Neues Zollgesetz: Botschaft Anfang 2003
Bern (ots)
Der Entwurf für ein neues Zollgesetz stösst auf breite Zustimmung, die neuen Zollverfahren wurden in der Vernehmlassung sogar nahezu kritiklos akzeptiert. Der Bundesrat hat letzten Mittwoch das Vernehmlassungsergebnis zur Kenntnis genommen und das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) beauftragt, zur Totalrevision des Zollgesetzes eine Botschaft auszuarbeiten und diese dem Bundesrat Anfang 2003 zu unterbreiten.
Das Vernehmlassungsverfahren zur Totalrevision des Zollgesetzes fand von Februar bis Juli 2001 statt. 116 Vernehmlassungsteilnehmer reichten ihre Stellungnahmen ein, ein einziger davon lehnte den vorgelegten Gesetzesentwurf ab.
Grossmehrheitlich werden die in den Vernehmlassungsunterlagen formulierten Grundziele gutgeheissen. Auch die vorläufige Beibehaltung des Gewichtszollsystems, mithin der Verzicht auf die Einführung des Wertzollsystems, wird begrüsst. Zahlreiche Anträge gingen aus wirtschaftlicher Betroffenheit zu Einzelfragen ein. Stark nach marktwirtschaftlicher Interessenlage wird in Einzelpunkten auch die Anlehnung ans EU-Recht beurteilt: teils soll sie stärker erfolgen, teils zurückgenommen werden.
Anpassung ans EU-Recht und andere Neuerungen
Analog zum EU-Zollkodex führt der Entwurf sieben neue Zollverfahren ein. Damit wird das «klassische Zollverfahren» modernisiert und flexibilisiert. Die formale Strenge des heutigen Gesetzes wird gelockert. Verfahrensfehler sollen vermehrt durch Zulassen des Wahrheitsbeweises behoben werden. Waren können vor ihrem Eintreffen im Zollgebiet zum Voraus deklariert werden. Von der Zollverwaltung bereits angenommene Zolldeklarationen können unter bestimmten Voraussetzungen berichtigt oder zurückgezogen werden; Strafverfahren werden dann keine eröffnet. Der Bussendrittel für die Wohlfahrtskasse wird fallengelassen.
Umstrittene Solidarhaftung
Kritisiert - insbesondere vom Speditions- und Logistikgewerbe - wurden im Vernehmlassungsverfahren zahlreiche herkömmliche Fiskalverpflichtungen wie die Solidarhaftung, die Bestimmungen über Sicherheitsleistungen, die Beschwerde- und Zahlungsfristen, die Verjährungsregelungen sowie die Strafbestimmungen.
Der Bundesrat trägt dieser Kritik Rechnung und ist daher bereit, eine Verkürzung der Verjährungsfristen im Sinne des Mehrwertsteuergesetzes und eine gewisse Lockerung der Solidarhaftung anzustreben. (Solidarisch haften wie im bisherigen Recht der Warenführer und dessen Auftraggeber sowie Personen, die nach Gesetz zur Zollanmeldung verpflichtet sind oder damit beauftragt wurden, und Personen, auf deren Rechnung Waren eingeführt werden. Die Kritik möchte Personen, die gewerbsmässig Zolldeklarationen ausstellen, von der Solidarhaftung befreien.) Festhalten will der Bundesrat dagegen an der Strafbarkeit fahrlässiger Tatbegehung, zumal die Kontrolldichte aus verwaltungsökonomischen Gründen immer geringer wird und vielfach hohe Abgabebeträge auf dem Spiel stehen. Dabei gilt es auch zu berücksichtigen, dass das limitierte Opportunitätsprinzip eingeführt werden soll, das heisst, dass bei geringfügigen Widerhandlungen auf ein Strafverfahren verzichtet werden kann.
Bestimmungen über die Zollfreilager
An der Pflicht, in offenen Zolllagern und Zollfreilagern Bestandesaufzeichnungen führen zu müssen, soll festgehalten werden; praxisnahe Lösungen sollen gemäss Gesetzesentwurf indessen möglich sein. Der Veredelungsverkehr soll weiter liberalisiert werden; Zollfreilager sollen dagegen Lager bleiben und nicht Produktionsstätten werden. Vereinfachungen für Zollflugplätze sollen auf Verordnungsstufe geprüft werden.
Zusammenarbeit im Grenzraum
Der Gesetzesentwurf regelt auch die Überwachung und Kontrolle des Personenverkehrs über die Zollgrenze neu. Hier wird eine zeitgemässe Rechtsgrundlage für den Vollzug der bereits heute bestehenden Aufgaben des GWK geschaffen. Einige dieser Befugnisse stiessen namentlich bei den Kantonen auf Kritik. Es wird befürchtet, die neue Regelung führe zu Schnittstellen- und Zuständigkeitsproblemen mit kantonalen Polizeiorganen. Der Bundesrat will nun auf einen festdefinierten Grenzraum von 30 Kilometern Tiefe verzichten. Stattdessen soll das Gesetz das EFD verpflichten, das Einsatzgebiet der Zollverwaltung entlang der Zollgrenze zusammen mit dem jeweiligen Grenzkanton festzulegen. Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen im Grenzraum soll - in Berücksichtigung der bereits eingeleiteten Praxis - künftig mittels öffentlich-rechtlichem Vertrag geregelt werden. Sofern ein Kanton seine polizeilichen Aufgaben im Grenzraum nicht mit eigenen Kräften zu erfüllen vermag, könnte er künftig das EFD ersuchen, gewisse Aufgaben dem Grenzwachtkorps gegen eine angemessene Kostenbeteiligung zu übertragen.
Trotz zahlreicher Einwände - vor allem der Kantone - möchte der Bundesrat die Totalrevision des Zollgesetzes nicht stoppen, um weitere Ergebnisse aus dem Projekt USIS (Überprüfung des Systems der inneren Sicherheit Schweiz) abzuwarten. Er ist im Gegenteil der Auffassung, dass ein erneutes Zuwarten bzw. ein Ausklammern der Bestimmungen über das Grenzwachtkorps zum heutigen Zeitpunkt nicht sinnvoll ist. Sollte das Projekt USIS nämlich grundlegende Änderungen bewirken, so wären zahlreiche weitere Rechtserlasse zu ändern, was wiederum mehrere Jahre dauern würde.
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