Kein Strafverfahren gegen Ulrich Gygi und damalige Mitarbeitende
Bern (ots)
Die Vorgeschichte zusammengefasst: Im März 1999 reichte die SRO FIFA bei der Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei ein Gesuch um Anerkennung ein. Im Dezember 1999 verlangte sie den Ausstand des Kontrollstellenleiters Niklaus Huber wegen Befangenheit. Anfangs Februar 2000 hiess der Rechtsdienst der Eidg. Finanzverwaltung (RD EFV) das Ausstandsbegehren gut. Daraufhin wurde in Ermangelung einer deutschsprachigen Person eine französischsprachige Juristin mit der Instruktion des Entscheides über die Anerkennung der SRO betraut. Diese Juristin teilte in der Folge Direktor Ulrich Gygi schriftlich mit, sie fühle sich befangen. Dieser ging nicht darauf ein und wies die Juristin an, den auf Deutsch abzufassenden Entscheid vorzubereiten. Im März 2000 - zu diesem Zeitpunkt stand der ablehnende Entscheid bereits fest - wies er Niklaus Huber an, die Juristin in redaktioneller Hinsicht bei der Begründung der Verfügung zu unterstützen. Ende März 2000 arbeitete Niklaus Huber während einiger Stunden an dieser Begründung, wobei er anhand von Handnotizen der Juristin zusätzliche Passagen sowie sprachliche Verbesserungen anbrachte. Die Verfügung der Kontrollstelle betreffend Nichtanerkennung der SRO erging am 31. März 2000. Auf Grund der festgestellten Ausstandspflichtverletzung von Niklaus Huber hob das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) Ende Juni 2001 die Verfügung auf und wies die Sache zu neuem Entscheid zurück. In der Folge wurde vom EFD-Vorsteher in diesem Zusammenhang eine Administrativuntersuchung eingesetzt, deren Akten nach Untersuchungsabschluss durch das EFD zur Prüfung auf allfällig strafrechtlich relevante Verstösse an die Bundesanwaltschaft weitergeleitet wurden.
Die Bundesanwaltschaft kommt nach eingehender Prüfung der Akten zum Schluss, dass kein Anlass zur Strafverfolgung hinsichtlich Amtsanmassung (Art. 287 StGB) oder Amtsmissbrauch (Art. 312 StGB) besteht. Dies mit folgender Begründung:
-Es steht fest, dass Niklaus Huber an der Willensbildung, die zur Nichtanerkennung der SRO führte, nicht mitgewirkt hat, sondern ausschliesslich an der Redaktion der Begründung der entsprechenden Verfügung. Dadurch hat er zwar seine Ausstandspflicht verletzt, dabei aber nicht im Sinne des Strafrechts hoheitliche Machbefugnisse ausgeübt. Eine strafbare Amtsanmassung (Art. 287 StGB) liegt deshalb nicht vor, zumal es auch keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass Niklaus Huber der Verwaltung einen unrechtmässigen Vorteil verschaffen oder der SRO FIFA einen Nachteil zufügen wollte.
-Mit der Anweisung an Niklaus Huber, an der Begründung des Entscheids redaktionell mitzuwirken, hat Ulrich Gygi nicht im Sinne des Straftatbestandes Amtsmissbrauch (Art 312 StGB) von seiner hoheitlichen Gewalt nach aussen Gebrauch gemacht. Es handelte sich vielmehr um eine verwaltungsinterne dienstliche Weisung. Sie diente der redaktionellen Unterstützung der französischsprachigen Juristin bei der in deutscher Sprache zu verfassenden Begründung der Verfügung. Es ist zudem nicht ersichtlich, dass mit dieser Anweisung der Ver-waltung ein unrechtmässiger Vorteil verschafft oder der SRO FIFA ein Nachteil zugefügt wurde. Dass in sachverhaltlicher Hinsicht nicht zweifelsfrei erstellt ist, ob Ulrich Gygi vom Schreiben der instruierenden Juristin, in welchem sie ihre Be-denken hinsichtlich ihrer eigenen Befangenheit zum Ausdruck brachte, tatsächlich Kenntnis hatte, ändert nichts. Selbst wenn er von der Mitteilung Kenntnis gehabt hätte, lag es in seinem Ermessen, die Bedenken der Juristin als unzureichenden Ausstandsgrund zu werten und diese - auch in anderer Form als durch Stillschweigen - zur Ausführung des Auftrages anzuhalten. Auch damit hätte er eine verwaltungsinterne Weisung erteilt und jedenfalls nicht im Sinne des strafrechtlichen Amtsmissbrauchs nach aussen von hoheitlicher Gewalt Gebrauch gemacht. Im Uebrigen musste er wegen der damaligen Personalknappheit zwischen einer weiteren Verzögerung und dem Beizug der französischsprachigen Juristin entscheiden.
