Koexistenz von Bio und Biotech funktioniert: Schweiz als Bio-Importland profitiert davon
Zürich (ots)
Eine Erhebung der Internutrition zeigt, dass in der Schweiz Bio-Produkte mit ausländischen Rohstoffen oder ausländischer Herkunft im Wert von rund 200 Millionen Franken verkauft werden. Der Anteil von Bio-Produkten mit importierten Rohstoffen oder aus dem Ausland beträgt in der Schweiz rund 20 Prozent des Gesamtmarktes. Der Export biologischer Rohstoffe aus der Schweizer Landwirtschaft ist hingegen unbedeutend. Die Marktsituation in den Ländern, aus denen die Schweiz Bio-Produkte importiert, sowie die Schweizer Kontrollen zeigen, dass eine Koexistenz von konventioneller Landwirtschaft und dem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen möglich ist und volkswirtschaftlich interessant sein kann. Eine EU-Studie geht für den konventionellen und biologischen Landbau und den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ebenfalls von einer nachhaltigen Koexistenz aus.
Internutrition, Schweizerischer Arbeitskreis für Forschung und Ernährung, hat bei Bundesstellen, Grossverteilern und den Bio-Produzenten eine Erhebung über die Bedeutung des Schweizer Imports und Exports von Bioprodukten durchgeführt. Eine offizielle Statistik gibt es nicht, die Branchenführer erzielen hingegen Millionenumsätze mit dem Import aus Europa und Ländern in Übersee, in denen gentechnisch veränderte Nutzpflanzen angebaut werden.
Aufgrund von Angaben der Bio-Produzenten sowie der Grossverteiler beträgt der Anteil Bio-Produkte mit ausländischen Rohstoffen oder ausländischer Herkunft etwa 20 Prozent des Schweizer Bio-Marktes. Dieser ist laut Bio Suisse im Jahr 2001 auf knapp eine Milliarde Franken zu Verkaufspreisen gestiegen. Gemäss der Erhebung von Internutrition werden in der Schweiz Bio-Produkte mit ausländischen Rohstoffen oder ausländischer Herkunft im Wert von rund 200 Millionen Franken verkauft. Unbedeutend ist hingegen der Export von biologischen Rohstoffen. In bescheidenem Umfang finden Exporte von verarbeiteten Bio-Produkten statt - wobei allerdings deren Rohstoffe zum Teil aus dem Ausland stammen.
Die Importanteile ausländischer Bioprodukte in der Schweiz sind je nach Produktegruppe unterschiedlich hoch. Bio Suisse geht beispielsweise davon aus, dass beim Bio-Getreide der Importanteil ausländischer Ware etwa 60 bis 70 Prozent beträgt. Diese Grössenordnungen bestätigen auch die Grossverteiler, die sowohl beim Brot als auch bei den Rohstoffen für Teigwaren ausländische Bio-Rohstoffe importieren.
Indessen liegt laut Angaben der Grossverteiler und Bio-Produzenten der Import-Anteil beim Bio-Gemüse in der Grössenordnung von 30 Prozent, während er bei den Früchten stark schwankt von 10 Prozent bei Obst bis 100 Prozent bei Bananen. Bei Fleisch und Milchprodukten findet kein Import von Bio-Rohstoffen statt.
Nochmals anders ist die Situation für verarbeitete Produkte, bei welchen der Anteil an ausländischen Bio-Rohstoffen zunimmt: Praktisch alle Rohstoffe für Bio-Spaghetti, Bio-Corn Flakes und Bio-Bramata-Mais stammen aus Übersee. Das gleiche trifft (bei den Grossverteilern) zu für Bio-Leinsamen, -Sesam, -Linsen , -Rollgerste und -Goldhirse, die fast ausschliesslich aus dem Ausland, vorwiegend aus den USA, stammen. Die Verarbeitung der Produkte findet fast durchwegs in der Schweiz statt, um durch eigene Kontrollen eine Vermischung mit gentechnisch veränderten Organismen vermeiden zu können, erklären die Grossverteiler und Bio-Produzenten. BioSuisse betont, dass gegenüber der konventionellen Landwirtschaft die Importanteile bei den verschiedenen Bio-Rohstoffen wesentlich geringer sind.
Ökobilanzen über den Import von Bioprodukten aus Nord- und Südamerika im Vergleich zu inländischem konventionellem Anbau gibt es nicht. Die Richtlinien der Bio-Knospe verbieten Flugtransporte sowohl für Bioprodukte aus Übersee als auch in Europa, machen aber keine Vorschriften über Schiene oder Strasse auf dem Landweg.
