Die Universität Basel überprüft ihr Angebot
Basel (ots)
Standortbestimmung des Universitätsrats im Hinblick auf die Leistungsvereinbarung 2005-2008 mit den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft
Die Universität Basel will ihr Leistungsangebot verbessern und gleichzeitig den aktuellen finanziellen Möglichkeiten anpassen. Die Vorschläge des Universitätsrats sind als Grundlage für die Leistungsvereinbarung mit den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft für die Jahre 2005-2008 gedacht. Sie stehen vor dem Hintergrund einer prekären Finanzsituation. Sie enthalten zum einen die Stärkung wichtiger, zukunftsweisender Bereiche wie "Life Sciences" und Gesellschaftswissenschaften, zum anderen den Abbau von nicht zentralen Bereichen.
Die Universität Basel will eine leistungsfähige und für Studierende, Forschende und Lehrende attraktive Universität sein. Angesichts der finanziellen Lage der Basler Kantone und der Universität erarbeitete der für die Ausrichtung der Universität verantwortliche Universitätsrat Perspektiven für die Entwicklung der Universität für die nächsten Jahre. Diese stellen einen Ausgleich zwischen dem Notwendigen und dem Möglichen dar. Die Vorschläge sind als Grundlage für die Leistungsvereinbarung 2005-2008 mit den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft gedacht. Dieser Bericht wurde vom Universitätsrat einstimmig verabschiedet; allerdings nahmen die im Universitätsrat vertretenen Regierungsräte an den Schlussentscheiden nicht teil, um ihre Handlungsfreiheit für die Verhandlungen des Frühsommers zu wahren. Die Vorschläge werden zunächst der Universität zur Stellungnahme unterbreitet.
Hintergrund ist die schwierige finanzielle Situation der Universität. Die Universität Basel hat in den letzten Jahren eine zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit unumgängliche Modernisierung eingeleitet. Die dafür notwendige Verbreiterung der finanziellen Basis konnte jedoch nur teilweise erreicht werden. Die Erhöhung der Bundesbeiträge fiel spürbar tiefer aus als erhofft. Die Verhandlungen zwischen den beiden Basel über die Vertiefung des Universitätsvertrages dauern länger als erwartet. Beide Kantone haben zudem Einschnitte im eigenen Budget angekündigt. Der Globalbeitrag des Kantons Basel-Stadt wurde seit 1996 nie der Teuerung angepasst. Im Immobilienbereich übernahm die Universität ausserdem Lasten, die aufgrund der geltenden Gesetze im Verantwortungsbereich des Kantons Basel-Stadt liegen.
Die von Universitätsratspräsident Dr. Rolf Soiron der Universität und der Öffentlichkeit präsentierte Standortbestimmung enthält Vorschläge zur Anpassung des Leistungsangebots sowie weitere Massnahmen, die bis zum Jahre 2008 ein ausgeglichenes Budget ermöglichen. Dabei setzt der Universitätsrat inhaltlich klare Akzente. Der Schwerpunkt "Life Sciences" wird gestützt. Dem Nachholbedarf in den Rechts- und Gesellschaftswissenschaften wird Rechnung getragen, und die erfolgreich begonnene Modernisierung der Lehre wird schrittweise weitergeführt. Der Infrastrukturbereich - Universitätsbibliothek, Apparate, Informationstechnologie - hat in den vergangenen Jahren empfindliche Einbussen zum Nachteil von Lehre und Forschung erlitten und muss in den nächsten Jahren wieder auf angemessene Mittel zählen können.
Zur Deckung dieses Nachholbedarfs sind bis Ende 2008 zusätzliche Mittel von rund 16 Mio. Franken notwendig. Bei gleichzeitiger dynamischer Fortschreibung der jetzigen Personal- und Sachausgaben entstünde damit bis 2008 ein jährlicher Fehlbetrag von über 23 Mio. Franken. Der Universitätsrat glaubt, dass er dieses Defizit nicht einfach den beiden Basel anlasten kann. Darum muss die Universität einen Teil des ausgewiesenen Mehrbedarfs durch eine Kombination von Massnahmen selbst erbringen.
Redimensionierung und Abbau
Der Universitätsrat hat unter Berücksichtigung der am 31. Oktober 2003 publizierten Kriterien den Leistungskatalog diskutiert. Er sieht bei einigen Fächern eine Kürzung der Ausstattung, bei anderen die Aufhebung vor. Kürzungen sind für die Theoretische Mathematik, die Kernphysik, die Analytische Chemie, die Pflanzenphysiologie, die Ur- und Frühgeschichte sowie die Musikwissenschaften geplant. Der Umfang der Reduktion entspricht insgesamt neun Professuren, die bis 2008 nicht mehr besetzt werden. Eine vollständige Aufhebung ist für die Bereiche Astronomie, Slavistik und Geologie vorgesehen; hier können vier Professuren mit der dazu gehörigen Ausstattung eingespart werden.
Der zentrale Bereich, in dem Rektorat, Verwaltung und allgemeine, nicht den einzelnen Gliederungseinheiten zuordenbare Kosten zusammengefasst sind, muss mit einer Million Franken an die Redimensionierung beitragen.
Die aus diesen Massnahmen folgenden Personalreduktionen werden so weit als möglich auf dem Wege der natürlichen Fluktuation und von Pensionierungen erfolgen. Wo es nötig erscheint, werden Sozialpläne ausgearbeitet. Mit den Sozialpartnern wird in diesem Prozess ein intensiver Kontakt gepflegt.
Umwidmungen und Konzentrationen
Zusammenfassungen von Bereichen in grössere Gliederungseinheiten können die Planungsflexibilität vergrössern, die Konzentration auf gemeinsame Fragestellungen erleichtern und teilweise mangelnde Mittel ausgleichen.