In die Ueberprüfung durch die Bundesanwaltschaft wurden im weiteren die Straftatbestände der Falschbeurkundung im Amt (Artikel 317 StGB) und der Urkundenunterdrückung (Artikel 254 StGB) miteinbezogen, gemäss den nachfolgenden zwei Sachverhalten. Die Bundesanwaltschaft kommt auch hier zum Resultat, dass kein strafverfolgerischer Handlungsbedarf gegeben ist.
Erster Sachverhalt: Der ablehnende Entscheid betreffend Anerkennung erweckte bei der SRO den Verdacht, Niklaus Huber könnte am Entscheid mitgewirkt haben. An-fangs Mai 2000 reichte die SRO beim EFD ein Gesuch um Öffnung der EDV-Anlage der Kontrollstelle ein. Im Rahmen dieses Verfahrens ersuchte die Chefin des Rechtsdienstes EFD Mitte Mai 2001 den damaligen Direktor Ulrich Gygi um Stel-lungnahme. Dieser antwortete, die französischsprachige Juristin habe den Entscheid selbständig instruiert. In einer Klammerbemerkung fügte er bei, Niklaus Huber habe in der Sache ohnehin die gleiche Meinung vertreten. Die Chefin RD ersuchte Ulrich Gygi um Entfernung dieser Klammerbemerkung, damit nicht der falsche Eindruck entstehen könne, Niklaus Huber habe die Entscheidfindung beeinflusst. Eine Stellungnahme mit Klammerbemerkung ist nicht mehr vorhanden. Ulrich Gygi bestreitet ausdrücklich, zwei Versionen erstellt zu haben.
-Die Stellungnahme von Ulrich Gygi erfolgte im Rahmen eines Vernehmlassungsverfahrens. Sie wäre gemäss bundesgerichtlicher Rechtssprechung bloss dann Urkunde, wenn der Adressat ihr wegen der konkreten Umstände besonderes Vertrauen entgegenbringen würde und ihr erhöhte Glaubwürdigkeit zukäme. Dies ist bei einer Vernehmlassung gerade nicht der Fall, weil es sich um eine einseitige Parteibehauptung handelt. Insofern ist der Wahrheitsgehalt der darin abgegebenen Aeusserungen unerheblich für die Frage, ob ein Urkundendelikt vorliegt oder nicht. Vorliegend ist keine Falschbeurkundung begangen worden.
-Nach Einschätzung der Bundesanwaltschaft liegt hier auch keine Urkundenunter-drückung gemäss Art. 254 StGB und auch keine Teilnahme daran vor. Selbst wenn es eine erste schriftliche Stellungnahme mit der behaupteten Klammerbemerkung gegeben hätte, war sie zum Zeitpunkt der Bearbeitung noch nicht defini-tiver Bestandteil des Dossiers, weil die Akten zu diesem Zeitpunkt der SRO als Partei noch nicht geöffnet waren. Da im RD EFD keine internen Richtlinien über die Aktenführung existierten, kann die Tatsache, dass die erste Stellungnahme nicht unverzüglich zum Dossier gelegt wurde, keine Pflichtverletzung oder gar eine Verletzung des Beweisrechts von Dritten begründen.
Zweiter Sachverhalt: Das Schreiben, mit welchem die den Entscheid instruierende Juristin gegenüber ihrem Direktor ihr Befangenheitsgefühl ausdrückte, befand sich im Dossier beim RD EFD. Eine Juristin dieses Dienstes entnahm dem Dossier das Schreiben und orientierte die Chefin des RD EFD darüber, damit diese über die defi-nitive Entnahme entscheide. Die Chefin besprach die Sache mit einer weiteren Person und ordnete danach an, dass das Schreiben umgehend wieder in das Dossier zurückzulegen sei, was gemacht wurde. Auf diese Weise blieb das Schreiben dem Dossier während rund 24 Stunden den Akten entnommen, bevor es weisungsgemäss zurückgelegt wurde.
-Hier gelangt die Bundesanwaltschaft zu folgendem Ergebnis: Eine Urkundenunterdrückung (Art. 254 StGB) liegt nach herrschender Lehre und Rechtssprechung nur vor, wenn der Beweiswert eines Dokumentes dem Berechtigten dauernd entzogen wird (die Tathandlung muss denn auch eine gewisse objektive Schwere aufweisen, um mit der angedrohten Höchststrafe von fünf Jahren Zuchthaus noch in Einklang zu stehen). Das war bei der Entnahme des Schreibens aus dem Dossier mit anschliessender Information der Chefin, welche das Zurücklegen des Schreibens ins Dossier anordnete, eindeutig nicht der Fall.
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BA Bundesanwaltschaft