Totalrevision Nationalbankgesetz: BR legt die Leitplanken fest
Bern (ots)
Der Entwurf für ein neues Nationalbankgesetz (NBG) ist in der Vernehmlassung grundsätzlich auf Zustimmung gestossen. Einzelne Punkte, wie die Rechtsform der Nationalbank, die Formulierung des Notenbankauftrags, das Vorgehen bei der Ermittlung der Nationalbankgewinne und die Ausgestaltung der geplanten Überwachung von bargeldlosen Zahlungssystemen haben jedoch zu Meinungsverschiedenheiten Anlass gegeben. Zu diesen umstrittenene Punkten hat der Bundesrat bereits Grundsatzsentscheide gefällt.
Im Rahmen des von Mitte März bis Mitte Juli 2001 durchgeführten Vernehmlassungsverfahrens haben 62 interessierte Stellen zum Reformvorschlag Stellung genommen. Der Vorschlag, das aus dem Jahre 1953 stammende und teilweise veraltete Nationalbankgesetz einer Totalrevision zu unterziehen, wurde allgemein begrüsst. Bei verschiedenen Fragen wünschten die Vernehmlassungsteilnehmenden jedoch Ergänzungen zum Vernehmlassungsvorschlag oder sie waren sich über den konkreten Inhalt der Gesetzesbestimmung uneinig.
Vernehmlassungsergebnisse
Insbesondere zu Diskussionen Anlass gegeben hat einmal mehr die Formulierung des Notenbankauftrags, bei dem die Linke und die Gewerkschaften nebst Preisstabilität den gleichwertigen Einbezug von Beschäftigungs- und Wachstumszielen wünschen, während FDP, SVP und economiesuisse die Vorrangigkeit des Ziels Preisstabilität» stärker hervorheben möchten. Eine Mehrheit der Kantone, CVP, Gewerbeverband, Bankiervereinigung und die Schweizerische Nationalbank (SNB) selber unterstützen demgegenüber eine ausgewogene Formulierung.
Ebenfalls umstritten war die Art der Ermittlung der Nationalbankgewinne: FDP, SVP und Bankiervereinigung sind der Meinung, dass die Gewinnermittlung nicht verpolitisiert werden dürfe und möchten daher den Entscheid, welcher Anteil der SNB-Erträge zum Aufbau von Rückstellungen verwendet und welcher Anteil ausgeschüttet werden kann, der Nationalbank überlassen. Demgegenüber möchten insbesondere die Kantone diesen Entscheid durch ein unabhängiges Gremium bestehend aus Vertretern der SNB, des Bundesrats und der Kantone genehmigen lassen.
Des weitern haben verschiedene Vernehmlassungsteilnehmende die Frage nach der Rechtsform der SNB aufgegriffen und Ergänzungen oder Änderungen bei der vorgeschlagenen Mindestreservepflicht und bei der Überwachung von Zahlungssystemen gewünscht.
Der Bundesrat hat in Kenntnis dieser Stellungnahmen folgende Leitplanken für das neue Nationalbankgesetz festgelegt:
Die Nationalbank als spezialgesetzliche Aktiengesellschaft mit Sitz in Bern und Zürich:
Die Rechtsform der spezialgesetzlichen Aktiengesellschaft hat in der Vergangenheit zu keinen Schwierigkeiten geführt. Zudem eignet sich diese Rechtsform gut, um die unabhängige Stellung der SNB zu unterstreichen. Sie soll deshalb beibehalten werden. Festgehalten wird aus politischen Gründen auch an den beiden Sitzen der SNB in Bern und Zürich.
Ein ausgewogener Notenbankauftrag:
Der Notenbankauftrag soll wie folgt lauten: «Die Nationalbank führt die Geld- und Währungspolitik im Gesamtinteresse des Landes. Sie gewährleistet die Preisstabilität. Dabei beachtet sie die konjunkturelle Entwicklung.»