Die importierten Bioprodukte stammen laut übereinstimmenden Angaben der Bio-Produzenten und Grossverteiler primär aus der Europäischen Union, aus Nord- und Südamerika sowie aus Australien. In vielen dieser Länder, vor allem aber in Nordamerika und Kanada, aus denen Bioprodukte importiert werden, wird nebeneinander einerseits traditionelle und biologische Landwirtschaft und andererseits der Anbau mit gentechnisch veränderten Pflanzen betrieben. Die Koexistenz der verschiedenen Anbaumethoden ist in vielen Ländern, insbesondere in Nordamerika, dank der Trennung des Warenflusses möglich, und die Schweiz profitiert davon, indem sie Produkte aus diesen Ländern importiert.
Das Schweizer Kontrollsystem für Bioprodukte wurde von der Europäischen Kommission im Rahmen einer Inspektion als zuverlässig und glaubwürdig beurteilt. Das Bundesamt für Landwirtschaft sorgt bei den Importen durch die Bewilligungsverfahren und die Kontrollen für die Einhaltung der verschiedenen Regelungen auf Gesetzes- und Verordnungsstufe.
Die Internutrition zieht folgendes Fazit aus der Erhebung: Was in Ländern, die gentechnologischen sowie biologischen oder konventionellen Anbau nebeneinander betreiben, möglich ist, sollte auch in der Schweiz machbar sein. Dies nicht zuletzt, weil die Schweiz aus diesen Ländern Rohstoffe für Bioprodukte bezieht. Die Devise der Internutrition für die Schweiz lautet deshalb: die nachhaltige Koexistenz von Bio und Biotechnologie ist sinnvoll und machbar.
EU-Studie für nachhaltige Koexistenz von Bio- und Biotech in der Landwirtschaft
Eine Studie der EU-Komission hat die Koexistenz von gentechnisch verändertem, konventionellem und biologischem Anbau in der Landwirtschaft untersucht. Die vom Joint Research Centre (JRC)" durchgeführte Studie kommt zum Schluss, dass mit verhältnismässigen Anpassungen der Produktionsmethoden eine nachhaltige Koexistenz von Bio und Biotechnologie in der Landwirtschaft möglich ist.
Das Joint Research Centre hat verschiedene Szenarien für die Zukunft des europäischen Agrarmarktes entwickelt. Fallstudien wurden durchgeführt für Raps, Futtermais und Kartoffeln als Lebensmittel. Entscheidend für die Szenarien seien die Toleranzwerte für gentechnisch veränderte Organismen in biologischen oder traditionellen Produkten, stellt die EU-Studie fest. Mit einer Anpassung der Produktionsmethode könnten Saatguthersteller von Raps für die Ölproduktion einen Toleranzwert von 0,3 Prozent erreichen. Bei Futtermais und Kartoffeln würde ein Toleranzwert von einem Prozent eingehalten, wenn die entsprechenden Massnahmen in der Produktion ergriffen würden. Die Studie geht davon aus, dass der Aufwand für die Anpassungen beim Raps wesentlich höher liegen würden als für Futtermais und Kartoffeln. Alle Produzenten von Kartoffeln und die meisten Futtermais-Produzenten könnten die genannten Toleranzwerte mit üblichen landwirtschaftlichen Methoden erreichen. Tiefere Toleranzwerte, so die Studie weiter, seien hingegen nur mit extrem hohem Aufwand und sehr schwer zu erreichen.
Für die Einhaltung der 1-Prozent-Toleranzwerte rechnet die EU-Studie mit Zusatzkosten von ein bis zehn Prozent des Produktepreises. Kostensenkungen seien möglich durch die Integration der Warenflusstrennung in den normalen Produktionsprozess sowie die sinkenden Preise für die Analyse von gentechnisch veränderten Organismen.
Die Studie der EU kommt zum Schluss, dass noch weitere Forschungsarbeiten nötig sind und Initiativen entwickelt werden müssen, um die Saatgut-Versorgung für den konventionellen und den biologischen Landbau sicherzustellen und eine nachhaltige Koexistenz mit gentechnisch veränderten Pflanzen zu ermöglichen.
Originalquellen: http://www.jrc.es/projects/co_existence/Docs/COEXreportIPTS.pdf http://www.jrc.es/projects/co_existence/Docs/COEXargumentaire.pdf
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