Schweiz. Gesundheitsobservatorium
Gesundheitsobservatorium: Selbsthilfe entlastet das Gesundheitswesen
Neuenburg (ots)
Eine neue Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums zeigt, dass Selbsthilfegruppen dazu beitragen, das Gesundheitswesen finanziell zu entlasten. Im Vergleich zu anderen Ländern ist die Selbsthilfe in der Schweiz aber noch wenig ausgebaut. Die Untersuchung ortet deshalb hier ein grosses Potenzial.
In der Deutschschweiz sind heute je nach Schätzung 1100 bis 2000 Selbsthilfegruppen aktiv. Die genaue Zahl ist nicht bekannt. Dennoch ist eine deutliche Zunahme solcher Gruppen erkennbar: Ihre Zahl hat sich in den letzten Jahren etwa verdoppelt. Diese Gruppen spielen denn auch eine zunehmend wichtige Rolle in unserem Gesundheitswesen. Eine Studie des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums gibt nun erstmals einen Überblick über den Stand der Selbsthilfegruppen in der Deutschschweiz bzw. in Deutschland und ihren Beitrag für das Gesundheitswesen. Sie ist als Buch in der "Buchreihe des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums" erschienen.
Der Autor des Buches, Bernhard Borgetto, fasst auch die Forschung zur gesundheitlichen Bedeutung der Selbsthilfegruppen zusammen. Dabei zeigt er auf, dass sich die Beteiligung in Selbsthilfegruppen positiv auf den Krankheitsverlauf auswirkt. Krankheitsrückfälle können verhindert bzw. mit Hilfe der Gruppenteilnehmenden überwunden werden. So weisen Studienergebnisse auf eine deutlich tiefere Rehospitalisierungsrate bzw. einen Rückgang an Arztbesuchen von Selbsthilfegruppenteilnehmenden verglichen mit Nicht-Teilnehmenden hin. Insbesondere in der Nachsorge und der Rehabilitation entlasten Selbsthilfegruppen das professionelle Gesundheitswesen.
Kosten-Nutzen-Analysen in Deutschland haben denn auch bestätigt, dass die Leistungen der Selbsthilfe in manchen Fällen direkt Kosten einsparen können, da professionelle Versorgungsleistungen und soziale Sicherungsleistungen teilweise überflüssig werden. Eine globale Schätzung der Kosteneinsparungen im Gesundheitswesen durch Selbsthilfegruppen steht aber nach wie vor aus.
Das Potenzial von Selbsthilfe besser nutzen
Die krankheitsbezogene Selbsthilfe entwickelte sich in den letzten drei Jahrzehnten zunehmend von einer eher medizinkritischen Bewegung zu einem anerkannten und kompetenten Akteur in der Gesundheitsversorgung. «Die Zukunft der Selbsthilfe liegt in ihrer weiteren Integration in das Versorgungssystem. Dadurch wird ihr Potenzial optimal genutzt.» sagt Bernhard Borgetto von der Universität Freiburg i. Br.
Ein Vergleich zwischen Deutschland und der Schweiz zeigt, dass die Infrastruktur zur Unterstützung und Anregung von Selbsthilfegruppen hierzulande weniger stark ausgebaut als in Deutschland. Sie werden auch finanziell weniger stark gefördert als in Deutschland. Die Studie nennt denn auch unterschiedliche Massnahmen, mit denen die Selbsthilfegruppen in der Schweiz besser gefördert werden könnten, wie die Intensivierung des Dialogs zwischen Ärzteschaft und Selbsthilfegruppen, die Unterstützung bereits bestehender Selbsthilfekontaktstellen und -organisationen, die Förderung der Selbsthilfe durch Sozialversicherungen, öffentliche Hand und Krankenversicherer oder die Verankerung der Selbsthilfethematik in der Aus- und Weiterbildung der Gesundheitsberufe. Mit solchen Massnahmen könnte das Potenzial von Selbsthilfegruppen für das Gesundheitswesen besser genutzt werden.
Das Schweizerische Gesundheitsobservatorium (Obsan) ist eine Organisationseinheit des Bundesamtes für Statistik, die im Rahmen des Projektes Nationale Gesundheitspolitik entstanden ist und von Bund und Kantonen einen Leistungsauftrag erhält. Das Gesundheitsobservatorium analysiert die vorhandenen Gesundheitsinformationen in der Schweiz. Es unterstützt Bund, Kantone und weitere Institutionen im Gesundheitswesen bei ihrer Planung, ihrer Entscheidfindung und in ihrem Handeln.
Bernhard Borgetto: Selbsthilfe und Gesundheit - Analysen, Forschungsergebnisse und Perspektiven in der Schweiz und in Deutschland; Buchreihe des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums, Verlag Hans Huber, 2004.
Kontakt:
Andrea Zumbrunn
Schweizerisches Gesundheitsobservatorium
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