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economiesuisse

economiesuisse - Vorsichtiger Optimismus in schwierigen Zeiten
Wirtschaftslage und konjunktureller Ausblick 2010 und 2011

Zürich (ots)

SPERRFRIST BIS 10.30 UHR
Die Schweizer Wirtschaft hat die konjunkturelle Talsohle 
durchschritten. Die Exportwirtschaft hat in den vergangenen Monaten 
zu positiven Wachstumsraten zurückgefunden und der private Konsum 
bleibt eine stabilisierende Stütze. Für 2010 erwartet economiesuisse 
ein Wirtschaftswachstum von 1,9 Prozent, für 2011 ein solches von 1,6
Prozent. Kurzfristig dürfte die Preisstabilität gewährleistet 
bleiben, mittelfristig besteht hingegen eine bestimmte 
Inflationsgefahr. Die Arbeitslosenquote wird für 2010 auf 
durchschnittlich 4,0 Prozent geschätzt. Im Folgejahr dürfte sie auf 
3,6 Prozent zurückgehen.
Aktuelle Lage
Die Schweizer Wirtschaft hat sich in stürmischen Zeiten im Vergleich 
zum Ausland gut behaupten können. Das Wirtschaftswachstum der Schweiz
ist zwar im letzten Jahr um 1,5 Prozent eingebrochen, angesichts der 
historischen Dimension der Krise musste aber lange Zeit mit einem 
deutlich stärkeren BIP-Rückgang gerechnet werden. Besonders in der 
Exportwirtschaft mussten in der ersten Jahreshälfte 2009 teilweise 
dramatische Auftragsrückgänge verkraftet werden. Der Geschäftsgang im
Exportsektor hat sich in der zweiten Jahreshälfte 2009 und in den 
ersten fünf Monaten 2010 wieder stabilisiert, liegt jedoch in einigen
Branchen wie der Maschinen- und Textilindustrie auf bedeutend 
tieferem Niveau als vor Ausbruch der Krise. Dank der Möglichkeit zur 
Kurzarbeit konnten viele Exportbetriebe ihr Personal weiter 
beschäftigen. Diese sind daher beim Konjunkturaufschwung sofort in 
der Lage, die eingehenden Aufträge zu erledigen. Die Kurzarbeit hat 
zudem dazu beigetragen, dass die Arbeitslosenquote in der Krise nicht
sehr stark anstieg. Sie hat ihren Höchststand bereits überschritten 
und beträgt aktuell 3,8 Prozent. Die Arbeitslosenquote ist - im 
Gegensatz etwa zu Spanien oder Irland - hierzulande auch deswegen nur
moderat angestiegen, weil die BIP-Rückgänge nicht im 
arbeitsintensiven Bausektor sondern im hochspezialisierten 
Exportsektor anfielen.
Der moderate Anstieg der Arbeitslosenquote hat entscheidend dazu 
beigetragen, dass die Binnenwirtschaft relativ wenig von der 
weltweiten Krise erfasst worden ist. Als eigentliche Konjunkturstütze
hat sich der Konsum erwiesen. Einen nicht zu vernachlässigenden 
Einfluss hat dabei die anhaltende Netto-Immigration: Nach wie vor 
besteht ein Nachfrageüberhang nach qualifizierten Arbeitskräften 
(Gesundheitswesen, Informatik, Chemisch-pharmazeutische Industrie). 
Da die Schweiz attraktive Arbeitsbedingungen anbietet, kann sie diese
Arbeitskräfte aus dem Ausland auch rekrutieren. Die zusätzliche 
Nachfrage nach Güter und Dienstleistungen stützt den Konsum, aber 
auch die Bauwirtschaft. Letztere profitierte zudem von den 
Investitionsausgaben der öffentlichen Hand.
Die binnenwirtschaftlichen Auswirkungen der Exportkrise blieben 
auch deswegen gemässigt, weil keine Kreditklemme aufgetreten ist. 
Zwar wurden aufgrund des schlechteren Konjunkturverlaufs vereinzelt 
die Kreditkonditionen verschärft, es kam aber selbst während des 
Höhepunkts der Finanzkrise zu keiner Störung der Kreditvergabe an die
Unternehmen.
Ausblick
