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Fürstentum Liechtenstein

pafl: Im roten Klinkerbau - Drei Jahre Wohnatelier Liechtenstein in Berlin: Ein Ort für Kunst mit Potenzial

Vaduz (ots)

Ein Atelier mitten im Szeneviertel
Berlin-Friedrichshain gibt jungen Künstlern Raum und Zeit für 
Experimente. Hier kann Anna Hilti tun, was sie richtig gut kann.
Sie mag keine Klischees. Doch wie wird es gelingen, einige 
freizulegen oder aufzuweichen? Mit Zeichnungen, Zeilen, Zeichen. Anna
Hilti hat viel zu tun, seit sie in Berlin arbeitet. Im Atelier des 
Fürstentums Liechtenstein. Federn stehen in Gläsern, in einem Krug 
spriesst ein Bündel Bleistifte, in einer Tasse einige Pinsel, ringsum
liegen Skizzen. Mit einem schwarzen Koffer kam die junge Schaanerin 
Mitte Juli am Hauptbahnhof an. Sie hat eines der begehrten Stipendien
erhalten, um sich sechs Monate lang die Freiheit zu nehmen, das zu 
tun, was sie kann.
Jenseits des Klischees
Die Stille im grossen Atelier mit den hohen Backsteinwänden in 
Friedrichshain gibt Anna Raum. Und sie findet ihre eigenen Antworten.
Mit neuen und älteren Arbeiten macht sie zurzeit im Palais Porcia in 
Wien auf sich aufmerksam. In der Ausstellung «Liechtenstein 
Contemporary» setzt sie ihre Liechtensteiner Wurzeln bewusst und 
präzise ein. In einer Zeichnungsserie arbeitet sie die Auswanderung 
ihres Ururgrossvaters nach Amerika auf. Ihr Ansatz ist lokal, ihre 
Themen werden überall diskutiert und auf dem ganzen Globus 
verstanden.
Eine weitere Arbeit ist im Kunstraum Engländerbau in Vaduz zu 
sehen. Für die Ausstellung «Through the looking-glass - Jenseits des 
Klischees» hat sie ganz bewusst die Mechanismen von Vorurteilen und 
Klischees erforscht. Dazu zeigt sie zufällig gefundene Fotos von acht
jungen Leuten und schreibt auf, was diese aus ihrem Leben erzählen. 
So fördert sie Überraschendes, Anrührendes, meist völlig Unerwartetes
zutage und führt die Klischees und Vorurteile, die der Betrachter der
Fotos haben mag, ad absurdum.
Über den Dächern Berlins
"Was hinter der Stirn von Menschen passiert, das Sein hinter dem 
Schein, das interessiert mich", sagt Anna Hilti. Voller Spannung, 
Erwartung, Sehnsucht ist denn auch ihre «Pause» in Berlin. "In 
Liechtenstein, da kennt halt jeder jeden", stellt sie achselzuckend 
fest. In Berlin habe sie zwar auch schon Freunde. Das sei eben eine 
sehr offene Stadt, die etwas von der Einwanderermentalität von New 
York habe. Doch komme in Berlin jeder von irgendwo. "Woher du kommst 
ist nicht erstrangig. Aber du kannst mitmachen, keiner wird 
ausgeschlossen."
Von der Dachterrasse des roten Klinkerhauses in Friedrichshain 
sieht die Künstlerin auf den Fernsehturm - und die Frankfurter Allee,
wo 1953 der Aufstand der Bauarbeiter begann. Mit «dem traumhaften 
Blick über die Dächer Berlins», so locken heute zahlreiche Werber für
Lofts in restaurierten Fabriken. Die Zeiten sind vorbei, als der 
frühere Arbeiterbezirk eingekeilt zwischen die Stadtteile Kreuzberg 
und Prenzlauer Berg als Geheimtipp galt. Besuchte ein Tourist kurz 
nach dem Mauerfall in Berlin den Ostteil der Stadt, hiess es - 
Vorurteil hin, Klischee her - Knöpfe im Auto runter, alles grau und 
abgewirtschaftet. Heute gehört Friedrichshain zu den Szenevierteln 
Berlins.
Wohnatelier in «La Fabrik»
In der Wendezeit hatten sich noch viele Hausbesetzer in den 
Altbauten eingenistet. 1990 endete die Welle mit einer 
Strassenschlacht. Das rote Klinkerhaus im zweiten Hinterhof zur 
Frankfurter Allee 53 wechselte einige Male seine Besitzer und stand 
schliesslich leer. 1996 richtete sich der Architekt und Künstler 
Rainer Düvell ein Atelier ein. Andere Künstler folgten und das 
Projekt «La Fabrik» war geboren. Das frühere Fabrikgebäude ist 
Baujahr 1902/03. Ein Jahrhundert später wurde es saniert und zum 
einem Haus für Kunst, Kultur und Begegnung. Industriearchitektur 
trifft Kunst. Eher auch schon ein Klischee? Immerhin ein nützliches.
2004 richteten die Schweizer Städte Thun, St. Gallen, Winterthur 
und der Kanton Bern ein gemeinsames Residenzatelier ein. Seit 
September 2006 hat auch Liechtenstein ein Atelier im zweiten Stock 
der Backsteinhochburg. Zehn liechtensteinische Künstler, mit Anna elf
- Bildhauer, Fotografen, Musiker, Kabarettisten, Schriftsteller - 
haben sich in den letzten drei Jahren auf den 152 Quadratmeter des 
Wohnateliers verloren oder gefunden, einsam oder zuhause gefühlt, 
gearbeitet wie besessen oder gelassen den Kräften der Kunst vertraut.
Raum für Experimente
Trägerin des Ateliers ist die Stabsstelle für Kulturfragen, sie 
organisiert und betreut die Künstler. Das Wissen darum, wie sehr 
Kultur die tief liegenden Schichten im Menschen und in der 
Gesellschaft trifft, ist die Position der liechtensteinischen 
Kulturpolitik. Und vergleicht Anna Hilti, was sie von Künstlern in 
Berlin hört, dann kann sich Liechtenstein aber richtig gut sehen 
lassen mit dem, was es über die Kulturstiftung Liechtenstein für 
Künstler, Kunstprojekte, Kunstkooperationen ausgibt.
Gerade junge Künstler, die noch keine Karriere gemacht hätten, 
benötigten Raum für Experimente, hat unlängst der deutsche Maler-Star
Daniel Richter ausgerufen und mit anderen Künstlern leerstehende 
Häuser in Hamburg besetzt. Auch in Frankfurt muss man Gebäude für die
Kunstszene mit der Lupe suchen. Doch nur wenn es diese Räume gibt, 
kann es eine Kunst geben. In Berlin gibt es solche kreativen Orte - 
sogar noch mit dem Charme der Unfertigkeit. Da gleich ein ganzes 
Atelier allein für sich zu haben, sei eine «einmalige Erfahrung», 
bleibt die Künstlerin nüchtern.
Hier hat sie viel Zeit und viel Platz. Ein Indiz, wie stark der 
Ort beeinflusst, was geschieht und was sich neu entwickelt: An der 
hohen Backsteinwand hängt ein Bild für das Arbeitszimmer von 
Kulturministerin Aurelia Frick. Anna Hilti steht davor und das Bild 
ist fast so hoch wie sie selbst und viel breiter als alles, was sie 
bisher gemalt und gezeichnet hat.

Kontakt:

Stabsstelle Kultur
Tom Büchel, Leiter
T +423 236 60 80

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