Am 12. Oktober wird der Friedensnobelpreis vergeben
Mannheim (ots)
Friedensnobelpreisträger sind aussergewöhnliche Persönlichkeiten. Ihre Biografien spiegeln ein beeindruckendes Stück Zeitgeschichte wider.
Mutter Teresa war von der hohen Würde sichtlich unbeeindruckt. "Ich bin nur ein kleines Kabel, Gott ist der Strom", lautete ihr Motto. Für den aufopferungsvollen Kampf gegen Armut und Krankheit vor allem in den Elendsvierteln von Kalkutta bekam sie 1979 den Friedensnobelpreis. Lech Walesa erhielt den Preis 1983 für seinen Einsatz für freie Gewerkschaften, Freiheit und Menschenrechte, Dalai Lama Tenzin Gytso für gewaltlosen Einsatz zur Befreiung Tibets im Jahr 1988. Michail Sergejewitsch Gorbatschow wurde 1990 für seinen Anteil an der Beendigung des Ost-West-Konflikts geehrt. Nelson Mandela und Frederik Willem de Klerk bekamen den Preis 1993 für ihre Bemühungen um die Beendigung der Apartheid in Südafrika. Jasir Mohamed Arafat, Shimon Peres und Itzhak Rabin kamen 1994 für Friedensbemühungen im Nahen Osten zu hohen Ehren. Allein die Namen von Friedensnobelpreisträgern wecken Assoziationen und rufen Bilder in unser Gedächtnis, die angespannte Konfliktsituationen und dramatische Ereignisse ebenso wachrufen wie Hoffnung und Erleichterung nach der Lösung von Problemen.
Wer hat übrigens die meisten Friedensnobelpreise eingesammelt? Antwort: das Rote Kreuz. Die Organisation hat insgesamt dreimal die Auszeichnung in Stockholm abholen dürfen. Hinzu kommt der erste Friedensnobelpreis von 1901, den der Schweizer Henri Dunant für die Gründung des Roten Kreuzes bekommen hat. Also nicht nur einzelne Persönlichkeiten, auch Organisationen wurden mit dem Nobelpreis ausgezeichnet - UNO, UNICEF, Ärzte ohne Grenzen, Amnesty International beispielsweise.
Deutsche Staatsbürger sind unter den Friedensnobelpreisträgern kaum vertreten. Was damit zusammenhängen mag, dass im Namen des deutschen Volkes im letzten Jahrhundert zwei Weltkriege angezettelt wurden. Gustav Stresemann war einer von vier deutschen Preisträgern. 1926 wurde der Aussenminister der Weimarer Republik zusammen mit dem französischen Amtskollegen Aristide Briand für die Mitwirkung bei den Locarnoverträgen ausgezeichnet. Stresemanns Politik der Aussöhnung fand mit dem Machtwechsel der Nationalsozialisten einen radikalen Bruch. 1927 hatte Ludwig Quidde zusammen mit Ferdinand Buisson einen Preis für die deutsch-französische Verständigung in Empfang genommen.
Die Moorsoldaten - Carl von Ossietzky
Der Journalist und Herausgeber der "Weltbühne" in Berlin, Carl von Ossietzky, war überzeugter Pazifist. In den letzten Jahren der Weimarer Republik nahm er in Leitartikeln Militär und rechte Justiz ins Visier, was ihm Geldstrafen wegen Beleidigung der Reichswehr, sogar Gefängnisstrafe wegen Landesverrats einbrachte. Ossietzky liess sich nicht beirren, seine Artikel blieben unbequem. Nach der Machtergreifung der Nazis wurde Ossietzky, einen Tag nach dem Reichstagsbrand, erneut verhaftet.
Zusammen mit anderen Intellektuellen und linken Politikern landete er im KZ Sonnenburg, später im KZ Esterwegen. Dort gehörte er zu den "Moorsoldaten", KZ-Häftlinge, die täglich von der SS in die Moore des Emslandes getrieben wurden. Prügel, Folter, Scheinhinrichtungen - sein Gesundheitszustand verschlimmerte sich durch eine Tuberkuloseerkrankung zudem. In mehreren europäischen Ländern bildeten sich unterdessen Freundeskreise, denen zahlreiche Schriftstellerkollegen angehörten. 1935 wurde Ossietzky der Friedensnobelpreis verliehen, für seinen Kampf gegen Militarismus und Nationalismus. Zur Verleihung durfte er nicht nach Norwegen fahren, das Preisgeld unterschlug sein Rechtsanwalt. Er wurde unter Gestapo-Aufsicht im Sanatorium Nordend gehalten, wo er 1938 an den Folgen der KZ-Haft starb.
Nach Deutschland ging der Preis zuletzt 1971, als Willy Brandt für seine Ostpolitik ausgezeichnet wurde.
Die Preisverleihung an Willy Brandt, ehemals Bundeskanzler der BRD von 1969 bis 1974, konnte als Signal der Weltöffentlichkeit gewertet werden, dass Deutschland nach Ende des Hitler-regimes wieder als respektiertes Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft angesehen wurde. Willy Brandt hatte als Regierender Bürgermeister von Berlin den Bau der Mauer miterlebt und glaubte, die Beziehungen zu den Staaten des Ostens nur durch gegenseitige Annäherung verbessern zu können. Er war der erste Kanzler der BRD, der sich mit Vertretern der DDR traf. Das Ende des Kalten Krieges war endgültig besiegelt.
Während Brandt in der internationalen Weltöffentlichkeit positive Resonanz erntete, waren die Widerstände von Opposition und Vertriebenenverbänden heftig. Als Willy Brandt im Dezember 1971 den Friedensnobelpreis im Empfang nahm, waren weder der Moskauer noch der Warschauer Vertrag im Bundestag ratifiziert.
Mehr über die Geschichte der Nobelpreisträger können Sie im "Brockhaus-Nobelpreise" nachlesen.
Das Werk ist im Buchhandel erhältlich.
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