Die Wirtschaft ist vorsichtig optimistisch. Branchen wie die 
Maschinenindustrie, die besonders hart unter dem weltweiten 
Nachfrageeinbruch gelitten haben, erwarten in diesem und im nächsten 
Jahr positive Wachstumsraten. Diese erfreuliche Entwicklung darf 
allerdings nicht darüber hinweg täuschen, dass das Exportniveau der 
Schweiz von 2008 in diesen Branchen bis auf weiteres nicht wieder 
erreicht wird. Die Exportindustrie profitiert davon, dass sie sich in
den letzten Jahren weltweit stark diversifiziert hat. Sie kann daher 
von der dynamischen Entwicklung der Schwellenländer profitieren. In 
den Märkten ausserhalb Europas hat die Schweizer Wirtschaft auch 
nicht mit einer Aufwertung des Frankens zu kämpfen. Demgegenüber 
hemmt die Entwicklung in Europa mit dem gegenüber dem Franken 
schwachen Euro den Wiederaufschwung. Besonders kleinere und mittlere 
Unternehmen, die nach wie vor einen Grossteil ihrer Güter nach Europa
liefern, haben mit dem erstarkten Franken zu kämpfen. Für die 
Textilindustrie akzentuiert sich das Problem, weil hier oft 
Vorleistungen aus dem Dollar-Raum importiert werden, in der Schweiz 
weiterverarbeitet und nach Europa exportiert werden. Durch die 
Euroabschwächung sinkt die Marge oder der Absatz wird durch 
Preiserhöhungen reduziert. Schwerer wiegt aber, dass die generelle 
Nachfrage in Europa durch die Langzeitfolgen der Krise für längere 
Zeit verhalten sein wird. Die zum Abbau der riesigen Staatsdefizite 
notwendigen Steuererhöhungen und Sparprogramme der öffentlichen Hand 
werden die Konjunktur in Europa belasten. Die Finanzmärkte werden 
weiterhin nervös reagieren, weil berechtigte Zweifel bestehen, dass 
die europäischen Regierungen den Sparkurs erfolgreich einhalten 
können. Die Unsicherheiten betreffen auch den erheblichen 
Abschreibungsbedarf im Bankensystem verschiedener Länder. Die 
Erfahrung lehrt, dass die wirtschaftliche Gesundung nach 
Immobilienkrisen nicht Quartale, sondern Jahre beansprucht. Die 
Exportindustrie stellt sich daher auf eine stärkere Verschiebung der 
Nachfrage ihrer Produkte von Europa weg zu den Märkten in Asien und 
Amerika ein. Das im Jahresdurchschnitt erwartete, relativ hohe 
Wachstum der Exporte im Jahr 2010 ist zu einem wesentlichen Teil auf 
den tiefen Einbruch im Vorjahr zurückzuführen. Auch bei den 
Ausrüstungsinvestitionen zeigt sich dieser Basiseffekt: Der tiefe 
Einbruch von 2009 führt dazu, dass die Ausrüstungsinvestitionen im 
Jahr 2010 im Vergleich zum Vorjahr deutlich zulegen.
Die Binnenkonjunktur wird weiterhin von der sinkenden 
Arbeitslosigkeit, der Netto-Immigration und vom schwachen Euro 
profitieren. Hält die Euroschwäche wie erwartet an, werden sich die 
Importe aus dem Euro-Raum mit einer gewissen Verzögerung verbilligen 
und den Konsum erhöhen. Die Währungssituation schafft aber Gewinner 
und Verlierer. So fördert der schwache Euro den Einkaufstourismus in 
die benachbarten Grenzregionen. Demgegenüber profitieren die 
Reisebüros davon, dass sie günstigere Europa-Reisen offerieren 
können. Der Schweizer Tourismus allerdings - als eigentliche 
Exportindustrie - leidet unter dem starken Franken. Touristische 
Leistungserbringer können auch kaum von billigeren Vorleistungen aus 
dem Euro-Raum profitieren. Es ist daher mit einer deutlichen 
Fortsetzung des Rückgangs an europäischen Gästen von rund 5% in 
