Schweizerische Hilfe für Mutter und Kind
Bundesrat eröffnet seine Abstimmungskampagne zum 2. Juni 2002: Unglaubwürdige Abtreibungspolitik des Bundesrates
Basel (ots)
Die Vorsteherin des EJPD, Bundesrätin Ruth Metzler, will heute den Schweizerinnen und Schweizern die bundesrätliche Zustimmung zur Fristen-"Lösung" erklären. Der Bundesrat kommt damit im Zielraum eines jahrelangen Slaloms an: Bis ins Jahr 1999 lehnte der Bundesrat jegliche Fristenlösung ab, im Jahr 2000 entschied er sich für das Schutzmodell der CVP und im August 2001 wechselte er plötzlich auf ein Ja zur Fristenlösung. Während er noch Ende 2000 von einem «Mittelweg» zwischen der parlamentarisch vorgeschlagenen Fristenlösung und den Zielen der Volksinitiative für Mutter und Kind sprach, redet er heute von einer «hohen ethischen Grundhaltung» hinter der Fristenlösung und behauptet gar, es gehe «nicht um ein Ja oder Nein zu einer reinen Fristenlösung», da die Frau eine (wie auch immer definierte) «Notlage geltend machen» müsse (1). Eine solche Slalompolitik ist unglaubwürdig. Hinzu kommt, dass der Bundesrat die Grundrechtsposition ausser Acht lässt, obwohl das EJPD im Jahre 1999 ein namhaftes Gutachten(2)erste llen liess, welches zum Schluss kommt, dass eine reine Fristenlösung verfassungswidrig ist.
Wenn sich Bundesrätin Metzler heute für die Fristenlösung einsetzt, die sie selber vor nicht langer Zeit im Parlament noch vehement bekämpfte, erreicht der Bundesrat endgültig den Gipfel der Unglaubwürdigkeit im Hinblick auf seine Abtreibungspolitik. Frau Metzler kommt zusätzlich in Konflikt zu ihrer eigenen Partei, welche seit längerer Zeit mit ihrer Positionierung als «Werte-» und als «C-»Partei zu kämpfen hat.
Noch im Jahr 2000 stellte der damalige Ständerat Samuel Schmid fest: «Beginnen wir, mit Fristen zu operieren, dann begeben wir uns auf einen gefährlichen Pfad. Generell gilt, dass das hohe Rechtsgut des Schutzes auf Leben im Zweifel immer durchzusetzen ist. Klare wissenschaftliche Erkenntnisse in Bezug auf die Rechtfertigung dieser Frist gibt es meines Wissens nicht»(3). Im Gegensatz zu seinem damaligen im Ständerat eingereichten Rückweisungsantrag, spricht er heute von «hoher ethischer Grundhaltung» im Zusammenhang mit der Fristenlösung. Damals forderte er in seinem Rückweisungsantrag sogar noch ein «Schwangerenhilfegesetz». Es ist daher mehr als zynisch, wenn heute der Bundesrat auf das 1981 beschlossene Gesetz über Schwangerschaftsberatungsstellen verweist und meint, die Hilfe sei «durch das geltende Recht bereits erfüllt»(4). In 12 von 23 Kantonen beschränkt sich diese «Hilfe» vorwiegend auf brotlose Beratung und Vermittlung psychiatrischer Gutachten.
Laut der jetzt zur Abstimmung vorliegenden Fristenlösung muss die Frau eine «Notlage» geltend machen, um zu einer Abtreibung zu kommen. Bundesrätin Metzler meinte noch im September 2000 zum Begriff der Notlage: «In der Praxis wird sich die Frau auf eine Notlage berufen können, ohne dass diese tatsächlich gegeben ist. Die Notlage kann als blosser Vorwand präsentiert werden. Das Erfordernis der Notlage wird somit zu einer reinen Formalie. Das Gesetz gibt vor, ein zusätzliches Kriterium zum Schutz des ungeborenen Lebens aufzustellen, das bei Licht besehen keine Wirkung entfalten kann. Das ist aus meiner Sicht unehrlich und auch keine gute Gesetzgebung»(5). Heute empfiehlt sie diese «unehrliche» und «ungute» Gesetzgebung dem Volk!
Seit längerem drückt sich der Bundesrat um die Grundrechtspositionen (BV Art. 7 und 10) im Schwangerschaftskonflikt herum. Unter den Tisch wischt er das eigens in Auftrag gegebene Rechtsgutachten eines renommierten Professors der Universität St. Gallen, welches zum Schluss kommt, dass eine reine Fristenlösung niemals mit der Bundesverfassung in Einklang stehen könne. Die Wahrheit kann zeitweise unerträglich sein, doch durch das Verschweigen der Grundrechtspositionen erhöht der Bundesrat seine Glaubwürdigkeit nicht.
Fussnoten:
(1) Bundesrat Samuel Schmid, Tagesanzeiger, 08.04.01, S. 7
(2) Rechtsgutachten zuhanden des EJPD, Prof. Dr. Ivo Hangartner, Schwangerschaftsabbruch und Sterbehilfe, eine grundrechtliche Standortbestimmung, Schulthess Juristische Medien AG, Zürich 2000
(3) Ständeratsdebatte 20.06.2000, Amtliches Bulletin S. 418
(4) Botschaft zur Volksinitiative «für Mutter und Kind - für den Schutz des ungeborenen Kindes und für die Hilfe an seine Mutter in Not Initiative» vom 15. November, veröffentlicht im Bundesblatt vom 20.02.01, S. 687
(5) Amtliches Bulletin, Ständerat 21.09.2000
Kontakt:
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