel Frommelt Tel.: +423-236 60 64