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass dieser Vorschlag eine ausgewogene Lösung darstellt: Mit der Führung der Geldpolitik im Gesamtinteresse des Landes wird die Einbindung der Nationalbank in die wirtschaftspolitische Gesamtverantwortung deutlich gemacht. Die Hervorhebung von Preisstabilität trägt der Tatsache Rechnung, dass Inflation und Deflation grundsätzlich monetäre Phänomene dar-stellen und Preisstabilität eine wichtige Voraussetzung für nachhaltiges Wirtschaftswachstum und Wohlstand ist. Gleichzeitig hat die Geldpolitik zumindest kürzerfristig auch reale Auswirkungen und die SNB verfügt damit über ein wirksames wirtschaftspolitisches Instrument zur Konjunkturstabilisierung. Mit der Verpflichtung, auf die Konjunktur Rücksicht zu nehmen, wird der Nationalbank im Notenbankauftrag eine Mitverantwortung für die realwirtschaftliche Entwicklung übertragen.
Dreiteilige Rechenschaftspflicht gegenüber Bundesrat, Parlament und Öffentlichkeit:
Als Pendant zur verfassungsmässigen Notenbankunabhängigkeit wird die SNB neu im Gesetz ausdrücklich zur regelmässigen Rechenschaftsablage verpflichtet. Um einen kritischen Dialog zu ermöglichen und die Rechenschaftsablage gegenüber dem Parlament deutlich von derjenigen gegenüber der Öffentlichkeit abzugrenzen, soll die Rechenschaftsablage gegenüber dem Parlament in Kommissionssitzungen und nicht im Plenum erfolgen.
Konkretisierung der Mindestreservepflicht:
Die als Mindestreserve anrechenbare Liquidität umfasst Münzen, Banknoten und Giroguthaben, nicht mehr aber Postkontoguthaben. Mindestreservepflichtig sind auf Schweizer Franken lautende kurzfristige Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von höchstens 3 Monaten sowie Verbindlichkeiten gegenüber Kunden in Spar- und Anlageform. Die SNB kann zusätzlich zu den Banken durch Verordnung Emittenten von elektronischem Geld sowie weitere Emittenten von Zahlungsmitteln der Mindestreservepflicht unterstellen, wenn deren Tätigkeit die Umsetzung der Geldpolitik erheblich zu beeinträchtigen droht.
Überwachung von Zahlungssystemen:
Bargeldlose Zahlungssysteme und weitere zentrale Einrichtungen, von denen Risiken für die Stabilität des Finanzsystems ausgehen können, werden einer Überwachung durch die SNB unterstellt. Die Überwachung ist unter den einzelnen Überwachungsbehörden zu koordinieren.
Gewinnermittlung / Gewinnverteilung:
Die Nationalbank bestimmt die Höhe der notwendigen Währungsreserven. Dabei orientiert sie sich an der Entwicklung der schweizerischen Volkswirtschaft. Der Bankrat der SNB genehmigt auf Antrag des Direktoriums die Höhe der Rückstellungen. An der bisherigen Gewinnverteilung wird festgehalten. Die Gewinnausschüttungen an Bund und Kantone werden mittels Vereinbarung zwischen EFD und SNB verstetigt. Dabei werden die Kantone angehört.
Verkleinerung des Bankrats:
Der Bankrat wird von heute 40 auf neu 11 Mitglieder verkleinert, um die Effizienz in der Entscheidfindung zu erhöhen und die Verantwortung der einzelnen Mitglieder zu stärken. 6 Bankratsmitglieder (darunter Präsidentin oder Präsident und Vizepräsidentin oder Vizepräsident) sollen durch den Bundesrat und 5 durch die Generalversammlung gewählt werden. Damit kann die GV neu 45,5 Prozent der Bankratsmitglieder wählen statt wie bisher 37,5 Prozent.
Weiteres Vorgehen
Das EFD wird gestützt auf diese Leitlinien Botschaft und Gesetzesentwurf für die Totalrevision NBG ausarbeiten und dem Bundesrat bis Mitte Jahr unterbreiten.
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