auto-schweiz: Neuwagenpreise - quo vadis?
Bern (ots)
In zahlreichen und namhaften Medien wie zum Beispiel vor kurzem in der Mitgliederzeitschrift eines grossen schweizerischen Verkehrsclubs liest man immer wieder, dass die Preise für Neuwagen in unserem Land zu erodieren beginnen. Diese und ähnliche Spekulationen sind alles andere als neu, sie wuchern bereits seit bekannt wurde, dass es in der Schweiz mit der sogenannten Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) neue, EU-konforme und von der Wettbewerbskommission (Weko) durchzusetzende Wettbewerbsregeln im Garagengewerbe und im Autohandel geben werde. Diese Regeln sind inzwischen in Kraft getreten, aber bereits vor Bekanntwerden deren Einzelheiten wurde wild drauflos spekuliert, um wieviele Prozentpunkte die Neuwagenpreise schweizweit denn wohl sinken würden. Zu diesem Zweck wurden (und werden) die Schweizer Autopreise vorzugsweise mit denjenigen unserer Nachbarländer verglichen und mit Werten von 10%, 15% ja sogar 20% wurden Zahlen genannt, die schon damals und auch heute noch jeglicher Grundlage entbehrten. Ein weiteres beliebtes Schreckgespenst, das von vielen dieser "Propheten" heraufbeschworen wurde, war der Direktimport von Neufahrzeugen aus dem Ausland, welchem zum Teil fantastische Zuwachsraten prognostiziert wurden. Nicht zu vergessen sind auch jene Stimmen, die dem unbedarften Autokäufer allen Ernstes schmackhaft machen wollten, bald einmal könne er bei seinem Wocheneinkauf im nächsten grösseren Shopping Center so quasi im Vorbeigehen auch sein neues Auto kaufen.
Und inwiefern haben sich bis heute diese für unzählige Autokäufer viel versprechenden Voraussagen bestätigt? So gut wie gar nicht. Aber Prognosen sind bekanntlich sehr schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. Ganz ohne Hintergedanken:
Um die Feststellung, dass die Schweiz zu den Hochpreisländern gehört, kommt wohl niemand herum. Bei uns ist so ziemlich alles teurer bzw. höher als sonst irgendwo im europäischen Ausland: Die Lebens- und Genussmittel, die Immobilienpreise und die Mieten, das Gesundheitswesen, die Artikel für Hygiene und Körperpflege, die Steuern und Abgaben, die Kosten für Aus- und Weiterbildung und eben auch für die Verkehrsmittel. Die Mehrkosten, die der Schweizer und die Schweizerin in wichtigen Lebensbereichen zu berappen haben, werden jedoch durch die im Vergleich zum Ausland eindeutig höheren Löhne und Gratifikationen/Boni wieder wettgemacht. Wir Schweizer müssen endlich begreifen und akzeptieren, dass wir nicht gleichzeitig den Fünfer und das Weggli (und womöglich die Bäckerstochter noch gratis dazu) haben können. Kommt dazu, dass wir in unserem Land ein ausgeprägtes Qualitätsbewusstsein haben, also hohen Wert auf Qualität und Service legen; auch diese an und für sich legitimen Ansprüche schlagen sich in den Konsumentenpreisen nieder. Diejenigen, die immer wieder lauthals nach tieferen Autopreisen rufen, verkennen also nicht nur die Situation in der Schweiz, sie sind sich auch nicht im Klaren über die komplexen wirtschaftlichen Zusammenhänge.
Um dem weltweiten Angebotsüberhang einigermassen Herr zu werden, sehen sich manche Hersteller gezwungen, zu drastischen, wenig populären und manchmal auch kaufmännisch problematischen, offenbar jedoch notwendigen Massnahmen zu greifen. Diese äussern sich dann in der Regel in Werksschliessungen, Massenentlassungen sowie in massiven Preisnachlässen oder Rabattschlachten, um nur einige zu nennen. Dass sich letztere nicht gerade vorteilhaft auf das Betriebsergebnis auswirken, weil als Folge davon die Mittel für Forschung, Entwicklung und Qualitätsverbesserungen geschmälert werden und die betroffenen Hersteller dadurch in einen negativen wirtschaftlichen Kreislauf geraten, liegt auf der Hand. Besonders dramatisch: Die Anforderungen der Kunden gehen in die gegenteilige Richtung. Bei der Qualität und Zuverlässigkeit der automobilen Erzeugnisse, bei der Beratungsqualität der Händler- und bei der technischen Kompetenz der Service-Betriebe, die von den immer anspruchsvoller werdenden Autokäufern als selbstverständlich vorausgesetzt werden, darf nicht gespart werden, weil dies zulasten der Kundenzufriedenheit ginge. Dadurch sehen sich die Hersteller, Importeure und die Markenvertretungen veranlasst, ihre Standards laufend den aktuellen Kundenbedürfnissen anzupassen, was wiederum entsprechende Investitionen nach sich zieht. Aufgrund der verhaltenen wirtschaftlichen Entwicklung im allgemeinen und des stark rückläufigen Automarktes im besonderen (1999: 318'000 in Verkehr gesetzte Neufahrzeuge, 2004: knapp 270'000! bei einem Durchschnittspreis von CHF 35'000.00 fehlen ohne Zubehör- und Servicegeschäft knapp 1,7 Mia. Franken) ist es gewissen Händlerbetrieben aufgrund fehlender Verkäufe, ausbleibender Einkünfte und schrumpfender Margen nicht mehr möglich, in die Kompetenzentwicklung ihrer Mitarbeiter und in die Infrastruktur ihrer Betriebe zu investieren. Die Folge davon ist eine Ausdünnung des Händlernetzes und der damit einhergehende Verlust von Arbeitsplätzen bzw. steigende Sozialkosten. Dass vor diesem Hintergrund auch kaum neue Ausbildungsstätten geschaffen werden können, liegt auf der Hand.
auto-schweiz, die Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure, vertritt die Überzeugung, dass die heutige Preisstruktur auf dem Schweizer Neuwagenmarkt aufgrund der dargelegten Argumente ihre Berechtigung hat. Überlassen wir es doch den Kunden, für welchen Hersteller, für welches Produkt, für welches Preis-/Leistungsverhältnis und für welchen Händlerbetrieb sie sich schlussendlich entscheiden wollen. Welchen Weg die Entwicklung nehmen wird, werden uns die Mechanismen eines liberalisierten Marktes schon bald zeigen.
Europäischer Einzelhandelspreisindex
Einzelhandels- Preisentwicklung in preisinddex 12 Monaten per Ende Mai 2005
Tschechische Republik 92 -1,2% Polen 93 +5,4% Griechenland 95 +0,9% Grossbritannien 96 +0,2% Belgien 96 +2,3% Italien 97 +3,7% Deutschland 98 +1.5% Schweiz 98 +0,9% Frankreich 99 +2,0% Spanien 99 +3,3% Schweden 103 +1,9% Ungarn 103 +0,3% Österreich 116 +1,0% Niederlande 122 +3,1% Portugal 122 +0,5% Finnland 134 +0,7% Irland 137 +0,6% Norwegen 156 +3,3% Dänemark 205 +5,0% Euro-Länder 100 +2,6%
Der Einzelhandelspreisindex basiert auf Einzelhandelspreisen inklusive aller anfallenden Steuern (Fahrzeug- und Importsteuern) in jedem Land und wird mit dem Verkaufsvolumen gewichtet. Der Index 100 stellt den durchschnittlichen Listenpreis der Euro-Länder dar.
Quelle: PWC PricewaterhouseCoopers, European Index of New Car Prices, Juni 2005
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