Die Gesellschaftswissenschaften mit Soziologie, Medienwissenschaften, Geschlechterforschung und Wissenschaftsforschung werden organisatorisch in einem neuen Departement zusammengeführt. Die aus kleinen Einheiten bestehenden Altertumswissenschaften mit Klassischer Philologie, Alter Geschichte, Ägyptologie, Archäologie und Ur- und Frühgeschichte erhalten durch einen Zusammenzug in einem Departement grösseres Gewicht. Von ihnen wird erwartet, dass sie in den nächsten Jahren zu einem "leading house" in der Schweiz avancieren.
In den Naturwissenschaften wird die bereits begonnene Vernetzung von Fächern, die sich Umweltfragen widmen, konsequent fortgesetzt und die Schaffung eines eigentlichen Departements Umweltwissenschaften angestrebt, in das neben den Geowissenschaften auch die Organismische Biologie sowie Mensch-Gesellschaft-Umwelt (MGU) und das Institut für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz (NLU) eingegliedert werden. Im Weiteren wird eine Zusammenführung der Angewandten Mathematik mit der Informatik ins Auge gefasst.
Verlagerungen
Ferner sieht der Universitätsrat die Verlagerung mehrerer Bereiche in andere Zuständigkeitsbereiche vor. Für die Sportwissenschaften wird ein Transfer an eine Fachhochschule ins Auge gefasst. Für das Institut für Spezielle Pädagogik und Psychologie ist die Abtretung an die Pädagogische Hochschule beider Basel bereits beschlossen. Der Universitätsrat schlägt ausserdem vor, den Botanischen Garten am Spalentor in die Verantwortung des Kantons Basel-Stadt zu übergeben.
Medizin
Der Universitätsrat sieht die Medizinische Fakultät als unverzichtbaren Teil der Universität und des Basler "Life Sciences"-Standortes. Für die Fakultät stehen jedoch tief greifende Veränderungen wissenschaftlicher, organisatorischer und gesundheitspolitischer Art an. Die Leistungsvereinbarung sieht einen entsprechenden Etappenplan vor, der es Universität und Fakultät erlaubt, diese Veränderungen erfolgreich zu bewältigen.
Auf gesamtschweizerischer Ebene werden derzeit Vorschläge für eine Reform der Hochschulmedizin erarbeitet, die in eine Studienreform im Sinne der Bologna-Deklaration münden sollen. Organisatorisch ist die volle Eingliederung der Departements für Klinisch-Biologische Wissenschaften (DKBW) sowie der klinischen Lehre und Forschung in die Universität anzugehen. Der bereits geplante Aufbau eines voll ausgebildeten Bereichs Public Health ist umzusetzen. Zur effektiveren Nutzung der Kapazitäten und der Reduktion der Ausgaben muss eine kohärente Forschungspolitik für den medizinischen Bereich formuliert werden. Dazu gehört die Begrenzung der strukturellen Professuren der Medizinischen Fakultät auf die akademisch-wissenschaftlichen Aufgaben in Lehre und Forschung. Im Rahmen eines bereits von der baselstädtischen Regierung angekündigten Projekts wird untersucht werden, in welchen Bereichen und in welchen Intensitäten die klinischen Fächer der Medizinischen Fakultäten Basels und Berns zusammenarbeiten können. In diesem Zusammenhang wird auch eine enge Zusammenarbeit mit der Universität Bern im Bereiche der Zahnmedizin geprüft.
Gehaltskürzung
Um das Ziel eines ausgeglichenen Budgets zu erreichen und nicht weitere Einschnitte ins Portfolio der Leistungen vornehmen zu müssen, ist geplant, die Gehälter des gesamten Universitätspersonals bis zum Jahr 2008 zweimal um ein Prozent zu senken. Dies bringt Einsparungen in Höhe von rund vier Millionen Franken.
Erwartungen an die beiden Basel
Im Gegenzug zu den vom Universitätsrat vorgesehenen Massnahmen werden auch Schritte von den beiden Trägerkantonen erwartet:
- Fortführung des von Basel-Stadt in den letzten zwei Jahren geleistete Sonderbeitrags von 3,5 Mio. Franken.
- Integration der erwarteten Mehreinnahmen von rund 5 Millionen Franken aus den Beiträgen gemäss Universitätsförderungsgesetz, UFG, zugunsten der klinischen Medizin ins Universitätsbudget.
- Übernahme der bisher vom Universitätsbudget getragenen Mietkosten (6,2 Mio. Franken jährlich) gemäss den gesetzlichen Vorgaben.
- Gewährung des Teuerungsausgleichs auf dem Globalbeitrag von Basel-Stadt.
- Jährliche Äufnung des Erneuerungsfonds im Ausmass der bereits disponierten Mittel durch den Kanton Basel-Landschaft.
Stellungnahme durch die Universität
Die Universität, d.h. die Fakultäten und Gruppierungen, sind aufgefordert, bis zum 28. Februar 2004 zum Bericht Stellung zu nehmen. Der Universitätsrat wird anschliessend bis Ende März seine Eingabe zuhanden der Regierungen von Basel-Stadt und Basel-Landschaft ausarbeiten. Die Umsetzung der Massnahmen erfolgt, sobald die Leistungsvereinbarung 2005-2008 von den politischen Behörden verabschiedet ist.
Der integrale "Bericht des Universitätsrats an die Universität über seine Vorschläge für die Leistungsvereinbarung 2005-2008 mit den Kantonen Basel-Stadt und Basel-Landschaft" befindet sich auf der Website der Universität: http://www.zuv.unibas.ch/uni/lvb20052008/
Kontakt:
Dr. Rolf Soiron
Präsident des Universitätsrats
Tel. +41/61/295'51'19