diesem Sommer zu rechnen. Der Wiederaufschwung der 
Tourismuskonjunktur dürfte sich in dieser Situation deshalb bis in 
die zweite Hälfte 2011 verschleppen. Die Binnenkonjunktur wird in der
Schweiz nicht durch Sparmassnahmen der öffentlichen Hand belastet. Im
Gegenteil ist mit weiterhin steigenden Staatsausgaben zu rechnen. 
Trotz tiefen Zinsen ist bei den Bauinvestitionen ein leichter 
Rückgang auf hohem Niveau zu erwarten.
Die extrem expansive Geldpolitik der Schweizerischen Notenbank 
wird früher oder später zu Ende gehen. Ein erster wichtiger Schritt 
für die Exit-Strategie war das Ausbleiben einer Intervention der 
Notenbank, als der Euro-Kurs erstmals unter 1,40 gefallen ist. Dies 
kann als Signal interpretiert werden, dass die Notenbank künftig den 
Franken-Euro-Kurs stärker den Marktkräften überlassen wird. Dieses 
Bekenntnis zu einer unabhängigen Geldpolitik der SNB war nötig. Eine 
Anbindung des Schweizer Frankens an den Euro wäre mit grösseren 
volkswirtschaftlichen Kosten (Aufgabe des Realzinsvorteils) verbunden
als die aktuelle Aufwertung. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass
die Notenbank die Zinsen bereits dieses Jahr deutlich erhöhen wird. 
In der aktuell angespannten wirtschaftlichen Situation in Europa 
hätte dies eine weitere Aufwertung des Frankens zur Folge. Die 
unmittelbare Inflationsgefahr in der Schweiz bleibt zudem moderat, da
die Outputlücke nach wie vor Produktionsausweitungen ohne 
Preiseffekte ermöglicht. Auch die Importpreise sinken aufgrund des 
schwachen Euros. Lediglich im Immobilienmarkt ist aufgrund der tiefen
Zinsen mit weiterhin steigenden Preisen zu rechnen. Für einen 
Zeithorizont von rund drei Jahren allerdings erachten viele 
Mitglieder von economiesuisse die Inflationsgefahr als gross bis sehr
gross. Die Exit-Strategie der Nationalbank stellt vor diesem 
Hintergrund einen schwierigen Balance-Akt dar.
Prognosen Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung
Veränderung gegenüber Vorjahr (%)
2007 2008 2009 2010 2011
Bruttoinlandprodukt, real  3.6  1.8  -1.5 1.9  1.6
Privater Konsum            2.4  1.7  1.2  1.1  1.2
Öffentlicher Konsum        0.5  -0.1 2.5  0.5  0.1
Bauinvestitionen           -2.3 0.9  1.3  -0.2 -1
Ausrüstungsinvestitionen   11.1 0.1  -7.5 4.4  2
Exporte (Total)            9.5  2.9  -9.9 5.2  3.2
Importe (Total)            6    0.4  -5.9 4.5  3
Veränderung gegenüber dem Vorjahr (%), Jahresdurchschnitt
2007 2008 2009 2010 2011
Inflationsrate     0.7  2.4  -0.6 1    1.2
Arbeitslosenquote  2.8  2.6  3.8  4    3.6
Exogene Annahmen*
2010 2011
Wechselkurs CHF/Euro           1.35 1.4
Wechselkurs CHF/$              1.15 1.1
Ölpreis in $                   80   80
Wachstumsrate U.S.             3.2  2.5
Wachstumsrate Euro-Zone        0.7  1.5
Wachstumsrate China            9.2  8.3
Kurzfristige Zinsen            0.4  0.6
Rendite der Bundesobligationen 2    2.4
* Inputgrössen für die Schätzung der Konjunkturprognosen
Für Medienschaffende:
Zum konjunkturellen Ausblick findet am Montag, 14. Juni um 10.30 Uhr 
eine Telefonkonferenz mit Rudolf Minsch, Chefökonom von 
economiesuisse statt. Zur Teilnahme verwenden Sie bitte folgende 
Zugangsdaten:
Einwahlnummer:	+41 58 262 07 26

Kontakt:

Rudolf Minsch
Telefon: 041 421 35 35
E-Mail: rudolf.minsch@economiesuisse.ch

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